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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Bubner, Rüdiger: Raymond Klibansky (15.10.1905 - 5.8.2005)
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Raymond Klibansky | 157


RAYMOND KLIBANSKY
(15.10.1905-5.8.2005)

Wer das Glück hatte, dem viel reisenden, polyglotten Weltmann der Wissenschaft noch
zu begegnen, der traf auf ein Glanzstück alteuropäischer, durchaus auf deutsche Uni-
versitätstradition bauender Gelehrsamkeit. Dafür gibt es wohl keine Beispiele mehr.
Aber der dem Mythos sich nähernde „Heidelberger Geist“ versammelte zu guten Zei-
ten manche Repräsentanten. Klibansky starb fast hundertjährig am 5. August 2005.
Seme Lebensgeschichte, die man in anregender Form nachlesen kann (Erinne-
rung an ein Jahrhundert, Gespräche mit Georges Leroux, 2001), beginnt in Paris und führt
über eine vom Judentum geprägte Jugend in Frankfurt am Main zum Studium nach
Heidelberg. Die von der hiesigen Akademie über Jahrzehnte betreute und inzwi-
schen erfolgreich zu Ende geführte Edition der Werke des Nicolaus Cusanus geht
unter anderem auf die Initiative des jungen Klibansky zurück. Dem gilt unsere
besondere Dankbarkeit.
Später treten Ernst Cassirer und die Hamburger Warburg-Schule hinzu, die
den Philosophen, Editor und Geistesgeschichtler auf lange Zeit mit einer bis heute
international wirksamen Bewegung verbindet. Klibansky muß 1933 aus politischen
Gründen nach Oxford ausweichen und hat sich damals das Verdienst der Rettung der
Warburg-Bibliothek nach England erworben. In dem Zusammenhang entstehen die
weitreichenden Studien zur Tradition des Platonismus im Mittelalter, vor allem aber
die mit E. Panofsky und F. Saxl betriebenen Forschungen zur Geschichte der Melan-
cholie, die seit den Problemata des Aristoteles als europäische Philosophenkrankheit
gilt. Saturn und Melancholie heißt das bedeutende Resultat, das wegen der Zeitum-
stände erst 1964 auf Englisch und in seiner deutschen Fassung endlich 1990 erschien.
Der Untertitel kündigt Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der
Religion und der Kunst an. Das Echo hat offenkundig jüngst sogar eine große Publi-
kumsausstellung in Paris und Berlin erreicht.
 
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