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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0577
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14. Kirchenordnungsmandate 1603

Weilen aber wegen ungleichheit der wochen
märckten die wochen predigten uff einen Tag in al-
len unsern Fürstenthum und Herrschafften zuhalten
unmüglich, ist hiemit geordnet, daß in der Marg-
grafschafft Hachberg aller orten mittwochs, in der
Herrschafft Rötteln und Obervogteyen der Herr-
schafft Badenweyler donnerstags, in den undern
vogteien Zinstags angedeutete rpredigten anzuse-
henr.
Die Sontag seyndt aller dings stricte zufeyren
undt alle Feldt- und andere arbeit einzustellen,
zugleich auch die ordentliche Fest- und Aposteltag
vormittag simpliciter gefeyret, nachmittag allein
mit der discretions zurt Feldtarbeit zugelaßen wer-
den soll, daß doch jeder zeitu pfarrer undt vogt
sampt zweien deß Gerichts oder der Eltisten hier-
über sich nach beschaffenheit vergleichen undt doch
nicht ohne euserstem nothfall undt befahrendem
nachtheil die Feldtgeschäfft nach der Morgenpredig
erlauben sollen. |7r|
Nicht weniger das mühlen fahren am Sonntag
allerdings abgeschafft undt allein der euserste noth-
fall, doch mit erlaubnuß jedeß orts vogts undt pfarr-
hern undt erst gegen abendt in die mühlen zu fah-
ren, außgenohmmen seyn solle.
Das wäschen, bauchen13, bachen14 undt derglei-
chen, da es gleich in Haußern Sonn- oder Feyrtags
gebraucht würdte, nicht ungestrafft zulaßen. Deß-
gleichen das metzgen, es geschehe dan auff ein noth-
fall, gegen abend mit erlaubnuß deß orts Ober- undt
underamptleuthen, wie dan auch die Fröhnungen
also zubestellen, damit sie vor Sonn- oder Feyrtags
mögen vollfürth werdten.
In gebetten, sonderlich im Vatter Unser, soll
nichts außgelaßen, zugesetzt oder geändert, in spe-
cie die jugendt gewöhnt werden: Vatter Unser (weil
es also herkommen, ob es wol per se ein Adiapho-

r-r B: predigtag anzustellen.
s B: Exception undt tiscretion.
t B: die.
u B: orts.
v B: Adiaphoron.
w B: nichts anders.
x B: Titulis.
y B: aber seindt.
z B: predigtagen.

rumv), nicht: Unser Vatter, zu betten, deßgleichen
nit sprechen: Der du bist in himmeln, sondern sin-
gulariter: im himmel.15
Im Gebett für alle Ständte auff diß mal
nichtsw zuändern, alß daß unser Nahm, doch ohne
Titulx, darein gesetzt werdte hoc modo: Unßern
Gnedigen Landts Fürsten undt Herren, Herren
Georg Fridrichen, Marggrafen zu Baden und Hach-
berg etc. sampt etc.
Bey dem puncten der Hochzeiten zumerckhen,
damit umb gleichheit willen alle ehe verkündigun-
gen Sontags in der Morgenpredigten gleich nach be-
schluss derselben predig vor allem gebett beschehen.
Die Hochzeiten abery alle Mon- und dinstag, wan
gleich selber tagen ein Feyrtag, keineswegs aber zu
andern predigtenz (es were dan ohn alles gepräng)
zuhalten. Jedoch sollen der hohen fest halb die hoch-
zeiten, so mit gepräng geschehen, folgender maßen
eingestellt werden, nemblichen von Dominica 3. Ad-
ventus biß nach Trium Regum, von Laetare biß auf
Quasimodogeniti, von Exaudi biß uf Trinitatis. Fer-
ners alle Hochzeit predigten umb 9 Uhr zuhalten
undt, da die Hochzeit nicht vor oder ehe der pfarrer
auf die Cantzel gehet, in |7v| die kirchen kommet,
seyend Braut undt Bräutigam unnachläßig umb ein
Cronen inß Allmußen zu straffen, undt der würth
durch den pfarrer zu avisiren bey Straff dupli von
ihme, würtha, zuempfangen, kein speiß aufzutragen,
ehe den die gesetzte Straff erlegt.
Die aberglaubige Superstition der darreichung
deß truncks, Brodts undt Früchten gegen hochzeiter
undt hochzeiterin vor den Würthshäußern sampt
dabey fürgehenden andern mißbräuchen soll (kraft
hievor außgekündeten Mandaten undt verbotten
aller Aposteißlerey16 undt Segenwerck) ernstlich ab-
geschafft unnd die übertretter bey den Frevel Ge-
richten angezeigt werdten.

a B: dem würth.
13 Vgl. Seite 557 Anm. 4.
14 Vgl. Seite 557 Anm. 5.
15 Vgl. die Veröffentlichung des sog. Staffortschen Buches,
mit dem Georg Friedrichs Bruder Ernst Friedrich 1599
in seinem Landesteil die Einführung des reformierten
Bekenntnisses vorbereiten wollte.
16 Aberglaube, vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 536f.

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