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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Pöschl, Viktor [Honoree]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1990, 2. Abhandlung): Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom: ein historisches Monument der Antike ; vorgetragen am 9. Dezember 1989 ; Viktor Pöschl zum 80. Geburtstag gewidmet — Heidelberg: Winter, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.48160#0032
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30

Geza Alföldy

hätte er wissen sollen, daß der Vatikan-Obelisk ein Werk des Amenem-
het II. war? Bezeichnenderweise erfuhr Plinius nicht einmal, daß dieser
Obelisk zuvor als Teil eines von C. Cornelius Gallus eingeweihten Bau-
komplexes eine Rolle gespielt hatte; wir dürfen davon ausgehen, daß er
über die Vergangenheit dieses Obelisken abgesehen davon, daß er unter
Caligula aus Ägypten nach Rom gebracht worden war, keine Informa-
tionen besaß.40 Freilich könnte man als Argument für die angeführte
Lesart heranziehen, daß der Vatikan-Obelisk, nach den Beobachtungen
von Domenico Fontana anläßlich der Wiederaufrichtung auf dem Pe-
tersplatz, einmal - spätestens bei seiner Aufstellung im Circus Vaticanus
- in drei Teile zerborsten oder absichtlich in drei Teile gespalten worden
war.41 Plinius wußte davon jedoch offensichtlich nichts: An der anderen
Stelle der Naturalis historia, wo er das Schiff beschreibt, mit dem der
Obelisk aus Ägypten nach Rom gebracht wurde, teilt er zwar ausdrück-
lich mit, daß der Sockel des Monuments aus vier Blöcken bestand, von
einer Teilung des Obelisken sagt er jedoch kein Wort. Sein Hinweis auf
die einzigartige Größe dieses Transportschiffes und auf einen besonders
langen Baumstamm in seiner Konstruktion spricht vielmehr deutlich da-
für, daß der Obelisk - vom Sockel abgesehen - in einem Stück transpor-
tiert wurde.42
Auch die zweite Lesart ist recht unwahrscheinlich. Das ergibt sich
nicht daraus, daß die Behauptung, der Vatikan-Obelisk sei unter allen
Obelisken die einzige römische Kopie, falsch sein müßte, denn zu Leb-
zeiten des Plinius gab es in Italien schon andere von Römern neu errich-
tete Obelisken: Ein diesbezüglicher Irrtum des Plinius wäre nicht un-
denkbar.43 Entscheidend ist, daß die Lesart factus est in imitatione eius
statt fractus est in molitione im Lichte der Textkritik kaum standhalten
XXXVI. Buch der Naturalis historia des Plinius, das eine bunte Mischung verschiede-
ner Inhalte bietet, vgl. W. Kroll, RE XXI (1951) 404ff.
40 Unzutreffend ist das gegen P. Künzle gerichtete Argument von C. D’Onofrio, Obelischi
di Roma2 56, wonach Plinius dann im Gegensatz zur Beschreibung anderer Obelisken
nur hier versäumt habe, den Pharao zu nennen, auf dessen Anordnung das Monument
errichtet wurde. Abgesehen davon, daß dieser Obelisk offenbar nicht unter den Pha-
raonen, sondern erst später entstand, wußte Plinius tatsächlich nicht, wer sein Urheber
war.
41 Siehe hierzu H. von Hülsen, Römische Funde 102 und E. Hartmann, Gymnasium 72,
1965, 5; anders D. E. Eichholz in seiner Plinius-Ausgabe (siehe Anm. 35) X 58 Anm. b.
42 Vier trunci: Plin., N. h. 16, 201; Größe des Schiffes: ebd. und 16,202 sowie 36,70, siehe
S.17f. mit Anm. 8-9. Nach C. D’Onofrio, Obelischi di Roma2 57, soll der Vatikan-
Obelisk bereits in Ägypten zerbrochen sein.
43 Vgl. A. W. Van Buren, RE XVII 2 (1937) 1711 f.
 
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