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ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
augsburgische Bekenntnis, die Confessio Tetrapolitana, verfaßt hatten.
Würden Bucer und Capito bereit sein, die Bekenntnisentwicklung in
Augsburg ungeschehen zu machen, indem sie ihre eigene Arbeit der
lutherischen Confessio neben- oder gar unterordneten? Als die Straß-
burger Prediger sich damit einverstanden erklärten15, mußte dem Rat der
Stadt daran gelegen sein, die übrigen süddeutschen Reichsstädte, vor
allem die weiteren Unterzeichner der Confessio Tetrapolitana, nämlich
Konstanz, Memmingen und Lindau, von der Richtigkeit dieser Ent-
scheidung zu überzeugen. Denn eine Kluft zwischen den oberdeutschen
Schmalkaldenern mußte genauso vermieden werden wie eine Ent-
zweiung zwischen Mittel- und Süddeutschland.
Es traf sich deswegen gut, daß die Ulmer am 13.März 1532 die be-
freundten Städte für den 23./24. März zu einem Vorgespräch für die
Schweinfurter Verhandlungen einluden16. Dort wurden die anstehenden
Fragen diskutiert und beschlossen, bei den vermittelnden Kurfürsten
auf die Gewährung eines Anstandes durch den Kaiser bis zum Konzil
zu dringen. Die Städte wollten außerdem weiterhin bei ihrem »christen-
lichen Bekantnus, auch appellation und protestation« bleiben17. Über
diese Formulierung hinaus, die sich im Abschied des Tages findet,
gelang es Straßburg, seine Freunde davon zu überzeugen, daß man, um
eine Spaltung zu vermeiden, notfalls in Schweinfurt die Confessio
Augustana und deren Apologie ausdrücklich akzeptieren müsse18. Die
Räte der übrigen Städte fügten sich, obwohl ihnen diese Dokumente
kaum bekannt gewesen sind, wie in einer Äußerung aus Konstanz im
Jahr 1536 erklärt wird19. Gegebenenfalls würden also die politischen
Notwendigkeiten die vorhandenen theologischen Unterschiede an den
Rand drängen.
In Schweinfurt stellte sich dann heraus, daß nur die Anhänger der
Augsburgischen Konfession den Schutz des diskutierten Anstandes ge-
nießen sollten. Die weitschauende Straßburger Analyse konnte jetzt
ihre Früchte zeitigen: Als die süddeutschen Reichsstädte dieses Bekennt-
nis neben der Tetrapolitana akzeptierten, weil beide übereinstimmten20,
konnten sie mit zu denjenigen gezählt werden, die vom Kaiser eines bis
zum Konzil begrenzten Friedens gewürdigt wurden. Aber natürlich
tauchte sofort die Frage auf: Was wird aus denjenigen Ständen, die im
Laufe der weiteren Jahre evangelisch werden? Muß nicht auch für sie
15. Vgl. dazu unten das 1.Gutachten S. 418
16. Vgl. Fabian: Beschlüsse, 2.Teil, S.112f.
17. Ebd. S. 121.
18. Vgl. Moeller, S.149f., und unten S. 418.
19. Zit. Moeller, S.150, Anm. 61.
20. Vgl.uns. Ausg., Bd. 3, S.24. Fabian betont, daß diese Entscheidung nur unter
starkem politischem Druck zustande gekommen sei (Entstehung, S.268, Anm. 1210).
ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
augsburgische Bekenntnis, die Confessio Tetrapolitana, verfaßt hatten.
Würden Bucer und Capito bereit sein, die Bekenntnisentwicklung in
Augsburg ungeschehen zu machen, indem sie ihre eigene Arbeit der
lutherischen Confessio neben- oder gar unterordneten? Als die Straß-
burger Prediger sich damit einverstanden erklärten15, mußte dem Rat der
Stadt daran gelegen sein, die übrigen süddeutschen Reichsstädte, vor
allem die weiteren Unterzeichner der Confessio Tetrapolitana, nämlich
Konstanz, Memmingen und Lindau, von der Richtigkeit dieser Ent-
scheidung zu überzeugen. Denn eine Kluft zwischen den oberdeutschen
Schmalkaldenern mußte genauso vermieden werden wie eine Ent-
zweiung zwischen Mittel- und Süddeutschland.
Es traf sich deswegen gut, daß die Ulmer am 13.März 1532 die be-
freundten Städte für den 23./24. März zu einem Vorgespräch für die
Schweinfurter Verhandlungen einluden16. Dort wurden die anstehenden
Fragen diskutiert und beschlossen, bei den vermittelnden Kurfürsten
auf die Gewährung eines Anstandes durch den Kaiser bis zum Konzil
zu dringen. Die Städte wollten außerdem weiterhin bei ihrem »christen-
lichen Bekantnus, auch appellation und protestation« bleiben17. Über
diese Formulierung hinaus, die sich im Abschied des Tages findet,
gelang es Straßburg, seine Freunde davon zu überzeugen, daß man, um
eine Spaltung zu vermeiden, notfalls in Schweinfurt die Confessio
Augustana und deren Apologie ausdrücklich akzeptieren müsse18. Die
Räte der übrigen Städte fügten sich, obwohl ihnen diese Dokumente
kaum bekannt gewesen sind, wie in einer Äußerung aus Konstanz im
Jahr 1536 erklärt wird19. Gegebenenfalls würden also die politischen
Notwendigkeiten die vorhandenen theologischen Unterschiede an den
Rand drängen.
In Schweinfurt stellte sich dann heraus, daß nur die Anhänger der
Augsburgischen Konfession den Schutz des diskutierten Anstandes ge-
nießen sollten. Die weitschauende Straßburger Analyse konnte jetzt
ihre Früchte zeitigen: Als die süddeutschen Reichsstädte dieses Bekennt-
nis neben der Tetrapolitana akzeptierten, weil beide übereinstimmten20,
konnten sie mit zu denjenigen gezählt werden, die vom Kaiser eines bis
zum Konzil begrenzten Friedens gewürdigt wurden. Aber natürlich
tauchte sofort die Frage auf: Was wird aus denjenigen Ständen, die im
Laufe der weiteren Jahre evangelisch werden? Muß nicht auch für sie
15. Vgl. dazu unten das 1.Gutachten S. 418
16. Vgl. Fabian: Beschlüsse, 2.Teil, S.112f.
17. Ebd. S. 121.
18. Vgl. Moeller, S.149f., und unten S. 418.
19. Zit. Moeller, S.150, Anm. 61.
20. Vgl.uns. Ausg., Bd. 3, S.24. Fabian betont, daß diese Entscheidung nur unter
starkem politischem Druck zustande gekommen sei (Entstehung, S.268, Anm. 1210).