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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0791
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768 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

341, 2-4: „Selbst aber in jenem Falle, wo es wirklich jenen Gegensatz zwischen
Keuschheit und Sinnlichkeit giebt, braucht es glücklicher Weise noch lange
kein tragischer Gegensatz zu sein."
429, 22 wohlgerathneren] GM III 2, KSA 5, 341, 5: „wohlgeratheneren".
429, 23 f. labiles Gleichgewicht zwischen Engel und petite bete] GM III 2, KSA 5,
341, 6 f.: „labiles Gleichgewicht zwischen ,Thier und Engel'".
Den Menschen als Mittelding zwischen Tier und Engel zu beschreiben, hat
christliche Tradition, wenn diese auch im 19. Jahrhundert ironisch gebrochen
zu werden pflegte: „Immer bleibt es aber der schönste Vorzug des Mitteldings
zwischen Thier und Engel, daß es hoffen darf, was ihm beliebt" ([Weber] 1868,
1, 38; keine Lesespur N.s). N. ist der Formel v. a. in jenem Buch begegnet, das er
zur Zielscheibe seines ersten polemischen Auftritts machte, nämlich in David
Friedrich Strauß' Der alte und der neue Glaube, wo mit Kant über die planetari-
sche Stellung des Menschen und das „Rangverhältniß unter den Planetenbe-
wohnern" nachgedacht wird: „In dieser Reihenfolge [sc. der Planeten]
erscheint der Mensch, der Bewohner des dritten Planeten, von innen heraus,
des damals vierten von außen herein, gleichsam als mittlerer Mann. Sein mora-
lisches Schwanken zwischen Bösem und Gutem, zwischen Thier und Engel,
hat möglicherweise eben in dieser Mittelstellung seinen Grund." (Strauß 1872,
165; keine Lesespur N.s) Die Französisierung der Wendung in der Fassung von
NW bringt zugleich eine Modernisierung mit sich; N. könnte den Ausdruck
„petite bete", der zunächst nur „kleines Tier" bedeutet, in Bourgets Etudes
et portraits gefunden haben: „II est arrive, en effet, aux auteurs dramatiques
contemporains, comme ä beaucoup d'artistes d'ailleurs, dans cette epoque
d'enervement oü le talent, suivant l'admirable metaphore du peuple, cherche
toujours la petite bete, — qu'ä force de s'interesser ä la qualite technique de
leurs oeuvres, ils en ont neglige de plus en plus la qualite vivante." (Bourget
1889a, 1, 327. „Tatsächlich neigten die gegenwärtigen Bühnenautoren dazu, wie
übrigens viele frühere Künstler auch, in dieser Epoche der Entnervung, in der
das Talent, um der bewundernswerten Metapher des Volkes zu folgen, immer
das kleine Tier sucht, — sich so sehr für die technische Qualität ihrer Werke
zu interessieren, dass sie darüber immer mehr die lebendige Qualität vernach-
lässigt haben.") Freilich ist „l'admirable metaphore du peuple" nicht einfach
„la petite bete", sondern vielmehr ,chercher la petite bete', was so viel bedeutet
wie „auf Kleinigkeiten herumreiten", „übergenau sein". „La petite bete" im
außerzoologischen Sinn kommt meist in dieser Wendung vor.
429, 25-27 die Feinsten, die Hellsten, gleich Hafis, gleich Goethe, haben darin
sogar einen Reiz mehr gesehn... Solche Widersprüche] Vgl. GM III 2, KSA 5, 341,
8-10: „die Feinsten und Hellsten, gleich Goethen, gleich Hafis, haben darin
 
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