2.3 Struktur und Inhalt
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geistlichen Stand, also der kanonikalen, klerikalen oder monastischen Lebensweise
nahestehen, müssen entsprechend ihrer Stellung mit Psalmengesang begrüßt und zu
ihrer Unterkunft geleitet werden.186 Die Unterkunft der Gäste aus dem geistlichen
Stand befindet sich innerhalb der Klostermauern, weltliche Gäste und Gäste aus dem
kriegerischen Stand sollen außerhalb des Konvents untergebracht werden. Direkt am
Tisch des Propstes dürfen die geistlichen Gäste speisen, während des Essens soll die
Lesung erfolgen, um geistliche Gespräche anzuregen.187 Den Gästen gesteht Arno
durchaus den Verzehr von Fleisch zu, wenn dies zu angemessener Zeit und an ange-
messenem Ort geschieht.188
Auch die Fürsorge für die Armen darf nicht vernachlässigt werden und soll einem
gottesfürchtigen Mitbruder übertragen werden. Die Versorgung der weiblichen und
männlichen Armen, die getrennt nach Geschlecht untergebracht wurden, muss aus
den Fruchtzehnten und den übriggelassenen Nahrungsmitteln der Mitbrüder gewähr-
leistet werden.189 Der für den Armendienst verantwortliche Mitbruder hat sich um die
Fußwaschung, Bereitstellung von Betten und die Versorgung mit allem Notwendigen
zu kümmern.190 Diese Informationen zur Versorgung der Gäste und Armen fehlt
ebenfalls in der kürzeren Version B, die erst wieder mit dem folgenden Kapitel zu den
Gebets- und Arbeitszeiten einsetzt.191
Die Gebetszeiten, die sich jahreszeitenbedingt unterschieden, regeln den gesamten
Tagesablauf und damit auch den Arbeitstag im Reichersberger Stift.192 Nach den
186 Mensa eins erit cum hospitibuspresertim, qui spiritalis, id est canonice vel clericalis seu monastice
professionis sunt, qui etiam supervenientes maxime de remotioribus partibus, prout reverentis
ipsorum qualitas expetierit, nunc a toto conventu nunc ab aliquod fratribus sibi cum psalmodia oc-
currentibus, pia alacritate suscipiendi erunt, tamquam in quibus Christum habitantem suscipiamus
et sic intra septa claustri ad mansiones sibi dispositas introducentur. Arno von Reichersberg, Scu-
tum canonicorum, S. 182. Das Maß der geschuldeten Ehrerweisung bestimmte bereits die Regula
Benedicti, ed. Hanslik, CSEL 75, cap. 53, v. 2, S. 123. Vgl. Schreiner, Mönchtum, S. 31-32.
187 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 182.
188 ... earum usum infirmis, quousque vires reparent, puerisque ac debilibus nec non et hospitibus,
convenientibus temporibus et locis non negent. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum,
S. 160.
189 Pauperum sane vel supervenientium vel eorum quos semper nobiscum habemus cura non segniter
aut negligenter habenda est, sed uni fratrum Deum timenti iniungetur, qui in mansionibus ad hoc
seorsum viris ac seorsum feminis dispositis unicuique, prout facultatis possibilitas admiserit, de
decimis victualium monasterii seu reliquiis fratrum ministrabit. Arno von Reichersberg, Scutum
canonicorum, S. 182-184. Gleiche Bestimmungen finden sich auch in den Marbacher Consuetudi-
nes: Siegwart, Consuetudines, cap. 129, § 292, S. 232-233.
190 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 184. Vgl. Regula Benedicti, ed. Hanslik,
CSEL 75, cap. 53, v. 13, S. 124. Zur rituellen Fußwaschung von Gästen und Armen vgl. Sonntag,
Klosterleben, S. 580-582.
191 Et opera quidem nostra, ut dictum est... Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, Migne PL
188, Sp. 1107. Siehe Anhang, 1. (Kapitelübersicht).
192 Der Tag wurde ab Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in zwölf Temporalstunden (horae in-
aequales) eingeteilt, deren Länge je nach Jahreszeit variierte. Vgl. Schuler, Art. „Chronologie,
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geistlichen Stand, also der kanonikalen, klerikalen oder monastischen Lebensweise
nahestehen, müssen entsprechend ihrer Stellung mit Psalmengesang begrüßt und zu
ihrer Unterkunft geleitet werden.186 Die Unterkunft der Gäste aus dem geistlichen
Stand befindet sich innerhalb der Klostermauern, weltliche Gäste und Gäste aus dem
kriegerischen Stand sollen außerhalb des Konvents untergebracht werden. Direkt am
Tisch des Propstes dürfen die geistlichen Gäste speisen, während des Essens soll die
Lesung erfolgen, um geistliche Gespräche anzuregen.187 Den Gästen gesteht Arno
durchaus den Verzehr von Fleisch zu, wenn dies zu angemessener Zeit und an ange-
messenem Ort geschieht.188
Auch die Fürsorge für die Armen darf nicht vernachlässigt werden und soll einem
gottesfürchtigen Mitbruder übertragen werden. Die Versorgung der weiblichen und
männlichen Armen, die getrennt nach Geschlecht untergebracht wurden, muss aus
den Fruchtzehnten und den übriggelassenen Nahrungsmitteln der Mitbrüder gewähr-
leistet werden.189 Der für den Armendienst verantwortliche Mitbruder hat sich um die
Fußwaschung, Bereitstellung von Betten und die Versorgung mit allem Notwendigen
zu kümmern.190 Diese Informationen zur Versorgung der Gäste und Armen fehlt
ebenfalls in der kürzeren Version B, die erst wieder mit dem folgenden Kapitel zu den
Gebets- und Arbeitszeiten einsetzt.191
Die Gebetszeiten, die sich jahreszeitenbedingt unterschieden, regeln den gesamten
Tagesablauf und damit auch den Arbeitstag im Reichersberger Stift.192 Nach den
186 Mensa eins erit cum hospitibuspresertim, qui spiritalis, id est canonice vel clericalis seu monastice
professionis sunt, qui etiam supervenientes maxime de remotioribus partibus, prout reverentis
ipsorum qualitas expetierit, nunc a toto conventu nunc ab aliquod fratribus sibi cum psalmodia oc-
currentibus, pia alacritate suscipiendi erunt, tamquam in quibus Christum habitantem suscipiamus
et sic intra septa claustri ad mansiones sibi dispositas introducentur. Arno von Reichersberg, Scu-
tum canonicorum, S. 182. Das Maß der geschuldeten Ehrerweisung bestimmte bereits die Regula
Benedicti, ed. Hanslik, CSEL 75, cap. 53, v. 2, S. 123. Vgl. Schreiner, Mönchtum, S. 31-32.
187 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 182.
188 ... earum usum infirmis, quousque vires reparent, puerisque ac debilibus nec non et hospitibus,
convenientibus temporibus et locis non negent. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum,
S. 160.
189 Pauperum sane vel supervenientium vel eorum quos semper nobiscum habemus cura non segniter
aut negligenter habenda est, sed uni fratrum Deum timenti iniungetur, qui in mansionibus ad hoc
seorsum viris ac seorsum feminis dispositis unicuique, prout facultatis possibilitas admiserit, de
decimis victualium monasterii seu reliquiis fratrum ministrabit. Arno von Reichersberg, Scutum
canonicorum, S. 182-184. Gleiche Bestimmungen finden sich auch in den Marbacher Consuetudi-
nes: Siegwart, Consuetudines, cap. 129, § 292, S. 232-233.
190 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 184. Vgl. Regula Benedicti, ed. Hanslik,
CSEL 75, cap. 53, v. 13, S. 124. Zur rituellen Fußwaschung von Gästen und Armen vgl. Sonntag,
Klosterleben, S. 580-582.
191 Et opera quidem nostra, ut dictum est... Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, Migne PL
188, Sp. 1107. Siehe Anhang, 1. (Kapitelübersicht).
192 Der Tag wurde ab Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in zwölf Temporalstunden (horae in-
aequales) eingeteilt, deren Länge je nach Jahreszeit variierte. Vgl. Schuler, Art. „Chronologie,