EINLEITUNG
39
geschickt150, der damals schon nach Schmalkalden abgereist war. Die Konstanzer
hatten bei den Eidgenossen das Feuer der Unzufriedenheit geschürt.
Luther zeigte sich mit den Erklärungen der Schweizer nicht zufrieden, ließ sich
jedoch nicht aus der Ruhe bringen151. Um ihn nicht gar zu enttäuschen, erklärten die
Straßburger nochmals ihre vorbehaltlose Annahme der Konkordie152. Diesem Schrei-
ben, das von sämtlichen Predigern unterschrieben war, folgte ein Schreiben von
Capito und Bucer auf dem Fuße. Es enthielt eine herbe Kritik an der Haltung der
Eidgenossen, die in der Wortwahl an einigen Stellen unglücklich und für die Schweizer
verletzend und despektierlich war153. Bucer sah sich genötigt, ein klärendes, versöhnli-
ches Wort zu schreiben, in dem er besonders die durch seine Retraktationen entstan-
dene Unruhe ansprach (Dokument Nr. 20). Nach seiner Meinung hatte er in diesen nur
das gesagt, was in der Confessio Helvetica prior stand. Dieser habe er mehrfach öffent-
lich zugestimmt. Bullinger dagegen behauptete, Bucer weiche nun von seiner im
»Bericht auß der heyligen geschrift« ausgesprochenen Ansicht ab. Bucer replizierte, in
den Retractationes habe er zum Ausdruck gebracht, daß er Luther früher unrichtig
beurteilt habe, und es sei eine frühere Meinung über Luthers Sakramentenverständnis,
welche die Schweizer bekämpft hätten. Zum anderen habe er einige Redeweisen
aufgegeben. Nun mache es ihn besorgt, daß man sich in der Kirche der Welt gleich-
stelle, d. h. eigene Sünden verberge und fremde anklage. Ohne auf die Folgen solchen
Verhaltens einzugehen, mahnte er die Prediger von Zürich, Basel und Bern, sich zu
besinnen.
Bucer forderte seine Schweizer Kollegen auf, eine Synode einzuberufen und ihn vor
diese Synode zu laden. Dort werde er ihnen auf alles Rede und Antwort stehen. Ohne
ihn gehört zu haben, hätten sie kein Recht, ihn zu verurteilen und ihn dabei mit solchen
Bezeichnungen wie »proditor veritatis« und »transfuga Ecclesiarum« zu bedenken.
Wie enttäuschend die Haltung der Eidgenossen und der Konstanzer für Bucer auch
war, entmutigt wurde der Straßburger dadurch keineswegs. Nach dem Gespräch mit
Luther in Gotha am 1. März 1537 im Rahmen des Schmalkaldener Konvents trug er
sich erneut mit dem Gedanken, in einem Treffen die Eidgenossen für die Zustimmung
zur Konkordie zu gewinnen. In einem Bericht vom 1. April 1537 unterrichtete er die
Schweizer ausführlich über das Gothaer Gespräch mit Luther und unterbreitete ihnen
Vorschläge für eine erfolgversprechende Synode (Dokument Nr.21). Der Versuch
scheiterte, nicht zuletzt auch durch den negativen Einfluß des Konstanzers Johannes
Zwick154. Doch brachte das gleiche Jahr dem Straßburger noch einen wichtigen Erfolg
für seine Konkordienbemühungen. Nach dem letzten Akt seiner Reformationstätig-
150. Zur Entstehung dieses Schweizer »Briefmemorandums« an Luther s. WA Br 12,
S. 241—246. Eine Aufgliederung des Inhalts ebd., S. 274 h s. auch die Bezüge dieser Antwort der
Schweizer an Luther im 2. App. des Berichts B.s an die Eidgenossen (1. April 1537), unten
S. 276 ff.
151. Vgl. WA Br 8, S. 149 ff.
152. Brief vom 18. Januar 1537; WA Br 8, Nr. 3127, S. 9-12.
153. Brief vom 19. Januar 1537; a.a.O., Nr. 3128, S. 12-17: »articulos accommodavimus
illorum imbecillitati (S. 13, Z. 96); »saepe nodum in scirpo quaerunt« (S. 14, Z. 58) etc- Vgl. auch
unten S. 271, Anm. 1. Vgl. auch zum Ganzen Köhler 2, S. 500ff.
154. Vgl. für die »Konstanzer Aktion« und die Intervention Zwicks Köhler 2, S. 504-507.
39
geschickt150, der damals schon nach Schmalkalden abgereist war. Die Konstanzer
hatten bei den Eidgenossen das Feuer der Unzufriedenheit geschürt.
Luther zeigte sich mit den Erklärungen der Schweizer nicht zufrieden, ließ sich
jedoch nicht aus der Ruhe bringen151. Um ihn nicht gar zu enttäuschen, erklärten die
Straßburger nochmals ihre vorbehaltlose Annahme der Konkordie152. Diesem Schrei-
ben, das von sämtlichen Predigern unterschrieben war, folgte ein Schreiben von
Capito und Bucer auf dem Fuße. Es enthielt eine herbe Kritik an der Haltung der
Eidgenossen, die in der Wortwahl an einigen Stellen unglücklich und für die Schweizer
verletzend und despektierlich war153. Bucer sah sich genötigt, ein klärendes, versöhnli-
ches Wort zu schreiben, in dem er besonders die durch seine Retraktationen entstan-
dene Unruhe ansprach (Dokument Nr. 20). Nach seiner Meinung hatte er in diesen nur
das gesagt, was in der Confessio Helvetica prior stand. Dieser habe er mehrfach öffent-
lich zugestimmt. Bullinger dagegen behauptete, Bucer weiche nun von seiner im
»Bericht auß der heyligen geschrift« ausgesprochenen Ansicht ab. Bucer replizierte, in
den Retractationes habe er zum Ausdruck gebracht, daß er Luther früher unrichtig
beurteilt habe, und es sei eine frühere Meinung über Luthers Sakramentenverständnis,
welche die Schweizer bekämpft hätten. Zum anderen habe er einige Redeweisen
aufgegeben. Nun mache es ihn besorgt, daß man sich in der Kirche der Welt gleich-
stelle, d. h. eigene Sünden verberge und fremde anklage. Ohne auf die Folgen solchen
Verhaltens einzugehen, mahnte er die Prediger von Zürich, Basel und Bern, sich zu
besinnen.
Bucer forderte seine Schweizer Kollegen auf, eine Synode einzuberufen und ihn vor
diese Synode zu laden. Dort werde er ihnen auf alles Rede und Antwort stehen. Ohne
ihn gehört zu haben, hätten sie kein Recht, ihn zu verurteilen und ihn dabei mit solchen
Bezeichnungen wie »proditor veritatis« und »transfuga Ecclesiarum« zu bedenken.
Wie enttäuschend die Haltung der Eidgenossen und der Konstanzer für Bucer auch
war, entmutigt wurde der Straßburger dadurch keineswegs. Nach dem Gespräch mit
Luther in Gotha am 1. März 1537 im Rahmen des Schmalkaldener Konvents trug er
sich erneut mit dem Gedanken, in einem Treffen die Eidgenossen für die Zustimmung
zur Konkordie zu gewinnen. In einem Bericht vom 1. April 1537 unterrichtete er die
Schweizer ausführlich über das Gothaer Gespräch mit Luther und unterbreitete ihnen
Vorschläge für eine erfolgversprechende Synode (Dokument Nr.21). Der Versuch
scheiterte, nicht zuletzt auch durch den negativen Einfluß des Konstanzers Johannes
Zwick154. Doch brachte das gleiche Jahr dem Straßburger noch einen wichtigen Erfolg
für seine Konkordienbemühungen. Nach dem letzten Akt seiner Reformationstätig-
150. Zur Entstehung dieses Schweizer »Briefmemorandums« an Luther s. WA Br 12,
S. 241—246. Eine Aufgliederung des Inhalts ebd., S. 274 h s. auch die Bezüge dieser Antwort der
Schweizer an Luther im 2. App. des Berichts B.s an die Eidgenossen (1. April 1537), unten
S. 276 ff.
151. Vgl. WA Br 8, S. 149 ff.
152. Brief vom 18. Januar 1537; WA Br 8, Nr. 3127, S. 9-12.
153. Brief vom 19. Januar 1537; a.a.O., Nr. 3128, S. 12-17: »articulos accommodavimus
illorum imbecillitati (S. 13, Z. 96); »saepe nodum in scirpo quaerunt« (S. 14, Z. 58) etc- Vgl. auch
unten S. 271, Anm. 1. Vgl. auch zum Ganzen Köhler 2, S. 500ff.
154. Vgl. für die »Konstanzer Aktion« und die Intervention Zwicks Köhler 2, S. 504-507.