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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0264
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Das WIN-Kolleg

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(Religionsgelehrten und Mystikern) zählten. Denn die kritischen Dichter scheinen
trotz ihrer guten Ausbildung keine dauerhafte Stellung im Staatsdienst innegehabt zu
haben. Daraus resultiert die Annahme, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwi-
schen dem Charakter der Kritik, dem persönlichen Werdegang und sozialen Status
der Dichter einerseits sowie ihrem gelehrten Bildungshintergrund andererseits
besteht, der dem Bildungsstand der Träger religiöser Autorität grundsätzlich gleich-
artig war. Auffällig ist, daß religiöse Bildungsinhalte zwar als wesentlicher Bestandteil
jeder fundierten gelehrten Ausbildung empfunden wurden, andererseits jedoch eine
deutliche Zweckgebundenheit des Studiums auszumachen ist, vor allem, wenn die
Absolventen im Anschluß an ihr Studium em religiöses Amt übernahmen. Vor die-
sem Hintergrund wird hinsichtlich der Spezialisierung, Professionalisierung und
Funktionalisierung des Wissens vor allem für das religiöse Wissenschafts- und Bil-
dungswesen im islamischen Kulturraum ein anderes, noch differenziert auszuarbei-
tendes Bild zu zeichnen sein als für Europa.
Das zweite Teilprojekt (Raphaela Veit) widmet sich weiterhin Fragestellungen
zur Wissenschaftlichkeit in Europa und im islamischen Kulturraum um die Wende
vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Hierzu wurden die Untersuchungen zum
Werk des Andrea Alpago (gest. 1522) fortgeführt, des wohl letzten großen Überset-
zers aus dem Arabischen ms Lateinische. Vor dem Hintergrund der wissenschaftsge-
schichtlichen Entwicklungen im zeitgenössischen Europa registriert Alpago Tenden-
zen einer verstärkten Verzahnung des religiösen und des nicht-religiösen (auch medi-
zinischen) Wissens im islamischen Kulturzusammenhang. Angesichts fehlender ver-
bindlicher Standards in der Ärzteausbildung war dort immer schon die ganze Band-
breite zwischen gelehrter Medizin und Scharlatanerie gegeben. Die Heilung von
Krankheit suchte man häufig nicht beim Arzt, sondern bei einem als wundertätig
geltenden Mystiker (Sw/z), der nach dem Grundsatz „Krankheit und Genesung kom-
men allein von Gott“ betete, aber auch Amulette herstellte und sonstigen magischen
Gebräuchen nachging.
Im islamischen Bildungswesen findet die Professionalisierung der Wissenschaf-
ten nicht in einem Prozeß der Partikularisierung und Ausdifferenzierung statt. Auf-
grund der ausbleibenden Institutionalisierung steht Bildung stets unter einem star-
ken Personenbezug. Die Meinung einer Lehrautorität war für den Schüler oder Stu-
denten verbindlich, nicht normiert festgeschriebene Wissensinhalte. Bildungsziel
war, das ganze Wissen des Meisters zu erlernen, nicht einen formalisierten Lehrplan
zu erfüllen. Das Studium war folglich abgeschlossen, sobald der Lehrer den Schüler
entließ, weil er ihm nichts mehr beibringen konnte. Ansätze von Institutionalisierung
bestanden allenfalls auf der Ebene der Erteilung von Lehrlizenzen (idjäza), die aber
jeweils nur für bestimmte Bücher, nicht für ganze Disziplinen galten. Die Lizenzie-
rung wurde jedoch nie streng institutionell reguliert, sondern oblag dem Ermessen
des jeweiligen Meisters. Weiterführende Versuche einer Normierung, Vereinheitli-
chung und qualitativen Hebung der Ärzteausbildung überlebten selten die Amtszeit
des sie veranlassenden Wezirs.
Diesem nicht-institutionalisierten Bildungswesen mit seinem starken Perso-
nenbezug entspricht die hohe Bedeutung, die im islamischen Mittelalter umfangrei-
 
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