Metadaten

Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Pöschl, Viktor [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1990, 2. Abhandlung): Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom: ein historisches Monument der Antike ; vorgetragen am 9. Dezember 1989 ; Viktor Pöschl zum 80. Geburtstag gewidmet — Heidelberg: Winter, 1990

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48160#0085
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom

83

Grund liegt nicht darin, daß er, wie Iversen meinte, Tiberius als Mörder
seiner Mutter gehaßt haben muß, zumal er, wie H. Volkmann betonte,
seine anfänglich ablehnende Haltung seinem Vorgänger gegenüber spä-
ter geändert zu haben scheint.193 Gegen Mommsens Ansicht spricht zu-
nächst die Tatsache, daß in der neuen Inschrift kein Dedikant genannt
wird. Caligula hätte es wohl kaum versäumt, sich als Dedikanten aus-
drücklich nennen zu lassen, um sich als Nachfolger der beiden ersten
principes zu legitimieren. Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß der
Obelisk in Rom für die Spina des auf Befehl Caligulas erbauten neuen
Vatikanischen Zirkus bestimmt war und dessen Mittelpunkt bildete: In
einem solchen Fall wäre es verwunderlich, wenn der Stifter seinen Na-
men in einer anläßlich der Aufstellung des Obelisken angebrachten De-
dikationsinschrift verschwiegen hätte. Auch Augustus verzichtete nicht
darauf, sich auf dem Sockel des im Circus Maximus aufgestellten Obelis-
ken aus Heliopolis als Dedikanten zu nennen.194 195 Vor allem aber: Die
fragliche Inschrift in ihren beiden Fassungen kann überhaupt keine De-
dikation anläßlich der Neuaufstellung des Obelisken im Vatikanischen
Zirkus gewesen sein. Der Obelisk war dort nämlich so aufgestellt, daß
die beiden Fassungen der Inschrift nicht auf die Zuschauertribünen im
Norden und im Süden, sondern auf die Spina nach Osten und Westen
gerichtet waren - die Zuschauer konnten also die eingemeißelten Buch-
staben, selbst wenn sie mit Farbe ausgefüllt waren, kaum erkennen.19?
Die Widmung an Augustus und Tiberius muß demzufolge auf dem
Obelisken bereits vor der Neuaufstellung in Rom, d. h. unter Tiberius in
Alexandria, angebracht worden sein. In diesem Fall brauchen wir auch
keinen Anstoß daran zu nehmen, daß der Dedikant ungenannt bleib. In
der frühen Kaiserzeit kam es nämlich häufig vor, daß zu Ehren der Herr-
scher Monumente dediziert wurden, in deren Stiftungsinschrift die De-
dikanten sich nicht verzeichneten. Es handelte sich um Denkmäler auf
den öffentlichen Plätzen und in den öffentlichen Bauten der Städte wie
193 J. P. V. D. Balsdon, The Emperor Gaius 176f.; H. Volkmann, Gymnasium 74, 1967,
507.
194 Siehe S. 52 mit Anm. 101.
195 Siehe hierzu bes. F. Castagnoli, Rend. Pont. Acc. 32, 1959/60, 97ff.; E. Iversen, Obe-
lisks in Exile I 21 f. mit Fig. 2; E Magi, Rend. Pont. Acc. 45, 1972/73, 37ff.; anders C.
D’Onofrio, Obelischi di Roma2 24ff., der unnötigerweise eine Nord-Süd-Orientierung
des Vatikanischen Zirkus annahm. Vgl. hierzu noch A. von Gerkan, Trierer Zeitschr.
22, 1953, 28f. = dens., Von antiker Architektur und Topographie 360f.; E. Nash,
Bildlexikon I 234f.; J. Toynbee - J. Ward Perkins, The Shrine of St. Peter 9ff.; F.
Coarelli, Rom 218; W. Buchowiecki, Handbuch der Kirchen Roms III 1018ff.; J. H.
Humphrey, Roman Circuses 545 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften