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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 4): Zur auswärtigen Wirksamkeit: 1528 - 1533 — Gütersloh, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.29141#0219

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ULMER KIRCHENORDNUNG

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grechtikayt willen, dieselbig anzerichten und fürzubringen, von todten
aufferwöckt und, demnach31 er die warhait seiner ufferstentnuß seinen
Jungern in den vierzig tagen gnugsam erwisen hat, auffgenomen in
hymmel und zur rechten des vatters, das ist, in gwalt und herschung
5 über alles gesetzt, das32 durch in widerbracht und ergentzt werd alles,
das in himmel und erden ist. Do erscheint er vor dem vatter, unser
ainiger33 mitler, fürsprech, versönung, sendet unß zu durch seine diener
(wölche er dozu erwöckt, berüfft und treibt) sein wort und Evangelium
und gibt den hailgen gaist, durch wölchen wir sollich sein wort und
10 Evangeli verstohn und mit warem glauben annemen, gehailigt, fromm
und selig werden. Und ist also auch bey uns hieniden biß zu end der Math. 28.[20]
welt, wiewol wir den andern fürer, advocaten und lehrer haben, den
hailgen gaist, an wölchen wir dann, als der ains ist mit dem vatter und
sun, warlich gleicher maß glauben, durch wölchen alle erwölten34 in
15 aine und die ware religion versamelt und als der leib Christi zusammen-
gfügt werden35. Darumb wir dann auch glauben, das nur ain ainige
Christliche gemain ist, mit dem ainigen Evangeli und durch krafft des
ainigen gaists Christi versamelt und Christo, dem Herrn, als sein leib
und gemahel36 zugfügt und ergeben; in | dero sind wol eüsserlich auch A3b
20 vil gleißner37 und falsch Christen, in der warhait aber und vor Gott ist
31. Nachdem.
32. Daß.
33. Einziger.
34. Erwählten.
35. Vgl. Jo 12,32; 14,16; 15,26; 16,7.
36. Vgl. Eph 5,23.
37. Heuchler. Vgl. zu diesem Satz auch Melanchthons Formulierung in der Con-
fessio Augustana VIII, BS, bes.S.62.
Die bemerkenswerten theologischen Ausführungen in diesem Eingangsabschnitt
der Ulmer Kirchenordnung haben keine Parallele in der Confessio Tetrapolitana (vgl.
Bd. 3 uns. Ausg.), zweifellos aber im ersten Artikel der Confessio Augustana und schon
zuvor im Eingangsartikel der Schwabacher Artikel von 1529. B. hat sich speziell zu den
Schwabacher Artikeln mit der Arbeit an der Ulmer Kirchenordnung gutachtlich ge-
äußert; vgl. W. Gußmann: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Augsbur-
gischen Bekenntnisses, Teil I, 2, a.a.O., bes.S. 289ff. Die Berücksichtigung theologi-
scher Aussagen sowohl der Confessio Augustana als auch der Schwabacher Artikel gehört
einerseits in den Rahmen des Schmalkaldischen Bundes, für dessen Ausweitung auch auf
die oberdeutschen Städte sich von Straßburger Seite vor allem B. und Jakob Sturm
eingesetzt haben, vgl. O. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund 1530-1532 und der
Nürnberger Religionsfriede, Straßburg 1892, und jetzt: E.Fabian: Die Entstehung
des Schmalkaldischen Bundes mit seiner Verfassung 1529-1531/33, Tübingen 1956.
Andererseits befindet sich B. hier auf seinem Wege zu einer Abendmahlskonkordie
zwischen Wittenberg und Oberdeutschland, was ihm endlich im Jahre 1536 gelungen
ist. Vgl. dazu vor allem Köhler, bes.Bd.II. Zur Bedeutung speziell der Schwabacher
Artikel im Verlauf dieser Bemühungen vgl. ebd., bes.S. 39 ff., ebenfalls H.v. Schubert:
Bekenntnisbildung und Religionspolitik 1529/30, Gütersloh 1910, bes.S.51ff., und
neuerdings W. Maurer: Zu Entstehung und Textgeschichte der Schwabacher Artikel.
 
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