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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 3. Abhandlung): Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz ; vorgetragen am 27. Oktober 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48163#0028
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Erik Jayme

theca Palatina wurde so Teil der Vatikanischen Bibliothek. Canova
reichte die Heidelberger Bitte um Rückgabe nach Rom weiter und
schlug vor, die Heidelberger Stücke in der englischen Gesandtschaft in
Paris zu hinterlegen.73 Der Papst konnte nun in einem Moment, in dem
die Idee des Schutzes nationaler Kulturgüter Oberhand behalten hatte,
nicht anders, als dieser Bitte zu entsprechen. So kehrten diese 39 Codi-
ces nach Heidelberg zurück.
Es ist nun aufschlußreich, die Argumentation zur Rückgabe von Tei-
len der Palatina zu verfolgen.79 Es waren vor allem die Vertreter Preu-
ßens, die sich der Großherzoglich-Badischen Bitte annahmen. Sie be-
trachteten - wie Prorektor Wilken 1817 in einer Streitschrift berichtete -
„diese Ansprüche unserer Universität nicht als eine besondere Sache
einer einzelnen Lehranstalt, sondern als deutsche National-Angelegen-
heit.“80
Canova - „der berühmte Künstler, ein Mann von edelstem Sinne und
allgemein anerkannter Billigkeit und Liberalität“81 - machte sich die Sa-
che der Universität Heidelberg zu eigen. In der Diktion seiner Briefe
leuchtet noch einmal etwas auf von jener Republik der Künste und der
Wissenschaften, die er und Quatremere de Quincy beschworen hatten.82
Nach dem ersten Erfolg ging Wilken jetzt aufs Ganze und verlangte
die gesamte Bibliotheca Palatina zurück.83 Papst Pius VII. wies dieses
Ansinnen in einem Schreiben des Kardinals Consalvi an den Preußi-
schen Staatskanzler Fürst von Hardenberg zurück.84 Die Argumente ha-
ben an Aktualität nichts eingebüßt; sie sind die gleichen geblieben: die
bliotheca Palatina - Katalog zur Ausstellung vom 8. Juli bis 2. November 1986 Heilig-
geistkirche Heidelberg Textband, S. 458ff.
78 Wilken, Geschichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung der alten Heideibergi-
schen Büchersammlungen, Heidelberg 1817, S. 242f. Auf Vermittlung des preußi-
schen Generalmajors von Müffling wurden die Bücher diesem zur Verwahrung über-
geben.
79 Vgl. hierzu und zum folgenden Wilken, vorige Note, S. 238ff.
8Ü Wilken, oben Note 78, S. 239.
81 Wilken, oben Note 78, S. 241-242. Schon Fernow, oben Note 64, erwähnte „das seltene
Glück Canova’s, keinen Feind zu haben“.
82 Brief von Antonio Canova vom 3. 10. (1815); Wilken, oben Note 78, S. 242-243, Origi-
nal - wohl als eigenhändiges Konzept Canovas - im Museo Civico Bassano, Mano-
scritti Canoviani E35 5621: „Voglia [bei Wilken: voglio] vedere ehe questo [bei Wilken
questa] sarä conforme al desiderio di Lei e di me, si giustamente.. .“ Canova spricht
hier von 39 Manuskripten, in dem abgesandten Brief dagegen ist von „39 (38)“ die
Rede.
83 Wilken, oben Note 78.
84 Der Brief vom 30. 12. 1815 ist abgedruckt bei Wilken, oben Note 78, S. 248-256.
 
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