Stellenkommentar NW Apostel, KSA 6, S. 429-430 771
entsprechenden Tonsätze zu schaffen und nicht vor der größeren Gedanken-
tiefe und dem Reichthum wirklicher Poesie zurückzuschrecken. Er müßte vor
allem die jetzigen Schrullen und Ansprüche auf eine besonders für ihn zuge-
stutzte kindische Reimerei aufgeben. Richard Wagner hat den Versuch
gemacht, eine Poesie zu seinen Zwecken selbst zu schaffen, allein ohne aus
der Schrulle der zerhackten Versehen herauszukommen, und seine Sprache,
so poetisch und großartig sein Griff in die deutsche Vorwelt und seine Intentio-
nen sind, ist in ihrem archaistischen Getändel nicht geeignet, das Bewußtsein
der Gegenwart oder gar der Zukunft zu umkleiden, sondern sie gehört der
Vergangenheit an." (Keller 1893, 64).
Immerhin ist es auch denkbar, dass sich N.s Einschub zu Keller auf eine
mündliche Äußerung bezieht, die Keller N. gegenüber bei dessen Besuch in
Zürich am 30. 09. 1884 gemacht haben mag (zu diesem Besuch siehe CBT 594 f.
und Groddeck / Morgenthaler 1994, 116 f.). Groddeck / Morgenthaler 1994, 120
vermuten in 430, 12-15 ebenfalls eine Reminiszenz an den Besuch bei Keller:
„Es ist so unwahrscheinlich nicht, daß der gutgelaunte Nietzsche den alten
Keller zum Lachen gebracht hat — vielleicht sogar mit eben der Behauptung,
Wagner habe seinen Parsifal zwar ,katholisch gemacht', aber nicht ,ernst
gemeint'."
430, 16 Wagner gerade auf eine ihm gebührende] GM III 3, KSA 5, 341, 31 f.:
„Wagner auf eine gerade ihm gebührende".
430, 21 f. dümmste Form] GM III 3, KSA 5, 342, 5: „gröbste Form".
430, 22 f. Der Parsifal ist ja ein Operetten-Stoff par excellence...] GM III 3,
KSA 5, 342, 6-10: „So wäre es, wie gesagt, eines grossen Tragikers gerade wür-
dig gewesen: als welcher, wie jeder Künstler, erst dann auf den letzten Gipfel
seiner Grösse kommt, wenn er sich und seine Kunst unter sich zu sehen
weiss, — wenn er über sich zu lachen weiss."
430, 23: Ist der Parsifal] GM III 3, KSA 5, 342, 10: „Ist der ,Parsifal'".
430, 24 über sich selber] GM III 3, KSA 5, 342, 11: „über sich selbst".
430, 25 seiner letzten] GM III 3, KSA 5, 342, 12: „seiner errungenen letzten".
430, 25-27 Künstler-Jenseitigkeit — Wagner, der über sich zu lachen weiss?...
Man möchte] GM III 3, KSA 5, 342, 12 f.: „Künstler-Jenseitigkeit? Man möchte".
430, 30 toll gewordnen] GM III 3, KSA 5, 342, 16: „tollgewordenen".
430, 30 f. Hasses auf Erkenntniss, Geist und Sinnlichkeit] In den Druckfahnen
korrigiert aus: „Hasses auf Erkenntniss, Hass und Sinnlichkeit" (http://www.
nietzschesource.org/facsimiles/DFGA/K-13,21).
entsprechenden Tonsätze zu schaffen und nicht vor der größeren Gedanken-
tiefe und dem Reichthum wirklicher Poesie zurückzuschrecken. Er müßte vor
allem die jetzigen Schrullen und Ansprüche auf eine besonders für ihn zuge-
stutzte kindische Reimerei aufgeben. Richard Wagner hat den Versuch
gemacht, eine Poesie zu seinen Zwecken selbst zu schaffen, allein ohne aus
der Schrulle der zerhackten Versehen herauszukommen, und seine Sprache,
so poetisch und großartig sein Griff in die deutsche Vorwelt und seine Intentio-
nen sind, ist in ihrem archaistischen Getändel nicht geeignet, das Bewußtsein
der Gegenwart oder gar der Zukunft zu umkleiden, sondern sie gehört der
Vergangenheit an." (Keller 1893, 64).
Immerhin ist es auch denkbar, dass sich N.s Einschub zu Keller auf eine
mündliche Äußerung bezieht, die Keller N. gegenüber bei dessen Besuch in
Zürich am 30. 09. 1884 gemacht haben mag (zu diesem Besuch siehe CBT 594 f.
und Groddeck / Morgenthaler 1994, 116 f.). Groddeck / Morgenthaler 1994, 120
vermuten in 430, 12-15 ebenfalls eine Reminiszenz an den Besuch bei Keller:
„Es ist so unwahrscheinlich nicht, daß der gutgelaunte Nietzsche den alten
Keller zum Lachen gebracht hat — vielleicht sogar mit eben der Behauptung,
Wagner habe seinen Parsifal zwar ,katholisch gemacht', aber nicht ,ernst
gemeint'."
430, 16 Wagner gerade auf eine ihm gebührende] GM III 3, KSA 5, 341, 31 f.:
„Wagner auf eine gerade ihm gebührende".
430, 21 f. dümmste Form] GM III 3, KSA 5, 342, 5: „gröbste Form".
430, 22 f. Der Parsifal ist ja ein Operetten-Stoff par excellence...] GM III 3,
KSA 5, 342, 6-10: „So wäre es, wie gesagt, eines grossen Tragikers gerade wür-
dig gewesen: als welcher, wie jeder Künstler, erst dann auf den letzten Gipfel
seiner Grösse kommt, wenn er sich und seine Kunst unter sich zu sehen
weiss, — wenn er über sich zu lachen weiss."
430, 23: Ist der Parsifal] GM III 3, KSA 5, 342, 10: „Ist der ,Parsifal'".
430, 24 über sich selber] GM III 3, KSA 5, 342, 11: „über sich selbst".
430, 25 seiner letzten] GM III 3, KSA 5, 342, 12: „seiner errungenen letzten".
430, 25-27 Künstler-Jenseitigkeit — Wagner, der über sich zu lachen weiss?...
Man möchte] GM III 3, KSA 5, 342, 12 f.: „Künstler-Jenseitigkeit? Man möchte".
430, 30 toll gewordnen] GM III 3, KSA 5, 342, 16: „tollgewordenen".
430, 30 f. Hasses auf Erkenntniss, Geist und Sinnlichkeit] In den Druckfahnen
korrigiert aus: „Hasses auf Erkenntniss, Hass und Sinnlichkeit" (http://www.
nietzschesource.org/facsimiles/DFGA/K-13,21).