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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 3. Abhandlung): Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz ; vorgetragen am 27. Oktober 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48163#0009
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I. Die Nationalität des Kunstwerks als Rechtsfrage

Von den Juristen wird gelegentlich das Unmögliche verlangt, nämlich
die rechtliche Zuordnung von Kunstwerken an eine bestimmte Nation.
Das hängt damit zusammen, daß Verfassungen und Spezialgesetze vie-
ler Länder das nationale Kulturgut davor schützen, daß es ins Ausland
exportiert wird. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
zählt in Art. 74 Nr. 5 zu den Gegenständen der konkurrierenden Gesetz-
gebung „den Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung in das
Ausland“. In ähnlicher Weise findet sich z. B. in der spanischen Verfas-
sung von 1978 eine Bestimmung über die Gesetzgebungszuständigkeit
des Staates zur „Defensa del patrimonio cultural, artistico y monu-
mental espanol contra la exportaciön y expoliaciön“ (Art. 149 Nr. 28).1
Einzelheiten ergeben sich dann aus den Spezialgesetzen.2 Eine jüngste
Untersuchung spricht von 131 Staaten, die solche Gesetze erlassen ha-
ben.3 Ziel dieser Regelungen ist es zu erreichen, daß das nationale Kul-
turgut im Lande verbleibt oder zurückgeführt wird. Die UNESCO-Kon-
vention über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässi-
* Vortrag anläßlich der öffentlichen Gesamtsitzung der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften am 27. 10. 1990 in Stuttgart. Der Verfasser ist Herrn Settimo Manera,
Custode und Conservatore der Gipsoteca Canoviana und der Casa di Canova in Possa-
gno, für viele Hinweise zu Dank verbunden. Außerdem danke ich meinem Assisten-
ten, Herrn Henning Kunze, für wertvolle Anregungen.
Der Verfasser hat auf dem Symposium „Internationaler Kulturgüterschutz“, das am
18. und 19. 10. 1990 in Wien stattfand, einen Vortrag mit dem Titel „Die Nationalität
des Kunstwerks als Rechtsfrage“ gehalten, der sich in großen Teilen mit dem vorlie-
genden deckt. Der Stuttgarter Vortrag erhielt allerdings einige andere Akzente; ferner
wurde die Diskussion eingearbeitet.
1 Vgl. Garcia Fernandez, Legislaciön sobre Patrimonio Histörico, Madrid 1987, S. 76.
2 Für das deutsche Recht vgl. Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwan-
derung vom 6. 8. 1955, BGBl. 1955 I, 501. Der in diesem Vortrag verwendete Begriff
„Kunstwerk“ trifft nur einen Teil des Oberbegriffs „Kulturgut“. Er orientiert sich an
dem Begriff der „fine art“, welcher der Gesetzgebung von California (California Cul-
tural and Artistic Creations Act 1982) zugrunde liegt; vgl. hierzu Merryman, „Protec-
tion“ of the Cultural „Heritage“?, in: Hazard/Wagner (Hrsg.), U.S. Law in an Era of
Democratization 1990, S. 513ff., 515 N. 12.
3 Kenety, Who Owns the Past? The Need for Legal Reform and Reciprocity in the Inter-
national Art Trade, in: Cornell International Law Journal 23 (1990), 1 ff., 6 N. 24.
 
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