2.3 Quellen und Vorlagen
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Paschalis II. im Frühjahr 1111. Außerdem betont Placidus die Unabhängigkeit einzel-
ner Kirchen von laikaler Autorität und päpstlichem Einfluss.164 Die umfangreichere
Fassung dieser normativ-kanonistischen Schrift hat sich in drei vollständigen Hand-
schriften des 12. Jahrhunderts, nämlich aus der Salzburger Abtei St. Peter, aus dem
steirischen Stift Admont und aus dem niederösterreichischen Stift Göttweig überlie-
fert, wobei die Admonter Handschrift den besseren Text liefert.165 166 Im Prüfeninger
Bibliothekskatalog ist kein Exemplar von Placidus‘ Liber de honore ecclesiae ver-
zeichnet, allerdings findet sich im Schriftstellerverzeichnis, das um 1130 durch den
Mönch Wolfger in Prüfening entstanden ist, der Eintrag: Placidus prior Nonantulani
cenobii scribit contra investituras et iniquam potestatem quinti Heinrici)(,(> Gerhoch
zitiert in seinen Autoritäten mehrere Zitate aus dem Liber de honore ecclesiae in
exakt gleicher Reihenfolge wie auch Placidus.167 Außerdem verwendet Gerhoch in
seinen Randglossen ein Zitat aus der Historia tripartita, das er ebenfalls in der ab-
sichtlich veränderten Form wie bei Placidus zitiert.168 Ob Gerhoch seine Placidus-
Zitate aus der Göttweiger, Salzburger oder Admonter Handschrift schöpfte, ist nicht
mehr eindeutig zu klären. Aufgrund der Anzahl der Zitate und der zitierten Varianten
liegt die Vermutung nahe, dass sich eine Handschrift des Liber - eventuell zur Ab-
schrift oder als Leihexemplar - zur Abfassungszeit des Opusculum tatsächlich in
Prüfening befunden habe und daher der Autor des Schriftstellerverzeichnisses so
genau über Placidus informiert war.169
Die wichtigsten Quellen in Gerhochs Erstlingswerk legen eine Verbindung zum Stift
Admont nahe, an einer Stelle wird diese sogar sehr konkret. In den Randglossen
zitiert Gerhoch ein Privileg Papst Urbans II. über die vita canonica und die Verbind-
lichkeit des Eintretens in den Stand der Regularkanoniker. Es geht darin vor allem
um die Frage, wie ernst die Zugehörigkeit zu einem Konvent der Regularkanoniker
vor und nach der Profess angesehen werden muss.170 Dieses Schreiben Urbans II. ist
164 Jörg Busch hat jüngst eine umfassende Untersuchung über die Entstehungsumstände, Intention
und Provenienz der Quellen von Placidus‘ Liber vorgelegt: Busch, Der Liber de honore ecclesiae,
S. 1-30. Außerdem zu den Quellen des Liber vgl. Picasso, Testi canonistici, S. 289-308.
165 Zur Überlieferung vgl. Sackur/Heinemann, MGH Ldl 2, S. 566-568 (Einleitung zur Edition);
Märtl, Regensburg, S. 170-171; Busch, Der Liber de honore ecclesiae, S. 31-35.
166 Der sogenannte Anonymus Mellicensis, De scriptoribus ecclesiasticis, ed. Ettlinger, S. 96; Swi-
etek (Hg.), Wolfger of Pruefening’s „De scriptoribus ecclesiasticis“, S. 157. Ein Priorat des Placi-
dus kann jedoch ausgeschlossen werden: vgl. Busch, Der Liber de honore ecclesiae, S. 6-8.
167 Siehe beispielsweise Autoritäten, Teilband II, S. 64-66 und S. 104 (foll. 19v und 38v).
168 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 66 (fol. 19v); Placidus von Nonantola, Liber de honore ecclesiae,
ed. Sackur/Heinemann, MGH Ldl 2, cap. 59, S. 594. Zur Veränderung des Zitates vgl. ebd. S. 594,
Anm. 4; Märtl, Regensburg, S. 171, Anm. 82.
169 Vgl. Märtl, Regensburg, S. 171.
170 Dieses Privileg Urbans II. ist in der Forschung relativ unbekannt, lediglich Horst Fuhrmann hat sich
in einem Aufsatz damit beschäftigt und es im Anhang auch ediert: Fuhrmann, Papst Urban II., S. 26-
32, Anhang Nr. 4, S. 42-44. Die Frage nach der Echtheit des Stückes lässt Fuhrmann ungeklärt.
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Paschalis II. im Frühjahr 1111. Außerdem betont Placidus die Unabhängigkeit einzel-
ner Kirchen von laikaler Autorität und päpstlichem Einfluss.164 Die umfangreichere
Fassung dieser normativ-kanonistischen Schrift hat sich in drei vollständigen Hand-
schriften des 12. Jahrhunderts, nämlich aus der Salzburger Abtei St. Peter, aus dem
steirischen Stift Admont und aus dem niederösterreichischen Stift Göttweig überlie-
fert, wobei die Admonter Handschrift den besseren Text liefert.165 166 Im Prüfeninger
Bibliothekskatalog ist kein Exemplar von Placidus‘ Liber de honore ecclesiae ver-
zeichnet, allerdings findet sich im Schriftstellerverzeichnis, das um 1130 durch den
Mönch Wolfger in Prüfening entstanden ist, der Eintrag: Placidus prior Nonantulani
cenobii scribit contra investituras et iniquam potestatem quinti Heinrici)(,(> Gerhoch
zitiert in seinen Autoritäten mehrere Zitate aus dem Liber de honore ecclesiae in
exakt gleicher Reihenfolge wie auch Placidus.167 Außerdem verwendet Gerhoch in
seinen Randglossen ein Zitat aus der Historia tripartita, das er ebenfalls in der ab-
sichtlich veränderten Form wie bei Placidus zitiert.168 Ob Gerhoch seine Placidus-
Zitate aus der Göttweiger, Salzburger oder Admonter Handschrift schöpfte, ist nicht
mehr eindeutig zu klären. Aufgrund der Anzahl der Zitate und der zitierten Varianten
liegt die Vermutung nahe, dass sich eine Handschrift des Liber - eventuell zur Ab-
schrift oder als Leihexemplar - zur Abfassungszeit des Opusculum tatsächlich in
Prüfening befunden habe und daher der Autor des Schriftstellerverzeichnisses so
genau über Placidus informiert war.169
Die wichtigsten Quellen in Gerhochs Erstlingswerk legen eine Verbindung zum Stift
Admont nahe, an einer Stelle wird diese sogar sehr konkret. In den Randglossen
zitiert Gerhoch ein Privileg Papst Urbans II. über die vita canonica und die Verbind-
lichkeit des Eintretens in den Stand der Regularkanoniker. Es geht darin vor allem
um die Frage, wie ernst die Zugehörigkeit zu einem Konvent der Regularkanoniker
vor und nach der Profess angesehen werden muss.170 Dieses Schreiben Urbans II. ist
164 Jörg Busch hat jüngst eine umfassende Untersuchung über die Entstehungsumstände, Intention
und Provenienz der Quellen von Placidus‘ Liber vorgelegt: Busch, Der Liber de honore ecclesiae,
S. 1-30. Außerdem zu den Quellen des Liber vgl. Picasso, Testi canonistici, S. 289-308.
165 Zur Überlieferung vgl. Sackur/Heinemann, MGH Ldl 2, S. 566-568 (Einleitung zur Edition);
Märtl, Regensburg, S. 170-171; Busch, Der Liber de honore ecclesiae, S. 31-35.
166 Der sogenannte Anonymus Mellicensis, De scriptoribus ecclesiasticis, ed. Ettlinger, S. 96; Swi-
etek (Hg.), Wolfger of Pruefening’s „De scriptoribus ecclesiasticis“, S. 157. Ein Priorat des Placi-
dus kann jedoch ausgeschlossen werden: vgl. Busch, Der Liber de honore ecclesiae, S. 6-8.
167 Siehe beispielsweise Autoritäten, Teilband II, S. 64-66 und S. 104 (foll. 19v und 38v).
168 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 66 (fol. 19v); Placidus von Nonantola, Liber de honore ecclesiae,
ed. Sackur/Heinemann, MGH Ldl 2, cap. 59, S. 594. Zur Veränderung des Zitates vgl. ebd. S. 594,
Anm. 4; Märtl, Regensburg, S. 171, Anm. 82.
169 Vgl. Märtl, Regensburg, S. 171.
170 Dieses Privileg Urbans II. ist in der Forschung relativ unbekannt, lediglich Horst Fuhrmann hat sich
in einem Aufsatz damit beschäftigt und es im Anhang auch ediert: Fuhrmann, Papst Urban II., S. 26-
32, Anhang Nr. 4, S. 42-44. Die Frage nach der Echtheit des Stückes lässt Fuhrmann ungeklärt.