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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0624
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Limpurg

Zum Sechsten.
Dieweil beneben inmaßen die vast tägliche er-
fahrung mitbringen die hochverdambte Sünd und
laster des Ehebruchs, unehlicher beiwohnung, hu-
rerei, kupplerei und der gleichen leichtferttiges we-
sen, wider achtung der hohen, Göttlichen verpott,
getrewer und eifferiger vermanung und abwarnung,
auch kundtbaren schweren straffen etc., bei iren viel
in schwanckh gehen, Und ire Gn. Gn. wegen tragen-
den Oberkeitlich ampts solchem verfluechten laster
ohne gebrauch schuldigen ernsts und desselben ge-
bürlicher fortstellung nachzusehen weder vor Gott
noch der weldt verantwortlich sein will, Demnach so
gedenckhen dieselben alle die jenigen, so in disem
laster, Sündt und schandt ergriffen, auch wo Eltern
oder Vormundt erfunden, die dergleichen leichtfer-
tigkeiten und büebischen leben iren |11| Kindern und
Pupillen3 wißentlich gestatten oder nachhengen,
vermög Göttlicher und Keyserlicher gesatz und
Ordnungenf an Leib, Leben, Ehr und gueth oder mit
verweisung des Landts oder gefengkhnus nach ge-
staldt und befindung des übertrettens ohne einiche
gnad mit allem ernst straffen und gegen sie verfah-
ren zulassen.
Gleichsfals soll auch den jenigen abgelohnet wer-
den, welche solchem leichtferttigem gesindt wißent-
liche underschlaiff geben oder zu irer boßheit befür-
derung thon.
Wie nichtsweniger, wo Mann und weib an ver-
dächtigen ortten, an welchen sie nicht sondere ver-
richtung haben, sich beisammen finden lassen sol-
ten, also damit ire Personen verdächtig machen
würden, ebner gestaldt auff inquisition und befin-
dung der Sachen beschaffenheitt irem verdienst ge-
meß gestrafft, und in dem allem niemandts, weß
standts der oder die auch sein möchten, verschonet
werden solle.
Zum Sibenden.
So befindet sich ebenmeßig, das etzliche Männer
so verrucht und vergeßen sein, daß sie ir haab und
f G (von späterer Hand hier eingefügt): neben erstattung
der Kirchenbuss [in der Eheordnung kommt dieser Zu-
satz nur in E vor].

gueth4 verzehren und verschlemmen, hinnach
muettwilliger, leichtfertiger weiß ohn wißen und
willen von weib und Kindt ziehen, |12| dieselben et-
lich jahr hülff- und trostloß ohn einige zuentpiet-
tung erbärmlich einsam sitzen lassen. Dardurch
dann weib und Kindt große beschwerlicheit zuge-
füegt, auch bißweilen umb der zeitlichen nottuerff-
tigen nahrung willen in ein verbotten, böß leben ge-
rahten oder sonsten sich ander werts nicht ohne al-
lerhandt große unrichtigkeit und Ärgernußen zuver-
loben etc. ursach gegeben würdt.
Disem aber der gebüer zusteuren, wollen ire Gn.
Gn. solch muettwillig, bößlich und ehebrecherisch
außtretten zum höchsten auch beneben zu gleich
verbotten haben, das hinfüro kein weibs person in
abwesen ires Mans ohne erlaubtnus irer Gn. Gn.
oder dero Eherichtern sich widerumben verheyra-
then oder sonsten ein verbotten leben füeren sollen.
Doch einer jeden frei gesteldt, nach verlauff 7 jah-
ren bei iren Gn. Gn. oder deren Eherichtern sich
anzuzaigen und darüber beschaidts zugewartten, al-
les bei straff Leibs oder gueths nach gestaldt der
Sachen.
Gleicher gestaldt gedenckhen auch ire Gn. Gn.
gegen den weibern, so von ihren Männern und Kin-
dern auß muethwillen und frechheit lauffen und die-
selben bößlich verlaßen, ein solche straff mit Ernst
fortzusetzen. |13|
Solches alles gemeinen ire Gn. Gn. ernstlich und
wollen nicht allein vor dero Person uber diser dero-
selben Eheordnung steiff und streng halten, sondern
haben auch ein solches, also anfangs gemelt, dero
amptleutten, Eherichtern und dienern bei ihren
Pflichten und Aiden eingebunden und selbige zu ob-
serviren ernstlich auferlegt. Darnach wiße sich me-
niglich zurichten und vor aignem spott, schandt, ge-
var und straffen zuhüetten.
Actum 27. Augusti Anno etc. [1]610.

3 Mündel, vgl. Grimm DWb 13, Sp. 2243.
4 Das ihrer Ehefrau, vgl. Eheordnung, S. 599 Fußnote x.

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