IV.2. Die Erarbeitung des Editionskonzepts
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gen Haupttext (nicht aber aus etwaigen Registern) die Kapitelinitien transkribiert und
Zählungen oder visuelle Kapitelabsätze berücksichtigt. Der augenscheinlichste Be-
fund betrifft die Veränderung der Kapitelanzahl und -Zäsuren: Offenbar wurden die
Handschriften im Laufe der Jahrhunderte gewissermaßen „aufgeräumt“, also in ihrer
Struktur konziser gestaltet - eine Entwicklung, die zur „Professionalisierung“ enzy-
klopädischen Arbeitens im 13. und 14. Jahrhundert passt. Besonders deutlich wurde
dies am Beispiel der ältesten bekannten Handschriften (Bo, Me, Cf), die nicht nur
mehr Kapiteluntergliederungen als jüngere Handschriften aufweisen, sondern sich
auch untereinander immens ähneln (s. hierzu Kapitel III.3.3).
IV.2.4. Automatisierte stemmatologische Textanalyse
Der zweifellos aufwendigste, aber auch wegweisendste Arbeitsschritt bestand in der
Klassifizierung der untersuchten Handschriften mittels einer Kombination aus text-
kritischer Untersuchung und einer computerbasierten stemmatologischen Text-
analyse („computerised“ bzw. „automated stemmatology“ oder auch „phylogeneti-
sche Textanalyse“)46 Dieses Verfahren wurde am Seminar für Griechische und
Lateinische Philologie der Universität Zürich weiterentwickelt und in verschiedenen
Projekten getestet. Die Initiative zu dessen Anwendung auf die Überlieferung des
„Bienenbuchs“ ist Carmen Cardelle de Hartmann zu verdanken, für die technische
Durchführung war Philipp Roelli (beide Zürich) verantwortlich. Beide haben den
gesamten Analyseprozess intensiv begleitet, evaluiert und mit ihren Ratschlägen ei-
nen erfolgreichen Abschluss befördert.
Bei der computerbasierten Stemmatologie werden mittels eines algorithmenba-
sierten Programms Ähnlichkeiten in Textstrukturen bestimmt und in Form eines
Dendrogramms visualisiert.47 Durch den Abgleich von genau definierten und stan-
dardisiert transkribierten Textmengen wird dabei die betreffende Gesamtzahl der
Handschriften auf der Basis struktureller Ähnlichkeiten in Gruppen geordnet. Dies
lenkt den Blick auf Zusammenhänge, die zuvor vielleicht nicht beachtet wurden, und
ermöglicht so sukzessive eine Fokussierung auf ausgewählte Handschriften. Die gra-
phische Visualisierung ist somit ausdrücklich als Hypothese und folglich als Anre-
gung für weitere Untersuchungen, nicht aber als deren endgültiges Resultat zu ver-
stehen.48 Das hier skizzierte Verfahren wurde insgesamt zweimal für alle im Projekt
46 Zu den Rahmenbedingungen und Grundlagen des Verfahrens s. Robinson, Four Rules, Howe et.al.,
Manuscript evolution, Spencer et. al., Analyzing the Order of Items sowie Bordalejo, Genealogy
of Texts.
47 S. zur Methode erneut Robinson, Four Rules, Roelli, Petrus Alfonsi sowie Roelli/Bachmann, To-
wards Generating a Stemma. Zur Evaluierung des Verfahrens am Beispiel von Petrus Alfonsis
Dialogus s. Cardelle de Hartmann/Senekovic/Ziegler, Modes of Variability.
48 Vgl. dazu auch den nachdrücklichen Hinweis von Bordalejo: „A stemma, computer-generated or
made by hand, is only a graphic representation of a hypothesis (machine or human or a combination
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gen Haupttext (nicht aber aus etwaigen Registern) die Kapitelinitien transkribiert und
Zählungen oder visuelle Kapitelabsätze berücksichtigt. Der augenscheinlichste Be-
fund betrifft die Veränderung der Kapitelanzahl und -Zäsuren: Offenbar wurden die
Handschriften im Laufe der Jahrhunderte gewissermaßen „aufgeräumt“, also in ihrer
Struktur konziser gestaltet - eine Entwicklung, die zur „Professionalisierung“ enzy-
klopädischen Arbeitens im 13. und 14. Jahrhundert passt. Besonders deutlich wurde
dies am Beispiel der ältesten bekannten Handschriften (Bo, Me, Cf), die nicht nur
mehr Kapiteluntergliederungen als jüngere Handschriften aufweisen, sondern sich
auch untereinander immens ähneln (s. hierzu Kapitel III.3.3).
IV.2.4. Automatisierte stemmatologische Textanalyse
Der zweifellos aufwendigste, aber auch wegweisendste Arbeitsschritt bestand in der
Klassifizierung der untersuchten Handschriften mittels einer Kombination aus text-
kritischer Untersuchung und einer computerbasierten stemmatologischen Text-
analyse („computerised“ bzw. „automated stemmatology“ oder auch „phylogeneti-
sche Textanalyse“)46 Dieses Verfahren wurde am Seminar für Griechische und
Lateinische Philologie der Universität Zürich weiterentwickelt und in verschiedenen
Projekten getestet. Die Initiative zu dessen Anwendung auf die Überlieferung des
„Bienenbuchs“ ist Carmen Cardelle de Hartmann zu verdanken, für die technische
Durchführung war Philipp Roelli (beide Zürich) verantwortlich. Beide haben den
gesamten Analyseprozess intensiv begleitet, evaluiert und mit ihren Ratschlägen ei-
nen erfolgreichen Abschluss befördert.
Bei der computerbasierten Stemmatologie werden mittels eines algorithmenba-
sierten Programms Ähnlichkeiten in Textstrukturen bestimmt und in Form eines
Dendrogramms visualisiert.47 Durch den Abgleich von genau definierten und stan-
dardisiert transkribierten Textmengen wird dabei die betreffende Gesamtzahl der
Handschriften auf der Basis struktureller Ähnlichkeiten in Gruppen geordnet. Dies
lenkt den Blick auf Zusammenhänge, die zuvor vielleicht nicht beachtet wurden, und
ermöglicht so sukzessive eine Fokussierung auf ausgewählte Handschriften. Die gra-
phische Visualisierung ist somit ausdrücklich als Hypothese und folglich als Anre-
gung für weitere Untersuchungen, nicht aber als deren endgültiges Resultat zu ver-
stehen.48 Das hier skizzierte Verfahren wurde insgesamt zweimal für alle im Projekt
46 Zu den Rahmenbedingungen und Grundlagen des Verfahrens s. Robinson, Four Rules, Howe et.al.,
Manuscript evolution, Spencer et. al., Analyzing the Order of Items sowie Bordalejo, Genealogy
of Texts.
47 S. zur Methode erneut Robinson, Four Rules, Roelli, Petrus Alfonsi sowie Roelli/Bachmann, To-
wards Generating a Stemma. Zur Evaluierung des Verfahrens am Beispiel von Petrus Alfonsis
Dialogus s. Cardelle de Hartmann/Senekovic/Ziegler, Modes of Variability.
48 Vgl. dazu auch den nachdrücklichen Hinweis von Bordalejo: „A stemma, computer-generated or
made by hand, is only a graphic representation of a hypothesis (machine or human or a combination