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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0785
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762 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

risirt' — und zwar je gründlicher gerade er bei Wagner in die Schule gegangen,
bei Wagner gelernt hat."
428, 4-9 Man darf sich hierüber nicht durch Wagner selber irre führen lassen —
es war eine wirkliche Schlechtigkeit Wagners, Paris 1871 in seiner Agonie zu
verhöhnen... In Deutschland ist Wagner trotzdem bloss ein Missverständniss: wer
wäre unfähiger, Etwas von Wagner zu verstehn, als zum Beispiel der junge Kai-
ser? —] Dieser Passus verbindet die Textfragmente, die N. in diesem Kapitel
aus JGB 254, KSA 5, 198, 4-32 (nämlich 427, 4-428, 3) und aus JGB 256, KSA 5,
202, 12-203, 18 (nämlich 428, 9-28) gezogen hat. Es gibt dafür in JGB keine
Vorlage.
428, 5 f. — es war eine wirkliche Schlechtigkeit Wagners, Paris 1871 in seiner
Agonie zu verhöhnen...] Von N. in den Druckfahnen korrigiert aus: „von 1870
an war es für Wagner eine Klugheit, gegen Frankreich unanständig zu sein..."
(http://www.nietzschesource.org/facsimiles/DFGA/K-13,17). Die Pfingsttage 1871
verbrachte N. bei Wagners in Tribschen, wo u. a. über den (vermeintlichen)
Brand des Louvre (tatsächlich brannte der benachbarte Tuilerien-Palast) wäh-
rend des Aufstandes der Pariser Commune gesprochen wurde. In ihrem Tage-
buch notierte Cosima Wagner am Pfingstsonntag, den 28. Mai: „Richard spricht
nun heftig über den Brand und seine Bedeutung, ,wenn ihr nicht fähig seid,
wieder Bilder zu malen, so seid ihr nicht wert, sie zu besitzen'. Pr[ofessor] N.
sagt, daß für den Gelehrten die ganze Existenz aufhöre bei solchen Ereignis-
sen." (C. Wagner 1988, 1, 392) Wagner hat sich um die preußisch-deutsche
Eroberung Frankreichs auch poetisch verdient gemacht, so beispielsweise in
seinem Gedicht An das deutsche Heer vor Paris vom Januar 1871 (das er übri-
gens nicht gleich veröffentlichte, sondern erst Bismarck schickte): „Was
schweigt es doch im deutschen Dichterwald? / Versang ,Hurrah Germania!'
sich so bald? / Schlief bei der Liedertafel-Wacht am Rhein / beruhigt sanft ,lieb
Vaterland' schon ein? / Die deutsche Wacht, / da steht sie nun in Frankreich's
eitlem Herzen; / von Schlacht zu Schlacht / vergießt ihr Blut sie unter heißen
Schmerzen: / mit stiller Wucht / in frommer Zucht / vollbringt sie nie geahnte
Thaten, / zu groß für euch, nur ihren Sinn zu rathen. // Das eitle Wort, das
wußte freilich Rath, / da im Geleis es sich gemüthlich trat: / der Deutschen
Lieder-Klang und Singe-Sang, / man wähnte, selbst Franzosen macht' er
bang. / Du treues Heer, / hast du's mit deinen Siegen nun verbrochen, / daß
jetzt nur mehr / in Kammerreden wird von dir gesprochen? / Das hohe Lied /
Dem Siege-Fried / jetzt singen ängstlich Diplomaten, / vereint mit ärgerlichen
Demokraten! // ,Zu viel des Sieg's! Mög't ihr bescheid'ner sein: / begnügt euch
friedlich mit der Wacht am Rhein! / Laßt uns Paris, wo sich's so hübsch ver-
schwört, / und seid zufrieden mit der Schlacht bei Wörth!' — / Doch unbe-
 
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