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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1993, 1. Abhandlung): Sprachliche Texte - genetische Texte: Sprachwissenschaft und molekulare Genetik ; vorgetragen am 28. November 1992 — Heidelberg: Winter, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.48167#0029
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Sprachliche Texte - Genetische Texte

21

Sprachliche Systeme sind dagegen - auf allen Hierarchieebenen -
redundant. Auf der Lautebene: rusticus musv/äre auch als rstics mus
noch verständlich. In Morphologie und Syntax: Der Numerus des
Subjekts ist im Lateinischen etwa zweifach ausgedrückt - im Nume-
rus des Nomens oder der Nominalgruppe, die das Subjekt bildet,
und im Numerus des Verbs. Zur Unterscheidung eines deutschen
Nebensatzes von einem Hauptsatz gibt es in der Regel drei Sicher-
heitsnetze für den Hörer: die Nachstellung, eine Konjunktion am
Anfang des Nebensatzes und die Inversion. Die Kommunikation
funktioniert so problemlos auch dann noch, wenn eines oder zwei
der Sicherheitsnetze wegfallen20.
6. Metakommunikation. Schließlich wird insgesamt deutlich geworden
sein, wie wichtig bei diesen Zuordnungsprozessen Informationen
sind, die mit der eigentlichen Botschaft herzlich wenig bis gar nichts
zu tun haben: es geht zum Beispiel um die Zugehörigkeit bestimm-
ter Bedeutungseinheiten zu bestimmten Wortarten, es geht um die
Kongruenz und um eine Kategorie wie das grammatische
Geschlecht. Klaus Heger nennt solche Informationen „reflexiv-
metasprachlich“21. Um es in einer Terminologie auszudrücken, die
insbesondere von Harald Weinrich bevorzugt wird: es handelt sich
jeweils um Signale oder Instruktionen, die sich an den Hörer oder
Leser wenden, und deren Rolle allein darin besteht, das zu erleich-
tern, was Condillac stets die Verbindung der Ideen, „la liaison des
ides“, genannt hat22. Diese metakommunikativen Signale gestatten es
uns, die zusammengehörigen Elemente zu finden und zu größeren
Bedeutungseinheiten zusammenzuordnen.
Ein Teil dieser metakommunikativen Signale ist in der folgenden
Darstellung in einer Art symbolisiert, wie sie findige Lehrer anwen-
den. Die metakommunikativen Signale sind dabei in zueinander
passende Formen übersetzt.

20 Vgl. etwa das häufig zu hörende Muster mit fehlender Inversion: „Er ist nicht
gekommen, weil er ist krank“.
21 „Der Terminus „reflexiv-metasprachlich“ soll besagen, daß es sich hier um die
reflexive Aussage einer Einheit über sich selbst und/oder über die mögliche
syntagmatische Umgebung handelt, in der ihre Vorkommen auftreten können
oder müssen“. - Vgl. Heger 21976, 3.1.1., S. 77.
22 Vgl. z.B. Weinrich 1982: 24f.
 
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