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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0230
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2. Die correctio von Marchiennes
2.1. Quellenlage
Die Abtei von Marchiennes weist für das 12. Jahrhundert eine überaus reiche Über-
lieferung narrativer und dokumentarischer Texte auf.933 Die besondere Schreibfreu-
digkeit der Mönche dieses Klosters ist eng mit den verschiedenen Krisen verbunden,
die diese Gemeinschaft in dieser Zeit durchlebte.934 Neben ihrer correctio hatte die
Abtei in der ersten Hälfte des Jahrhunderts mit den Unruhen und Unsicherheiten
zu kämpfen, denen besonders die Gegend des Ostrevent, in der ein Großteil der
Besitzungen des Klosters lag, nach der Ermordung Karls des Guten 1127 ausgesetzt
war.935
2.1.1. Galbert von Marchiennes: Leben und Werk
Die wichtigsten Werke, die im Kontext der correctio von Marchiennes entstanden,
stammen aus der Feder Galberts, eines Mönchs dieser Gemeinschaft. Über sein
Leben ist man durch einige autobiographische Passagen in seinen Werken recht gut
informiert.
Aus einem Brief an seinen Freund Saswalo, einen Kanoniker aus Arras, erfährt
man, dass Galbert als Kind in die Gemeinschaft von Marchiennes gegeben worden
war.936 Für das monastische Leben scheint er zunächst allerdings keine Berufung
gehabt zu haben, weshalb er noch unter Abt Richard (f 1102) das Kloster verlassen
hatte und dies wohl ohne dessen Wissen und Zustimmung.937 Galbert begründet
diesen Entschluss zum einen mit seinem großen Wissensdurst und seinem Verlan-
gen zu studieren, zum anderen aber auch damit, dass er dem klösterlichen Leben in
Marchiennes entfliehen wollte. Nachdem er dem Kloster den Rücken gekehrt hatte,
sei er durch verschiedene Länder gereist und habe unterschiedliche Schulen be-
933 Zu den dokumentarischen Texten siehe unten S. 260-262, 265.
934 H. W. Goetz, Geschichtsschreibung, S. 396-409.
935 Vgl. dazu H. Platelle, Crime et chätiment; S. Vanderputten, A Miracle of Jonatus.
936 Galbert, Saswalon, §4, S. 119D: »[...] reversus ad monachile gymnasium, quod votivum & nativum a
puero, [...] relinqueram.«
937 Galbert, Saswalon, §4, S. 119D: »[...] ignorante causam exilii Richardo Patre coenobii [...].« Galbert
verließ das Kloster also bevor Abt Fulchard ins Amt kam und gehört somit nicht zu jenen Mönchen,
die das Kloster aus Protest gegen die Amtsführung Fulchards verlassen hatten, wie N. N. Huyghebaert,
Artikel »Galbert von Marchiennes«, Sp. 740 vermutet.
 
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