Metadaten

Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0100
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
96

2. Die correctio von Saint-Bertin

2.1. Quellenlage
Die um 1100 angestoßene correctio der Abtei von Saint-Bertin ist durch die Gesta
abbatum Sithiensium Simons von Saint-Bertin besonders gut dokumentiert.402
Wohl aus niederadligem Hause stammend, wurde Simon zur Zeit Abt Johannes I.
von seinen Eltern ins Kloster von Saint-Bertin gegeben.403 Als junger Mönch erhielt
er Unterricht von Lambert, dem magister puerorum und späteren Abt von Saint-
Bertin, woraus eine innige Freundschaft erwachsen sollte.404 Simon erlebte die cor-
rectio des Klosters und ihre Folgen aus äußerster Nähe mit und hatte wohl selbst
Anteil an der correctio anderer Klöster. So wurde er 1117 zusammen mit weiteren
Mönchen aus Saint-Bertin damit beauftragt, an der correctio der Abtei von Sint-
Pieters in Gent mitzuwirken.405 Als 1123 Abt Lambert schwer erkrankte, wählten
die Mönche Simon zu dessen Vicarius, ein Amt, in dem sich der Verfasser der Gesta
aber nur kurze Zeit halten konnte. Nach eigenem Dafürhalten sei er Opfer der
Intrigen und Machenschaften der im Kloster lebenden Cluniazenser geworden.406
Nur wenig später, 1127, übernahm er die Leitung der Gemeinschaft von Auchy-
les-Moines, die er allerdings nach vier Jahren niederlegte, da er 1131 erneut nach
Saint-Bertin gerufen wurde. Diesmal hatten ihn die Brüder zu ihrem Abt gewählt,
doch nach nur fünf Jahren wurde er abermals auf Betreiben der Cluniazenser und
auf päpstliches Geheiß hin seines Amtes enthoben.407 Da Simon sich offensichtlich
nicht mehr in Saint-Bertin halten konnte, verbrachte er den Rest seines Lebens in
Gent, womöglich in der Abtei von Sint-Pieters.408 Erst kurz vor seinem Tod begab

402 Simon, Gesta, S. 635-663.
403 Da Simon immer wieder besonderes Interesse für Gent zeigt, wurde in der Forschung angenommen,
Simon stamme von dort. Vgl. dazu V. Fris, Artikel »Simon de Gand«, Sp. 539.
404 Der Continuator der Gesta bemerkt zudem, dass Simon wohl eine Art Sprachfehler hatte: Simon, Gesta,
II, c. 133, S. 661: »[...] quendam a puero nutritum in eodem coenobio nomine Symonem, virum religo-
sum, nobilem et bene litteratum, sed impeditioris linguae [...].«
405 Simon, Gesta, II, c. 101, S. 655-656.
406 Simon, Gesta, II, c. 106-107, S. 657.
407 Simon, Gesta, II, c. 133-134, S. 661.
408 Über Simons »Exil« wurde viel spekuliert. A. van Greetsom, Bruno, de Auteur, S. 7 nimmt an, dass
Simon inSint-Baafs Zuflucht gefunden habe, und stützt sich dabei auf eine unbelegte Behauptung von
L. Bethmann, Lamberti Floridus, S. 60. Für Sint-Pieters sprechen sich der Editor O. Holder-Egger,
(MGH SS 13), S. 604 und P. Grierson, Les Annales de Saint-Pierre, S. XXVI aus, da Simons Gesta
zum Teil auf den Annales Blandinienses aus Sint-Pieters fußen. Zusammenfassend J. Man, Ysengrimus,
S. 170-171, die sich ebenfalls fürSint-Pieters ausspricht.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften