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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0699
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Kirchenordnung 1560

wen,110 und sie schuldig werden an dem leib und
Blut Jesu Christi. Unser geheymnus aber ist, das
Christus Jesusy ein warer Son gottes und des Men-
schen ist, und das Brot des |75r| lebens, welcher sich
selbst in den todt gegeben und sein Blut zur verzei-
hung unserer Sünden vergossen hatt.
Und damit wir solch grosser liebe, treu und wol-
that nicht vergessen, gibt er uns seinen leib und
Blut in Crafft des glaubens seiner ewigen, göttlichen
worth sampt den h[eiligen] gnadenreichen zaichen
Brots und weins zu genießen, und die gedechtnus
seines bittern leidens und sterbens mit hertzlicher
danckhsagung darbey zu halten, darumb vor allen
dingen einem jegklichen Menschen, der zu disem
Nachtmal komett, zu wißen ist, das ime seine Sünd
durch das leiden Christi verzigen, demnach er in ime
prüffen sol, das ein solcher glaub und vertrawen in
jetzund treibe zue einem newen, fridsamen, gotts-
ferchtigen leben.
Zum andern ermahn ich euch getrewlich, das
niemandts freventlicher weis und aus leichtfertiger
gewonhait sich understand, des herren Abendtmal
|75v| zue empfahen, der nicht zuvor glauben und lie-
be in seinem hertzen empfinde, auch hunger und
durst habe zu der gerechtigkait, Frombhait und be-
ßerung seines lebens, dan sonst wurde er gewißlich
schuldig an dem leib und Blut des herren Christi,
und ime eßen und tri[n]ckhen das gericht der ewigen
verdamnis, wie der h[eilige] Apostel 1. cor. 11 leh-
ret,111 darumb bewehre sich ein jegklicher zuvor
selbs wol, das er seins glaubens gewiß seye und die
gerechtigkait von hertzen begehre, als dan khome er
zu diesem Abendtmal zu eßen und zue trinckhen,
sonst mag es ohne leichtfertigkait nit beschehen, das
nicht Gott in seinen allerhayligsten worten und
werckhen verachtet und verspottet werde, welches
fürwar |76r| nicht allein unchristlich, sondern gantz
teuffelisch und dem nach ewiger verdamnis billich
und wol werdt wer, dann dis Nachtmal ist nit den
verruchten, leichtfertigen weltkindern beraith, son-
dern allein den glaubigen und guthertzigen Chri-

z-z Vgl. Form und gstalt Basel 1526 fol. Biii.
a-a Form und gstalt Basel 1526 fol. Biiii.

sten, die ire Sünd erkennen und hertzlich begird ha-
ben nach der gnad gottes durch Jesum Christum.
Hierauff ermahnt der pfarrherr die Comunicanten
zu gemeiner offnen Beicht:
zIr geliebten in Christo, dem herren, uf das wir
desto fruchtbarlicher zu des herren tisch komen und
sein h[eiliges] Nachtmal halten megen, wollen wir
anfangs unser |76v| schuld und sündtliches leben un-
serm herren Gott bekennen und umb gnad bitten,
also sprechende:
Allmechtiger, ewiger Gott, barmhertziger, lieber
vatter. Wir arme, ellende kinder geben uns schuldig
und bekenen dir, das wir in ungerechtigkait empfan-
gen und geboren sein von Mutterleib, all unser leben
ist voller Sünden und Mißethat, wir haben deinem
h[eiligen] wortten nit geglaubt, wir sein von deinen
wegen abgewichen und haben deine gebot in unglau-
ben manigfaltigklich ubertretten. Darumb wir nicht
würdig sein, deine kinder genant zu werden oder un-
ser augen uf zuheben gen himmel. Ach, Gott und
vatter, wie |77r| hertzlich gern wolten wir, das wir
dich niemalen erzürnet hetten. Wir bitten dich, o
aller güttigster herr und vatter, gedenckh nit unser
Sünden und ubertrettung nach deiner strengen ge-
rechtigkait, sondern gedenckh unser nach deiner
güte und Barmhertzigkait, sey uns genedig und
barmhertzig umb deines h[eiligen] Namens willen,
verzeihe uns unsere Sünd und neme uns uf zu gna-
den durch Jesum Christum, unseren geliebten hay-
land, einigen Erleser und seligmacher. Amen.z
Hierauff gibt der Minister die Absolution mit vol-
genden worten:
aEs wirdt sich unser erbarmen der allmechtig,
ewig gott, der uns seinen lieben Son |77v| zue einem
gewißen underpfand unsers hayls gesandt hat in dise
welt, welcher als das unschuldige lemblin sich selbs
für uns geopfftert, das Creütz, unsere Sünd getragen
und für sie genug gethan hat, in welchen unsern her-
ren Jesum Christum wer da glaubet, würdt haben

110 Mt 7,6.
111 1Kor 11,29.

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