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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0261
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4- ZWEI DECRET DES TRIENTISCHEN CONCILI

257

Was aber nun von disem Concili vor die christlich Religion zu hoffen, habt
jr aus jren zweien folgenden Decreten, die ich drumb verdolmetschet hab, zu
erkennen.1 Jn dem ersten Decret mercken2 erstlich, das sie die lehren vnd
gepreuch, die von altem her one zeugnus der Schrifften auff sie komen sind,
wollen der hfeiligen] Schrifft gleich vnd als von Apostolen durch den h[eili-
gen] Geist dargeben halten vnd gehalten haben3. Damit meinen sie, alle jre
falsche, abgottische lehren vnd ceremonien, wie sie die von jar zü jar in jhren
misbrauch gebracht, zü erhalten, Dann wie stracks die der hfeiligen] Schrifft
entgegen vnnd zü wider, auch gantz newlich auffkommen, wollen sie die doch
alle dem hfeiligen] Geist zü schreiben vnd als von Apostolen herkomen ge-
halten haben. I Aijb I
Zum anderen mercken in disem Decret, das sie alle die verbannen, welche
nit als gotliche Schrifft halten alle dise bücher, die sie erzelen4, Vnder denen
sie auch das ander büch Machabeorum erzelen, welche die alten nit für ein
Biblisch büch erkennet.5 Aber sie meinen, es diene, das fegfewr vnd opffer
für die todten zü erhalten.6
Jm anderen Decret mercken, das sie allein jhr alte Lateinische dolmet-
schung der Bibel7 wollen glaubwürdig sein vnd gehalten werden,8 die doch,
wie man weis, an filen orten seer dunckel vnd mangelhafftig ist. So hat die alt
kirch verordnet, das man den eigentlichen verstand der Schrifft im alten Te-
stament aus dem Hebreischen, im Newen aus dem Griechischen solle ne-
men,9 Vnd wissen es alle gelerten nutz sein, wie es der hfeilige] Augustinus
hat gelert,10 fiel dolmetschungen der Bibel haben, dieweil kein sprach die an-

1. Gemeint sind die m der vierten Sitzung der ersten Tagungsperiode am 8. April 1546
verabschiedeten Dekrete; ed. CT 5, S.90-92; COD 3, S. 663-665; vgl.Jedin II, S.42-82, bes.
S. 76h; de la Brosse, Lateran Vund Trient, S. 258-290, bes. S.286-290; zu den umfassenden
Reaktionen auf die Dekrete von protestantischer Seite vgl. Brockmann, Flug- und Streit-
schriften, S. 349-357.
2. erkennt ihr; seht ihr. Vgl. Frühneuhochdt. Grammatik, § M 94.1b und 3.
3. Vgl. CT 5, S. 91,6-13; COD 663,22-30; s. auch unten S. 260,12-25; zu Bticers Auffas-
sung bzgl. Schrift vs. Tradition vgl. Hammann, Martin Bucer, S. 103—113.
4. aufzählen; angeben. 2u dieser Passage vgl. CT 5, S. 91,27-29; COD 3, S. 664,12-16; s.
auch unten S. 260,26-261,23.
5. Vgl. CT 5, S.91,21; COD 3, S. 664,5; s- auch unten S. 261,12h; zur Diskussion um die
Zugehörigkeit der Makkabäerbücher zum biblischen Kanon vgl. TRE 3, 291-294; TRE 21,
742 f.; zur protestantischen Kntik an der 1m Dekret »Sacrosancta« erfolgten Festlegung des
biblischen Kanons vgl. Brockmann, Flug- und Streitschriften, S. 3 51 f.
6. Als Beleg für das Fegefeuer und das daher notwendige Gebet für die Toten wird z. B.
II Makk 12,42—46 herangezogen.
7. Gemeint lst die Vulgata.
8. Vgl. CT 5, S.91,35-92,3; COD 3, S. 664,22-29; s. auch unten S. 262,10-21; zu der im
Rahmen des Konzils aufgeworfenen Frage, ob eine Revision der Vulgata angebracht bzw.
notwendig sei, vgl.Jedin II, S. 79—82.
9. Vgl. Decr. Grat. I, Dist. 9, c. 6 (Friedberg I, Sp. 17).
10. Vgl. Augustin, De doctrina chnstiana, L. 2, c. XI(i6)-XV(22) (PL 34, Sp. 42—46; CChr.
SL 32, S.42-48).
 
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