Einleitung
6. Eheordnung [1536] (Text S. 92)
Bereits Ende 1534 war Erhard Schnepf mit der Entscheidung von strittigen Eheangelegenheiten betraut
worden, wobei er komplizierte Fälle bis zum Erscheinen der bereits in Aussicht genommenen Eheordnung
aufschieben sollte. Mit der Ausarbeitung dieser Eheordnung war er selbst betraut53, wobei er von Johannes
Brenz beraten wurde. Simon Grynäus54 und Ambrosius Blarer erhielten schließlich einen Entwurf der Ehe-
ordnung55. Blarer leitete sein Exemplar Mitte Januar 1535 an Martin Bucer weiter und klagte dabei, dass
der Text stark von Brenz und dessen dem päpstlichen Eherecht nahestehenden Ansichten geprägt sei56. Zur
weiteren Orientierung erbat Herzog Ulrich am 5. Juni 1536 von Landgraf Philipp von Hessen die Eheord-
nung Kurfürst Johann Friedrichs von Sachsen57. Der Druck der württembergischen Eheordnung kann also
frühestens nach diesem Datum erfolgt sein, zumal sie auch Bezug auf die vierte württembergische Landes-
ordnung58 nimmt, die am 1. Juni 1536 erschien59.
Die Eheordnung regelt Eheschließung und Ehescheidung. Der Inhalt stellt einen Kompromiss zwischen
Schnepfs und Blarers Eheauffassung dar. Die Ordnung fiel vor allem in Ehescheidungsfragen nicht so streng
aus, wie es Brenz in seinem Entwurf formuliert hatte60. Obwohl sie bereits von Richtern und Räten spricht,
lässt sich die Einrichtung eines ordentlichen Ehegerichts erst für den 2. Juni 1541 sicher nachweisen. Es
wurde in Stuttgart unter Vorsitz von Erhard Schnepf installiert und mit zwei Theologen, zwei Juristen und
drei fürstlichen Räten besetzt. Dieses Ehegericht folgte dem Modell des Zürcher Ehegerichts, das Herzog
Ulrich vermutlich während seines Exils in Mömpelgard kennen gelernt hatte61.
Die württembergische Eheordnung von 1536 gilt als erste gedruckte Eheordnung des Protestantis-
mus62. Im Gegensatz zu den meisten übrigen Ländern, in denen die Kodifizierung der Praxis hinterherlief,
wurde diese in Württemberg an den Anfang gestellt. Die Eheordnung war bis zum Ende der Regierungszeit
Herzog Ulrichs 1550 in Geltung63 und wurde dann von dessen Sohn Christoph überarbeitet und 1553 neu
herausgegeben64.
7. Kastenordnung [Mai] 1536 (Text S. 95)
Im April 1536 trat Württemberg durch hessische Vermittlung in den seit 1531 bestehenden Schmalkaldi-
schen Bund ein, um die Restitution Herzog Ulrichs und sein Reformationsvorhaben nach außen hin abzu-
sichern. Die Position Württembergs im Schmalkaldischen Bund war vor allem hinsichtlich der Kirchen-
güter, die Herzog Ulrich mit starkem Druck auf Klöster und Stifte an sich gebracht hatte, konfliktträchtig.
Die Neuordnung der Kirchengüter war jedoch ein entscheidendes Element bei der Einführung der Refor-
53 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 234;
Hartmann, Schnepff, S. 43f.; Erbe, Ehescheidungs-
recht, S. 103; Rauscher, Reformationsgeschichte,
S. 140; Reformation in Württemberg, S. 116; Schott,
Ordnung, S. 42f.
54 Zu Simon Grynäus siehe RGG4 3, Sp. 1320; vgl. Rau-
scher, Reformationsgeschichte, S. 140; Köhler, Ehe-
gericht II, S. 235-251; Richter, EKO I, S. 279; Hart-
mann, Schnepff, S. 43.
55 Köhler, Amerbach, S. 61.
56 Schiess, Briefwechsel I, Nr. 521 S. 630; vgl. Rau-
scher, Reformationsgeschichte, S. 140; Reformation in
Württemberg, S. 116.
57 Vgl. Köhler, Ehegericht II, S. 252 Anm. 89 unter Ver-
weis auf das Staatsarchiv Marburg.
58 Druck: Reyscher, Gesetze XII/1, S. 84-122.
59 Die ältere Forschung datierte das Erscheinen der Ehe-
ordnung bereits auf 1534/1535, siehe Hermelink,
Evangelische Kirche, S. 77; Rauscher, Reformations-
geschichte, S. 140; Reyscher, Gesetze VIII, S. 35, 66;
Sattler, Geschichte des Herzogtums III, S. 128;
Hartmann, Schnepff, S. 43f.; Hirsch, Eheordnung,
S. 97.
60 Erbe, Ehescheidungsrecht, S. 103.
61 Hartmann, Brenz, S. 158; Köhler, Ehegericht II,
S. 252.
62 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 234-235.
63 Vgl. Sattler, Geschichte des Herzogtums III, Nr. 28
S. 138; Erbe, Ehescheidungsrecht, S. 109f.
64 Siehe Nr. 30.
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6. Eheordnung [1536] (Text S. 92)
Bereits Ende 1534 war Erhard Schnepf mit der Entscheidung von strittigen Eheangelegenheiten betraut
worden, wobei er komplizierte Fälle bis zum Erscheinen der bereits in Aussicht genommenen Eheordnung
aufschieben sollte. Mit der Ausarbeitung dieser Eheordnung war er selbst betraut53, wobei er von Johannes
Brenz beraten wurde. Simon Grynäus54 und Ambrosius Blarer erhielten schließlich einen Entwurf der Ehe-
ordnung55. Blarer leitete sein Exemplar Mitte Januar 1535 an Martin Bucer weiter und klagte dabei, dass
der Text stark von Brenz und dessen dem päpstlichen Eherecht nahestehenden Ansichten geprägt sei56. Zur
weiteren Orientierung erbat Herzog Ulrich am 5. Juni 1536 von Landgraf Philipp von Hessen die Eheord-
nung Kurfürst Johann Friedrichs von Sachsen57. Der Druck der württembergischen Eheordnung kann also
frühestens nach diesem Datum erfolgt sein, zumal sie auch Bezug auf die vierte württembergische Landes-
ordnung58 nimmt, die am 1. Juni 1536 erschien59.
Die Eheordnung regelt Eheschließung und Ehescheidung. Der Inhalt stellt einen Kompromiss zwischen
Schnepfs und Blarers Eheauffassung dar. Die Ordnung fiel vor allem in Ehescheidungsfragen nicht so streng
aus, wie es Brenz in seinem Entwurf formuliert hatte60. Obwohl sie bereits von Richtern und Räten spricht,
lässt sich die Einrichtung eines ordentlichen Ehegerichts erst für den 2. Juni 1541 sicher nachweisen. Es
wurde in Stuttgart unter Vorsitz von Erhard Schnepf installiert und mit zwei Theologen, zwei Juristen und
drei fürstlichen Räten besetzt. Dieses Ehegericht folgte dem Modell des Zürcher Ehegerichts, das Herzog
Ulrich vermutlich während seines Exils in Mömpelgard kennen gelernt hatte61.
Die württembergische Eheordnung von 1536 gilt als erste gedruckte Eheordnung des Protestantis-
mus62. Im Gegensatz zu den meisten übrigen Ländern, in denen die Kodifizierung der Praxis hinterherlief,
wurde diese in Württemberg an den Anfang gestellt. Die Eheordnung war bis zum Ende der Regierungszeit
Herzog Ulrichs 1550 in Geltung63 und wurde dann von dessen Sohn Christoph überarbeitet und 1553 neu
herausgegeben64.
7. Kastenordnung [Mai] 1536 (Text S. 95)
Im April 1536 trat Württemberg durch hessische Vermittlung in den seit 1531 bestehenden Schmalkaldi-
schen Bund ein, um die Restitution Herzog Ulrichs und sein Reformationsvorhaben nach außen hin abzu-
sichern. Die Position Württembergs im Schmalkaldischen Bund war vor allem hinsichtlich der Kirchen-
güter, die Herzog Ulrich mit starkem Druck auf Klöster und Stifte an sich gebracht hatte, konfliktträchtig.
Die Neuordnung der Kirchengüter war jedoch ein entscheidendes Element bei der Einführung der Refor-
53 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 234;
Hartmann, Schnepff, S. 43f.; Erbe, Ehescheidungs-
recht, S. 103; Rauscher, Reformationsgeschichte,
S. 140; Reformation in Württemberg, S. 116; Schott,
Ordnung, S. 42f.
54 Zu Simon Grynäus siehe RGG4 3, Sp. 1320; vgl. Rau-
scher, Reformationsgeschichte, S. 140; Köhler, Ehe-
gericht II, S. 235-251; Richter, EKO I, S. 279; Hart-
mann, Schnepff, S. 43.
55 Köhler, Amerbach, S. 61.
56 Schiess, Briefwechsel I, Nr. 521 S. 630; vgl. Rau-
scher, Reformationsgeschichte, S. 140; Reformation in
Württemberg, S. 116.
57 Vgl. Köhler, Ehegericht II, S. 252 Anm. 89 unter Ver-
weis auf das Staatsarchiv Marburg.
58 Druck: Reyscher, Gesetze XII/1, S. 84-122.
59 Die ältere Forschung datierte das Erscheinen der Ehe-
ordnung bereits auf 1534/1535, siehe Hermelink,
Evangelische Kirche, S. 77; Rauscher, Reformations-
geschichte, S. 140; Reyscher, Gesetze VIII, S. 35, 66;
Sattler, Geschichte des Herzogtums III, S. 128;
Hartmann, Schnepff, S. 43f.; Hirsch, Eheordnung,
S. 97.
60 Erbe, Ehescheidungsrecht, S. 103.
61 Hartmann, Brenz, S. 158; Köhler, Ehegericht II,
S. 252.
62 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 234-235.
63 Vgl. Sattler, Geschichte des Herzogtums III, Nr. 28
S. 138; Erbe, Ehescheidungsrecht, S. 109f.
64 Siehe Nr. 30.
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