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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Pöschl, Viktor [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1990, 2. Abhandlung): Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom: ein historisches Monument der Antike ; vorgetragen am 9. Dezember 1989 ; Viktor Pöschl zum 80. Geburtstag gewidmet — Heidelberg: Winter, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.48160#0064
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Geza Alföldy

freilich auch aus der Tatsache, daß der Zeitpunkt des Sommeranfangs
nach der Beschriftung des Solariums, der 7./8. Mai, nicht dem römi-
schen, sondern einem griechischen Kalender aus dem östlichen Mittel-
meerraum entspricht.13'1 Angesichts der Verwendung eines Obelisken
als Gnomon müssen wir dieses Vorbild in Ägypten suchen, und es liegt
nahe, das Modell im wichtigsten Zentrum des Landes und zugleich der
hellenistischen Wissenschaft, also in Alexandria, zu vermuten.131 In die-
ser Stadt gab es zwar genug Menschen, die in der Lage waren, die in
lateinischer Sprache verfaßte Inschrift des Gallus-Obelisken zu verste-
hen; die Beschriftung einer Sonnenuhr jedoch, die mit Hinweisen auf
Tage, Monate, Jahreszeiten, Sternbilder, Winde usw. einen recht kom-
plizierten Inhalt ausdrücken und zugleich der gesamten Bevölkerung
Alexandrias verständlich sein mußte, hätte nur in griechischer Sprache
einen Sinn gehabt. Die Annahme, daß das Vorbild für das Solarium
Augusti in Rom eine monumentale Sonnenuhr mit dem Gallus-Obelis-
ken als Gnomon auf dem neuen Forum von Alexandria war, läßt sich
wohl kaum von der Hand weisen.
Für diese Vermutung gibt es auch ein weiteres Indiz. Von der Be-
schriftung der Sonnenuhr in Rom ist zwar nur sehr wenig erhalten, doch
immerhin auch die Eintragung £TY]otai kccuovtou. Der Hinweis darauf,
daß die Sommerwinde sich legen, hatte für die Schiffahrt - und zwar im
östlichen Mittelmeerraum - eine entscheidende Bedeutung.132 Daraus
folgt wohl zwingend, daß sich das Modell für das Solarium Augusti in
einer östlichen Hafenstadt befand. Alexandria, die bedeutendste Ha-
fenstadt der gesamten antiken Welt, in der sich der Kalender mit dem
navigium Isidis, der Aufnahme der Seefahrt am 5. März nach den Win-
termonaten, im Mittelpunkt gänzlich um die Möglichkeiten und Hinder-
nisse für die Seefahrt drehte, dürfte als idealer Platz für eine solche Son-
nenuhr gelten. Wir kennen von dort schon ungefähr aus dem 3. Jahrhun-
dert v. Chr. eine - kleine - Sonnenuhr, die auch als Kalender für die
Seefahrer diente, indem sie u.a. den Frühlingsanfang und den Beginn
der allerdings angenommen hat, daß das östliche Vorbild keine monumentale Sonnen-
uhr war. Die monumentale Form sei eine Innovation in Rom gewesen: „Nel nostro
caso, naturalmente, l’orologio e stato enormemente ingrandito, a misura del Campo
Marzio, e trasformato in un orologio-calendario completo“, ebd. 90.
130 E. Buchner, Sonnenuhr 79; vgl. dens., in: Kaiser Augustus 243. Siehe auchF. Coarelli,
Roma sepolta 91.
131 Vgl. F. Coarelli, Roma sepolta 91: „E possibile ehe il modello debba essere cercato in
direzione di Alessandria“.
132 Siehe auch F. Coarelli, Roma sepolta 91.
 
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