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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0083
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Einleitung

mit einer Liste, auf der die wichtigsten verbotenen Bücher aufgeführt waren407. Dieses Verzeichnis sollte
einmal jährlich öffentlich verkündet werden, ansonsten aber niemandem zugänglich sein408.
Der Buchhandel im Herzogtum Württemberg stand bereits seit einiger Zeit unter Zensur. Im Frühjahr
1555 hatte Herzog Christoph den Verkauf von Büchern, die der landesherrlichen Religionsauffassung zuwi-
derliefen, untersagt409. 1559 war es erneut zu Auseinandersetzungen um sektiererische Bücher gekommen410,
und auch Ende des 16. Jahrhunderts war dieses Thema noch aktuell, denn Herzog Friedrich erließ 1593 ein
Bücherverbot, das sich auch auf gegenreformatorisches Schriftgut erstreckte411.
Weitere Bekräftigung erfuhr der lutherische Bekenntnisstand in Württemberg auf dem 1565 stattfindenden
Landtag in Stuttgart. Die wichtigste konfessionspolitische Entscheidung dieses Landtags war der herzog-
liche Verzicht auf das ius reformandi: Christoph trat für sich und seine Nachfolger von der Ausübung des
1555 im Augsburger Religionsfrieden den weltlichen Fürsten zuerkannten Reformationsrechts zurück. Das
Land sollte unabhängig von der Konfession des Landesherrn evangelisch bleiben. Auf diesem Landtag
bestätigte Herzog Christoph auch die Confessio Augustana von 1530 sowie das Württembergische Bekennt-
nis von 1552412.
Der zeitnahe Tod Herzog Christophs 1568 und seines führenden Theologen Johannes Brenz 1570
beendete eine Periode der Konsolidierung. Neben der politischen Festigung des Landes war es dem Herzog
gelungen, die evangelische Glaubenslehre nach Beendigung des Interims erneut in seinem Lande durchzu-
setzen. Mit zahlreichen Ordnungen hatte Herzog Christoph eine solide Verfassung für seine Landeskirche
geschaffen sowie das kirchliche Leben seines Landes geordnet und Württemberg damit zu einem Vorbild für
andere lutherische Territorien gemacht413.

b) Die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse in Horburg-Reichenweier und Mömpelgard (1552-1586)
Nach Ende des Interims übergab Herzog Christoph die Grafschaft Mömpelgard laut Stuttgarter Ver-
trag414 vom 4. Mai 1553 seinem Onkel Graf Georg als Sekundogenitur. Dieser regierte bis zu seinem Tod am
17. Juli 1558 über die gesamten linksrheinischen Besitzungen Württembergs. Obwohl er selbst der zwing-
lianischen Richtung anhing, war er bemüht, die religiösen Unstimmigkeiten zwischen Zwinglianern und
Lutheranern in seinem Herrschaftsgebiet auszugleichen. Unter den Theologen regte sich Widerstand gegen
die lutherische Doktrin aus Württemberg, die auch für die Landesteile links des Rheins propagiert wurde.
Am 16. Mai 1553 klagte Matthias Erb in Reichenweier gegenüber Heinrich Bullinger, dass der Stuttgarter
Hofprediger Kaspar Gräter darauf dringe, den Reichenweirer Katechismus nach dem württembergischen
von Brenz umzugestalten. Hierfür war 1553 eine französische Übersetzung des Brenzschen Katechismus
angefertigt worden415.

407 Universitätsarchiv Tübingen 12/12, vgl. Franz,
Bücherzensur, S. 129; Schreiner, Buch- und Biblio-
thekswesen, S. 133.
408 Franz, Bücherzensur, S. 128f.; Bossert, Buchhandel,
S. 248f.
409 Ernst, Briefwechsel III, Nr. 43 S. 102; vgl. Bossert,
Buchhandel, S. 248; Franz, Bücherzensur, S. 128f.
410 Dies geht aus einem Brief Herzog Christophs an die
Stadt Augsburg vom 12. Januar 1559 hervor, siehe
Ernst, Briefwechsel IV, Nr. 504 S. 588f.
411 Siehe Nr. 55.
412 Druck des Landtagsabschieds: Reyscher, Gesetze II,

S. 121-136. Vgl. Reyscher, Gesetze VIII, S. 291; Kug-
ler, Christoph II, S. 596f.; Reformation in Württem-
berg, S. 267f.; Lang, Klosterschulen, S. 77; Brecht/
Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 339-343.
413 Vgl. Press, Württemberg, S. 23-27; Rudersdorf,
Orthodoxie, S. 52-57, 74f.; ders., Zweite Reformation,
S.133-137.
414 HStA Stuttgart G 44 U 34. Vgl. Württemberg und
Mömpelgard, S. 33f.
415 Adam, Kirchengeschichte, S. 306; Viénot, Montbé-
liard II, S. 327f.

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