Einleitung
2. Die landeskirchliche Reformpolitik Johanns III. (1521-1539)
Die evangelische Bewegung traf in den Vereinigten Herzogtümern auf eine geistige Situation, die seit dem
15. Jahrhundert von der Devotio moderna, humanistischen Strömungen und einem reformfreudigen lan-
desherrlichen Kirchenregiment geprägt war. Die Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna, die in den
Vereinigten Herzogtümern weite Verbreitung fand, strebte danach, die Bibel in die Landessprache zu über-
setzen, das Evangelium als Grundlage des Studiums und Spiegel des Lebens zu verstehen und die Kom-
munion unter beiderlei Gestalt auszuteilen - Forderungen, die im 16. Jahrhundert von den Reformatoren
aufgegriffen wurden.15
In Ermangelung einer Landesuniversität16 erlangten die Stadt- und Klosterschulen in Jülich-Kleve-Berg
ein größeres Gewicht. An diesen Lehranstalten entstand ein Schulhumanismus, der sich mit den Ideen der
Devotio moderna verband.17 Hinzu kam, dass die Klever Herzöge bereits im 15. Jahrhundert Klosterrefor-
men durchgeführt und gegen Missstände unter dem niederen Klerus vorgegangen waren.18
Die lutherische Bewegung formierte sich in den einzelnen Landesteilen der Vereinigten Herzogtümer zu
verschiedenen Zeiten. Frühe Zentren waren die Hansestädte Wesel am Niederrhein und Iserlohn in der
Grafschaft Mark. Auch die Stadt Herford, die der dortigen Reichsabtei unterstand, aber innerhalb der
Grafschaft Ravensberg lag, war ein Brennpunkt der Reformation. Während die westfälischen Landesteile
Mark und Ravensberg bereits Mitte der 1520er Jahre überwiegend evangelisch waren, machte sich Luthers
Einfluss in den Herzogtümern Jülich, Kleve und Berg erst einige Jahre später bemerkbar.19
1. Kirchenordnung 3. Juli 1525 (Text S. 49)
Als die reformatorische Bewegung im westfälischen Teil der Vereinigten Herzogtümer Fuß zu fassen begann,
ging Johann III., der zeitlebens altgläubig blieb, strikt dagegen vor. 1525 zwang er Adolf Clarenbach, den
evangelischen Konrektor der Weseler Lateinschule, sein Amt aufzugeben.20 Am 26. März dieses Jahres
erließ er ein Edikt, in dem die Landdechanten und Amtleuten beauftragt wurde, gegen die reformatorische
Bewegung, deren radikales Potential Johann III. fürchtete, vorzugehen.21 Im Laufe des Jahres entschloss
15 Prieur, Zur Devotio moderna, S. 215-223; Schulte,
Neutralität, S. 14; Frost, Konvent, S. 329f.; Janssen,
Kleve-Mark-Jülich-Berg-Ravensberg, S. 36; Finger,
Reformation, S. 16-19.
16 Zu den Bemühungen, in Duisburg eine Landesuniversität
zu gründen, siehe Jedin, Hubert, Der Plan einer Uni-
versitätsgründung in Duisburg 1555/64, in: von Roden,
Günter (Hg.), Die Universität Duisburg (Duisburger
Forschungen 12), Duisburg 1968, S. 1-32; Stöve, Refor-
mation, S. 12-18.
17 Stiftsschulen bestanden in Rees, Xanten, Emmerich,
Soest und Bielefeld, Stadtschulen in Gladbach, Siegburg,
Düren, Duisburg, Wesel, Hamm und Lippstadt. Auch in
Düsseldorf wurde 1545 eine Schule mit sechs Klassen
eröffnet, Redlich, Staat und Kirche, S. 70f.; Forst-
hoff, Zur Geschichte 1923, S. 59f.; Molitor, Politik,
S. 39-42; Szameitat, Heresbach, S. 146-153; Smo-
linsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 89; Stöve, Via media,
S. 122; Helbich, Pax et Concordia, S. 95-107.
18 Flüchter, Zölibat, S. 106-108; Smolinsky, Jülich-
Kleve-Berg, S. 90; ders., Kirchenpolitik, 307-322; Mau-
renbrecher, Geschichte, S. 354f.; Redlich, Jülich-
Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 53; ders., Staat und Kir-
che, S. 3; Janssen, Gesetzgebung, S. 34f.
19 Rothert, Kirchengeschichte, S. 38f.; Janssen, Verei-
nigte Herzogtümer, S. 15; Coenen, Katholische Kirche,
S. 27-30; Goeters, Luther, S. 9f.; Krumme, Bewegun-
gen, S. 63-92; Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 91.
20 1529 wurde Clarenbach wegen seiner evangelischen Gesin-
nung in Köln hingerichtet, Bautz, Art. Clarenbach, in:
BBKL 1 (1990), Sp. 1025f.; Smolinsky, Jülich-Kleve-
Berg, S. 90-92; Prieur, Eigentümlichkeiten, S. 13f.;
Schulte, Neutralität, S. 23-27; Redlich, Staat und
Kirche, S. 18-22; Coenen, Katholische Kirche, S. 30f.;
Schröer, Reformation 1, S. 23; Frost, Konvent,
S. 331; Forsthoff, Zur Geschichte 1922, S. 39. Zu Cla-
renbach siehe ferner Goeters, Clarenbach, S. 18-45;
ders., Stadt Köln, S. 46-63; ders., Bekenner; Finger,
Reformation, S. 49-57; Hermle, Clarenbach, S. 132-135;
Forsthoff, Kirchengeschichte, S. 59-109; Faulen-
bach, Das 16. Jahrhundert, S. 60-79.
21 Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 225 und
Faulenbach, Das 16. Jahrhundert, S. 48 Nr. 16. Vgl.
Redlich, Staat und Kirche, S. 14f.; Dolan, Influence,
S. 10f.; Forsthoff, Zur Geschichte 1922, S. 39; Gail,
Vlatten, S. 37f.; Coenen, Katholische Kirche, S. 4f.;
Finger, Reformation, S. 58; Stupperich, Der innere
Gang, S. 24.
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2. Die landeskirchliche Reformpolitik Johanns III. (1521-1539)
Die evangelische Bewegung traf in den Vereinigten Herzogtümern auf eine geistige Situation, die seit dem
15. Jahrhundert von der Devotio moderna, humanistischen Strömungen und einem reformfreudigen lan-
desherrlichen Kirchenregiment geprägt war. Die Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna, die in den
Vereinigten Herzogtümern weite Verbreitung fand, strebte danach, die Bibel in die Landessprache zu über-
setzen, das Evangelium als Grundlage des Studiums und Spiegel des Lebens zu verstehen und die Kom-
munion unter beiderlei Gestalt auszuteilen - Forderungen, die im 16. Jahrhundert von den Reformatoren
aufgegriffen wurden.15
In Ermangelung einer Landesuniversität16 erlangten die Stadt- und Klosterschulen in Jülich-Kleve-Berg
ein größeres Gewicht. An diesen Lehranstalten entstand ein Schulhumanismus, der sich mit den Ideen der
Devotio moderna verband.17 Hinzu kam, dass die Klever Herzöge bereits im 15. Jahrhundert Klosterrefor-
men durchgeführt und gegen Missstände unter dem niederen Klerus vorgegangen waren.18
Die lutherische Bewegung formierte sich in den einzelnen Landesteilen der Vereinigten Herzogtümer zu
verschiedenen Zeiten. Frühe Zentren waren die Hansestädte Wesel am Niederrhein und Iserlohn in der
Grafschaft Mark. Auch die Stadt Herford, die der dortigen Reichsabtei unterstand, aber innerhalb der
Grafschaft Ravensberg lag, war ein Brennpunkt der Reformation. Während die westfälischen Landesteile
Mark und Ravensberg bereits Mitte der 1520er Jahre überwiegend evangelisch waren, machte sich Luthers
Einfluss in den Herzogtümern Jülich, Kleve und Berg erst einige Jahre später bemerkbar.19
1. Kirchenordnung 3. Juli 1525 (Text S. 49)
Als die reformatorische Bewegung im westfälischen Teil der Vereinigten Herzogtümer Fuß zu fassen begann,
ging Johann III., der zeitlebens altgläubig blieb, strikt dagegen vor. 1525 zwang er Adolf Clarenbach, den
evangelischen Konrektor der Weseler Lateinschule, sein Amt aufzugeben.20 Am 26. März dieses Jahres
erließ er ein Edikt, in dem die Landdechanten und Amtleuten beauftragt wurde, gegen die reformatorische
Bewegung, deren radikales Potential Johann III. fürchtete, vorzugehen.21 Im Laufe des Jahres entschloss
15 Prieur, Zur Devotio moderna, S. 215-223; Schulte,
Neutralität, S. 14; Frost, Konvent, S. 329f.; Janssen,
Kleve-Mark-Jülich-Berg-Ravensberg, S. 36; Finger,
Reformation, S. 16-19.
16 Zu den Bemühungen, in Duisburg eine Landesuniversität
zu gründen, siehe Jedin, Hubert, Der Plan einer Uni-
versitätsgründung in Duisburg 1555/64, in: von Roden,
Günter (Hg.), Die Universität Duisburg (Duisburger
Forschungen 12), Duisburg 1968, S. 1-32; Stöve, Refor-
mation, S. 12-18.
17 Stiftsschulen bestanden in Rees, Xanten, Emmerich,
Soest und Bielefeld, Stadtschulen in Gladbach, Siegburg,
Düren, Duisburg, Wesel, Hamm und Lippstadt. Auch in
Düsseldorf wurde 1545 eine Schule mit sechs Klassen
eröffnet, Redlich, Staat und Kirche, S. 70f.; Forst-
hoff, Zur Geschichte 1923, S. 59f.; Molitor, Politik,
S. 39-42; Szameitat, Heresbach, S. 146-153; Smo-
linsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 89; Stöve, Via media,
S. 122; Helbich, Pax et Concordia, S. 95-107.
18 Flüchter, Zölibat, S. 106-108; Smolinsky, Jülich-
Kleve-Berg, S. 90; ders., Kirchenpolitik, 307-322; Mau-
renbrecher, Geschichte, S. 354f.; Redlich, Jülich-
Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 53; ders., Staat und Kir-
che, S. 3; Janssen, Gesetzgebung, S. 34f.
19 Rothert, Kirchengeschichte, S. 38f.; Janssen, Verei-
nigte Herzogtümer, S. 15; Coenen, Katholische Kirche,
S. 27-30; Goeters, Luther, S. 9f.; Krumme, Bewegun-
gen, S. 63-92; Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 91.
20 1529 wurde Clarenbach wegen seiner evangelischen Gesin-
nung in Köln hingerichtet, Bautz, Art. Clarenbach, in:
BBKL 1 (1990), Sp. 1025f.; Smolinsky, Jülich-Kleve-
Berg, S. 90-92; Prieur, Eigentümlichkeiten, S. 13f.;
Schulte, Neutralität, S. 23-27; Redlich, Staat und
Kirche, S. 18-22; Coenen, Katholische Kirche, S. 30f.;
Schröer, Reformation 1, S. 23; Frost, Konvent,
S. 331; Forsthoff, Zur Geschichte 1922, S. 39. Zu Cla-
renbach siehe ferner Goeters, Clarenbach, S. 18-45;
ders., Stadt Köln, S. 46-63; ders., Bekenner; Finger,
Reformation, S. 49-57; Hermle, Clarenbach, S. 132-135;
Forsthoff, Kirchengeschichte, S. 59-109; Faulen-
bach, Das 16. Jahrhundert, S. 60-79.
21 Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 225 und
Faulenbach, Das 16. Jahrhundert, S. 48 Nr. 16. Vgl.
Redlich, Staat und Kirche, S. 14f.; Dolan, Influence,
S. 10f.; Forsthoff, Zur Geschichte 1922, S. 39; Gail,
Vlatten, S. 37f.; Coenen, Katholische Kirche, S. 4f.;
Finger, Reformation, S. 58; Stupperich, Der innere
Gang, S. 24.
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