Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Stupperich, Robert [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]; Rudolph, Hartmut [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,1): Wittenberger Konkordie (1536) — Gütersloh, 1988

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29831#0333
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RETRACTATIONES DEUTSCH (1537)

329
| 111225 b | »Der streit ist mehr von der maß vnd weiß des beywesens112 oder abwe-
sens des leibs vnd bluts christi im abentmal, dan von dem beywesen vnd abwesen selb.
Dann niemand ist so thumm, der do sagen wolte, der leib christi were im nachtmal aller
massen vnd weysen beywesent oder1 abwesend. Es tringen aber etliche daruff, das das
brot des herren sye der leib christi aller dingen selb113, also das alle die ienigen, so das
brot essen, sie seyen gotselig oder gotloß, nit das brot vnd sacrament allein, sonder
auch den leib christi leiplich essen vnd in den magen sencken. Disem nun widerspre-
chen wir vnd sagen, das diß eusserlich ding, das brot, in keinen weg zu solchen ehren
erhebet werde, das die aller wurdigste creatur, nemlich der leib christi, sich mit im zu
einer substantz vnd einem naturlichen wesen vereinigte oder das der leib christi in im
naturlichen begriffen vnd gehalten wurde, also das die genad, welche der h. geist selb
den gleubigen mitteylet, durch das brot wie durch ein mittelen känel114 außgossen
wurde vnd das auch die gotlosen115, so sie das brot anruren vnd inn mund nemen, auch
den waren leib christi anruren vnd essen vnd würdenm also der genaden teilhafftig.«
Diß sind die wort D. Oecolampadij inn gemeldtem Dialogo im eingange der disputa-
tion116. Wer solte nun auß disen worten nit sehen, das D. Oecolampadi allein drey ding
hat wollen anfechten? Das ein, | 226a|117Das der leib christi solte mit dem brot zu einer
substantz vnd naturlichem wesen vereiniget werden. 118Das ander, Dasn der leib christi
solte im brot naturlich begriffen vnd eingeschlossen sein. 119Das Dritte, Das alle, die
das sacrament entpfahen, sie seyen gleich gotloß oder gotselig, durch das anruren vnd
essen des brots auch der gnaden theilhafftig werden.
Nun hatt aber D. Luther der dreyen dingen keins nie gesetzet120, wiewol nit wenig
gemeinet haben, die wort, deren D. Luther etwan121 furnemlich geprauchet hat, do er
vom sacrament gehandlet, wolten soliche meinunge furgeben, vnd nemlich da vernei-
l) add. am Rand statt gestr.: vnd.
m) korr. aus: werden.
n) gestr.: da.
111. Hie sehe man, was D. Oecolampadi angefochten hatt. [Marg.].
112. Anwesenheit. — Vgl. Oekolampad, Dialogus eib: Dissidium magis est de modo praesen-
tiae uel absentiae quam de ipsa praesentia uel absentia.
113. Als solcher im strengen Sinn (ipsissimum).
114. Mitten durch eine Röhre. Der Ausdruck ist auch dogmengeschichtlich interessant, aber
nicht unbelastet. Mit dem Ausdruck wurde die Wirklichkeit der Menschwerdung Christi von den
Valentinianern in Frage gestellt. Vgl. BDS 5, S. 54, Anm. 36.
115. Zu den bekannten Einwänden der Schweizer gegen Luthers Auffassung der Realpräsenz
taucht hier zum ersten Mal das Problem der manducatio impiorum auf. Bei den Wittenberger
Beratungen hat Luther sich an diesem Punkt zurückgehalten, wie ein Vergleich mit den Schmal-
kaldener Artikeln (1537) zeigt; vgl. BS, S. 45of. (vgl. auch ebd., S. 451, Anm. 1). In den Retrak-
tationen geht B. vorsichtig mit dieser kruzialen Frage um.
116. Vgl. E. Staehelin, a.a.O., S. 610.
117. 1 [Marg.].
118. 2 [Marg.].
119. 3 [Marg.].
120. Vgl. die einschlägigen Diskussionen im Bericht Myconii (Wigand, a. a. O.,
S- 3 5 3 a— 3 54b).
121. Hier: früher; Grimm 3, Sp. 1184.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften