Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom
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mals der „damnatio memoriae“ verfallen sei, sprachen sich seit H. Volk-
mann mehrere Forscher überzeugend aus.183 Die memoria damnata war
eine besondere Strafe für tote Staatsfeinde und nicht identisch mit der
Namensstrafe, die auch gegen Lebende ausgesprochen werden konnte
und nicht selten auch gegen einfache Leute verhängt wurde, die sich
gewöhnlicher Verbrechen schuldig gemacht hatten.184 Gallus wurde von
der Aufkündigung der Freundschaft des Princeps (renuntiatio amicitiae)
getroffen.18'’ Einen offiziellen Grund für die Vernichtung seiner In-
schriften gab es dadurch nicht. Denkbar ist höchstens, daß übereifrige
Beamte - z.B. sein Nachfolger in der Präfektur Ägyptens, Aelius Gal-
lus186- es für notwendig erachteten, seinen Namen zu löschen oder sogar
die von ihm errichteten Monumente zu demolieren. In der Tat wurden
die Teile des Monumentes, das C. Cornelius Gallus am 16. April 29 v.
Chr. in Philae zu seinem eigenen Ruhm aufstellen ließ, bereits 13/12 v.
Chr. als Baumaterial für das Fundament eines Altars vor dem Augustus-
tempel wiederverwendet.187 Doch wurde der Name des Präfekten selbst
auf diesem Monument nicht eradiert; es ist also denkbar, daß dieses
Denkmal nicht schon 27/26 v. Chr., sondern erst 13/12 v. Chr. zerstört
wurde.
Gegen eine bewußte, absichtliche Vernichtung der Gallus-Inschrift
auf dem Obelisken beim Sturz des Präfekten spricht ganz eindeutig fol-
gende Überlegung: Wenn ein Beamter straffällig geworden war und sein
das Jahr 26 v. Chr. Zu diesen Vorgängen und zur Frage des Datums siehe bes. P.
Sattler, Augustus und der Senat 11 f. (26 v. Chr.), W. Schmitthenner, Historia 11,
1962, 40f. und 74f. = dens., Augustus 420f., 470f. (Sturz des Gallus: 27 v. Chr.); E.
Hartmann, Gymnasium 72, 1965, 3 (26 v. Chr.); R.A. Bauman, Crimen Maiestatis
180ff. und dens., Impietas in principem llOff. (26 v. Chr.); L. J. Daly, in: Studies in
Latin Literature 1289ff. (27 v. Chr.); B. Manuwald, Cassius Dio und Augustus 111 ff.;
N.B. Crowther, in: ANRW II 30.3 (1983) 1623; D. Kienast, Augustus 84f. (27 v.
Chr.); M. C. J. Miller, Ancient World 13, 1986, 56f. (nach ihm war Gallus bis 26 v. Chr.
Präfekt Ägyptens); R. Syme, Augustan Aristocracy 32 Anm. 2 (Tod des Gallus: zweite
Hälfte 27 v. Chr.). Irreführend V. Eisenhut, in: Festschrift R. Werner 118, nach dem
Gallus aus Ägypten bereits 30 v. Chr. zurückgerufen wurde.
183 Siehe Anm. 180; vgl. auch Anm. 185.
184 Zu den Begriffen siehe F. Vittinghoff, Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit
(Berlin 1936) 18ff. und 64ff.
185 E. Hartmann, Gymnasium 72, 1965, 3 mit Anm. 9; H. Volkmann, ebd. 330 Anm. 11;
R. A. Bauman, Impietas in principem 110.
186 Siehe zu ihm zuletzt P. Bureth, in: ANRW II 10.1 (1988) 475.
187 Zur Inschrift siehe Anm. 49 und S.96ff.; zur Zweitverwendung E. Bernand, Philae II
46; L. P. Kirwan, Proc. of the British Acad. 63, 1977, 19f.; H. Hänlein-Schäfer, Vene-
ratio Augusti 214f. und 221 f.
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mals der „damnatio memoriae“ verfallen sei, sprachen sich seit H. Volk-
mann mehrere Forscher überzeugend aus.183 Die memoria damnata war
eine besondere Strafe für tote Staatsfeinde und nicht identisch mit der
Namensstrafe, die auch gegen Lebende ausgesprochen werden konnte
und nicht selten auch gegen einfache Leute verhängt wurde, die sich
gewöhnlicher Verbrechen schuldig gemacht hatten.184 Gallus wurde von
der Aufkündigung der Freundschaft des Princeps (renuntiatio amicitiae)
getroffen.18'’ Einen offiziellen Grund für die Vernichtung seiner In-
schriften gab es dadurch nicht. Denkbar ist höchstens, daß übereifrige
Beamte - z.B. sein Nachfolger in der Präfektur Ägyptens, Aelius Gal-
lus186- es für notwendig erachteten, seinen Namen zu löschen oder sogar
die von ihm errichteten Monumente zu demolieren. In der Tat wurden
die Teile des Monumentes, das C. Cornelius Gallus am 16. April 29 v.
Chr. in Philae zu seinem eigenen Ruhm aufstellen ließ, bereits 13/12 v.
Chr. als Baumaterial für das Fundament eines Altars vor dem Augustus-
tempel wiederverwendet.187 Doch wurde der Name des Präfekten selbst
auf diesem Monument nicht eradiert; es ist also denkbar, daß dieses
Denkmal nicht schon 27/26 v. Chr., sondern erst 13/12 v. Chr. zerstört
wurde.
Gegen eine bewußte, absichtliche Vernichtung der Gallus-Inschrift
auf dem Obelisken beim Sturz des Präfekten spricht ganz eindeutig fol-
gende Überlegung: Wenn ein Beamter straffällig geworden war und sein
das Jahr 26 v. Chr. Zu diesen Vorgängen und zur Frage des Datums siehe bes. P.
Sattler, Augustus und der Senat 11 f. (26 v. Chr.), W. Schmitthenner, Historia 11,
1962, 40f. und 74f. = dens., Augustus 420f., 470f. (Sturz des Gallus: 27 v. Chr.); E.
Hartmann, Gymnasium 72, 1965, 3 (26 v. Chr.); R.A. Bauman, Crimen Maiestatis
180ff. und dens., Impietas in principem llOff. (26 v. Chr.); L. J. Daly, in: Studies in
Latin Literature 1289ff. (27 v. Chr.); B. Manuwald, Cassius Dio und Augustus 111 ff.;
N.B. Crowther, in: ANRW II 30.3 (1983) 1623; D. Kienast, Augustus 84f. (27 v.
Chr.); M. C. J. Miller, Ancient World 13, 1986, 56f. (nach ihm war Gallus bis 26 v. Chr.
Präfekt Ägyptens); R. Syme, Augustan Aristocracy 32 Anm. 2 (Tod des Gallus: zweite
Hälfte 27 v. Chr.). Irreführend V. Eisenhut, in: Festschrift R. Werner 118, nach dem
Gallus aus Ägypten bereits 30 v. Chr. zurückgerufen wurde.
183 Siehe Anm. 180; vgl. auch Anm. 185.
184 Zu den Begriffen siehe F. Vittinghoff, Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit
(Berlin 1936) 18ff. und 64ff.
185 E. Hartmann, Gymnasium 72, 1965, 3 mit Anm. 9; H. Volkmann, ebd. 330 Anm. 11;
R. A. Bauman, Impietas in principem 110.
186 Siehe zu ihm zuletzt P. Bureth, in: ANRW II 10.1 (1988) 475.
187 Zur Inschrift siehe Anm. 49 und S.96ff.; zur Zweitverwendung E. Bernand, Philae II
46; L. P. Kirwan, Proc. of the British Acad. 63, 1977, 19f.; H. Hänlein-Schäfer, Vene-
ratio Augusti 214f. und 221 f.