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4- ZWEI DECRET DES TRIENTISCHEN CONCILI
sprach, bis zu welchem den Protestanten der allgemeine Friedstand zuletzt im Spey-
erer Reichsabschied 1544 gewährt worden war.1
Bucer erarbeitete die vorliegende Schrift wohl Ende April/Anfang Mai 1546, etwa
zeitgleich mit dem am 8. Mai vollendeten Gutachten zu einer Rechtfertigung der
Abreise aus Regensburg.2 Denn zum Abschluß dieses Gutachtens wertet der
Straßburger Reformator ein weiteres Mal mit ähnlichen Argumenten die beiden Tri-
enter Dekrete aus.3
2. Inhalt4
Bucer stellt seiner Ubersetzung und Kommentierung der ersten beiden Konzilsde-
krete eine kurze Einleitung voran (Bl. Ajb-Aiija). Darin geht er auf Stationen des
Religionskonflikts ein und zeigt, wie den Protestanten konsequent ein freies, christ-
liches Nationalkonzil oder immerhin eine öffentliche Debatte zur Religionsfrage
verwehrt wurde (Bl. Ajb). Das nun veranstaltete Trienter Konzil sei von Beginn an
in der Hand des Papstes gewesen und diene dessen Interessen. Eine Teilnahme daran
sei im übrigen zu gefährlich für die Protestanten (Bl. Ajb-Aija). Somit sei für den
Protestantismus nichts von dem Konzil zu erwarten, wie bereits die beiden ersten
Dekrete zeigen. Im Dekret >Sacrosancta< werde den Traditionen derselbe Stellen-
wert eingeräumt wie dem biblischen Kanon, um so kirchliche Mißbräuche zu legiti-
mieren. Aus diesem Grund werden auch apokryphe Schriften in den Kanon aufge-
nommen (Bl. Aija-Aijb). Daß zudem im >Vulgatadekret< allein die hieronymische
Vulgata zur authentischen Bibelfassung erklärt wird, die trotz ihrer Mängel anstelle
der Originaltexte oder anderer Übersetzungen zu rezipieren sei, wertet Bucer als
Mittel, den Christen die Bibel vorzuenthalten und die wahre Bibelauslegung zu ver-
hindern (Bl. Aijb).
Im Anschluß an diese Vorrede gibt Bucer den Wortlaut der Dekrete in Überset-
zung und versehen mit kritischen Kommentaren heraus (Bl. Aiijb-Bija).
3. Wirkung
Bucer war nicht der einzige, der die Ergebnisse der vierten Sessio angriff. Auch an-
dere protestantische Theologen, etwa Corvinus und Melanchthon, übten Kritik.5
Wie groß die Wirkung von Bucers >Zwei Decret< gewesen sein muß, bezeugt der
1. Zu den Beurteilungen der Dekrete von protestantischer Seite vgl. Brockmann, Flug- und
Streitschriften, S.349-357.
2. Ed. unten S. 490-523.
3. S. unten S. 519-522.
4. Zum Inhalt vgl. auch Stupperich, Die Reformatoren und das Tridentinum, S.45.
5. Vgl. Brockmann, Flug- und Streitschriften, S. 349—352, bes. mit den Quellennachweisen S. 502
(Corvinus, Antonius, Artikel 1546) und S. 651 (Trient, Konzil, Acta 1546); vgl. auch Stupperich, Die
Reformatoren und das Tridentinum, S. 42.
4- ZWEI DECRET DES TRIENTISCHEN CONCILI
sprach, bis zu welchem den Protestanten der allgemeine Friedstand zuletzt im Spey-
erer Reichsabschied 1544 gewährt worden war.1
Bucer erarbeitete die vorliegende Schrift wohl Ende April/Anfang Mai 1546, etwa
zeitgleich mit dem am 8. Mai vollendeten Gutachten zu einer Rechtfertigung der
Abreise aus Regensburg.2 Denn zum Abschluß dieses Gutachtens wertet der
Straßburger Reformator ein weiteres Mal mit ähnlichen Argumenten die beiden Tri-
enter Dekrete aus.3
2. Inhalt4
Bucer stellt seiner Ubersetzung und Kommentierung der ersten beiden Konzilsde-
krete eine kurze Einleitung voran (Bl. Ajb-Aiija). Darin geht er auf Stationen des
Religionskonflikts ein und zeigt, wie den Protestanten konsequent ein freies, christ-
liches Nationalkonzil oder immerhin eine öffentliche Debatte zur Religionsfrage
verwehrt wurde (Bl. Ajb). Das nun veranstaltete Trienter Konzil sei von Beginn an
in der Hand des Papstes gewesen und diene dessen Interessen. Eine Teilnahme daran
sei im übrigen zu gefährlich für die Protestanten (Bl. Ajb-Aija). Somit sei für den
Protestantismus nichts von dem Konzil zu erwarten, wie bereits die beiden ersten
Dekrete zeigen. Im Dekret >Sacrosancta< werde den Traditionen derselbe Stellen-
wert eingeräumt wie dem biblischen Kanon, um so kirchliche Mißbräuche zu legiti-
mieren. Aus diesem Grund werden auch apokryphe Schriften in den Kanon aufge-
nommen (Bl. Aija-Aijb). Daß zudem im >Vulgatadekret< allein die hieronymische
Vulgata zur authentischen Bibelfassung erklärt wird, die trotz ihrer Mängel anstelle
der Originaltexte oder anderer Übersetzungen zu rezipieren sei, wertet Bucer als
Mittel, den Christen die Bibel vorzuenthalten und die wahre Bibelauslegung zu ver-
hindern (Bl. Aijb).
Im Anschluß an diese Vorrede gibt Bucer den Wortlaut der Dekrete in Überset-
zung und versehen mit kritischen Kommentaren heraus (Bl. Aiijb-Bija).
3. Wirkung
Bucer war nicht der einzige, der die Ergebnisse der vierten Sessio angriff. Auch an-
dere protestantische Theologen, etwa Corvinus und Melanchthon, übten Kritik.5
Wie groß die Wirkung von Bucers >Zwei Decret< gewesen sein muß, bezeugt der
1. Zu den Beurteilungen der Dekrete von protestantischer Seite vgl. Brockmann, Flug- und
Streitschriften, S.349-357.
2. Ed. unten S. 490-523.
3. S. unten S. 519-522.
4. Zum Inhalt vgl. auch Stupperich, Die Reformatoren und das Tridentinum, S.45.
5. Vgl. Brockmann, Flug- und Streitschriften, S. 349—352, bes. mit den Quellennachweisen S. 502
(Corvinus, Antonius, Artikel 1546) und S. 651 (Trient, Konzil, Acta 1546); vgl. auch Stupperich, Die
Reformatoren und das Tridentinum, S. 42.