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G&za Alföldy
Name in den Urkunden vernichtet werden sollte, dann wurde in den
Inschriften sein Name und gegebenenfalls auch seine Rangtitulatur era-
diert, aber es wäre undenkbar gewesen, daß man im gleichen Atemzug
auch den Namen und die Titulatur des regierenden Herrschers ausge-
löscht hätte. Das wäre einer laesa maiestas gleichgekommen. Eher nahm
man in Kauf, daß die Inschrift durch eine partielle Rasur entstellt wurde,
wobei aber der Name und die Titulatur des Herrschers unberührt blie-
ben. Hierfür seien zwei Parallelen vom Beginn der Kaiserzeit genannt.
Eine Inschrift aus Cabo Torres in Asturien wurde 9/10 n. Chr. dem Au-
gustus vom Statthalter der Hispania citerior, Cn. Calpurnius Cn. f. Piso,
dediziert. Als Piso im Jahre 20 n. Chr. verurteilt wurde und Selbstmord
beging, hat man in der Inschrift aus Cabo Torres seinen Namen und
seinen Rangtitel als Statthalter eradiert (obwohl wir von Tacitus wissen,
daß Tiberius das Ansinnen, den Namen des Senators in den Konsulfa-
sten auszulöschen, zurückwies); erhalten blieben der Name und die Ti-
tulatur des Augustus und - nach einer Rasur von anderthalb Zeilen - am
Schluß des Textes das Wort sacrum.188 In einer Inschrift aus Tucci in der
Baetica aus der Zeit des Tiberius stand zuerst ein Hinweis darauf, daß
ein Monument - wohl eine Statue - des Hercules Invictus von diesem
Herrscher gestiftet wurde; dann folgte wohl der Name des Prokonsuls,
der den Auftrag des Herrschers durchführte und das Monument ein-
weihte. Nach der Verurteilung dieses Beamten offenbar nach einem
politischen Prozeß wurde der Textteil, der sich auf seine Handlung be-
zog, zusammen mit seinem Namen und seinem Rangtitel eradiert; der
erste Teil des Textes blieb jedoch unangetastet.189
Es ist also unvorstellbar, daß man die Gallus-Inschrift nach dem Sturz
des Präfekten so vernichtet hätte, daß zusammen mit seinem Namen
und seinem Titel auch der Name des Imperator Caesar Divi filius der
„damnatio memoriae“ verfallen wäre. M.E. liegt es viel näher, daß die
Inschrift 27/26 v. Chr. unberührt blieb. Die Felder, auf denen die beiden
Fassungen der Inschrift gestanden hatten, wurden offensichtlich erst
dann eingetieft und neu geglättet, als die spätere Inschrift in den Stein
gemeißelt wurde. Zugrunde gegangen ist die Gallus-Inschrift wohl
durch einen unbeabsichtigten natürlichen Prozeß: Die bronzenen Buch-
staben, die auf dem Obelisken mit Dübeln befestigt und höchstens in nur
wenig eingetieften Bettungen eingefaßt waren, dürften zum Teil allmäh-
188 R. Syme, Epigr. Studien 8, 1968, 125ff. = Roman Papers II 732ff. zu CIL II 2703
(Ablehnung der Namensstrafe durch Tiberius: Tac., Ann. 3,17,4 und 3,18,1).
189 G. Alföldy, ZPE 59, 1985, 189ff. zu CIL II 1660 (vgl. AE 1985, 555).
G&za Alföldy
Name in den Urkunden vernichtet werden sollte, dann wurde in den
Inschriften sein Name und gegebenenfalls auch seine Rangtitulatur era-
diert, aber es wäre undenkbar gewesen, daß man im gleichen Atemzug
auch den Namen und die Titulatur des regierenden Herrschers ausge-
löscht hätte. Das wäre einer laesa maiestas gleichgekommen. Eher nahm
man in Kauf, daß die Inschrift durch eine partielle Rasur entstellt wurde,
wobei aber der Name und die Titulatur des Herrschers unberührt blie-
ben. Hierfür seien zwei Parallelen vom Beginn der Kaiserzeit genannt.
Eine Inschrift aus Cabo Torres in Asturien wurde 9/10 n. Chr. dem Au-
gustus vom Statthalter der Hispania citerior, Cn. Calpurnius Cn. f. Piso,
dediziert. Als Piso im Jahre 20 n. Chr. verurteilt wurde und Selbstmord
beging, hat man in der Inschrift aus Cabo Torres seinen Namen und
seinen Rangtitel als Statthalter eradiert (obwohl wir von Tacitus wissen,
daß Tiberius das Ansinnen, den Namen des Senators in den Konsulfa-
sten auszulöschen, zurückwies); erhalten blieben der Name und die Ti-
tulatur des Augustus und - nach einer Rasur von anderthalb Zeilen - am
Schluß des Textes das Wort sacrum.188 In einer Inschrift aus Tucci in der
Baetica aus der Zeit des Tiberius stand zuerst ein Hinweis darauf, daß
ein Monument - wohl eine Statue - des Hercules Invictus von diesem
Herrscher gestiftet wurde; dann folgte wohl der Name des Prokonsuls,
der den Auftrag des Herrschers durchführte und das Monument ein-
weihte. Nach der Verurteilung dieses Beamten offenbar nach einem
politischen Prozeß wurde der Textteil, der sich auf seine Handlung be-
zog, zusammen mit seinem Namen und seinem Rangtitel eradiert; der
erste Teil des Textes blieb jedoch unangetastet.189
Es ist also unvorstellbar, daß man die Gallus-Inschrift nach dem Sturz
des Präfekten so vernichtet hätte, daß zusammen mit seinem Namen
und seinem Titel auch der Name des Imperator Caesar Divi filius der
„damnatio memoriae“ verfallen wäre. M.E. liegt es viel näher, daß die
Inschrift 27/26 v. Chr. unberührt blieb. Die Felder, auf denen die beiden
Fassungen der Inschrift gestanden hatten, wurden offensichtlich erst
dann eingetieft und neu geglättet, als die spätere Inschrift in den Stein
gemeißelt wurde. Zugrunde gegangen ist die Gallus-Inschrift wohl
durch einen unbeabsichtigten natürlichen Prozeß: Die bronzenen Buch-
staben, die auf dem Obelisken mit Dübeln befestigt und höchstens in nur
wenig eingetieften Bettungen eingefaßt waren, dürften zum Teil allmäh-
188 R. Syme, Epigr. Studien 8, 1968, 125ff. = Roman Papers II 732ff. zu CIL II 2703
(Ablehnung der Namensstrafe durch Tiberius: Tac., Ann. 3,17,4 und 3,18,1).
189 G. Alföldy, ZPE 59, 1985, 189ff. zu CIL II 1660 (vgl. AE 1985, 555).