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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0037
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2. Opusculum de aedificio Dei

reichen Stellen des Haupttextes und bei den am Rand aufgeführten Autoritäten meh-
rere Zitate wortwörtlich und in der gleichen Reihenfolge, wie sie im Libellus des
Deusdedit stehen, in sein Erstlingswerk übernimmt (s. Abb. 2).157 Auch spielt Ger-
hoch teilweise im Haupttext auf Stellen bei Deusdedit an, ohne diese direkt zu zitie-
ren.158 Van den Eynde vermutet, dass Gerhoch die Autoritäten am Rand nachträglich,
vielleicht erst bei der Herstellung der zweiten Überarbeitung hinzugefügt habe und
aus der Kanonessammlung des Deusdedit (Colleclio canonum in quattro libri) zitie-
re.159 Da Gerhoch aber auch im Haupttext, der kaum überarbeitet wurde, direkte und
indirekte Zitate aus dem Libellus übernimmt, ist davon auszugehen, dass er die Re-
gensburger Handschrift schon für die Erstfassung des Opusculum benützt hat.160
Blickt man auf den Überlieferungszusammenhang von Deusdedits Libellus, fällt hier
ebenfalls eine Verbindung mit Admont ins Auge. Sowohl im Codex 162 der Stiftsbi-
bliothek Admont als auch in der verlorenen Prüfeninger Handschrift folgt die von
Gerhoch eifrig zitierte kürzere Fassung des Libellus contra invasores et symoniacos
des Deusdedit auf den Liber contra Wibertum Anselms von Lucca und wird in beiden
Handschriften fälschlicherweise als Liber secundus noch dem Werk Anselms zuge-
wiesen.161 Daher ist im Prüfeninger Bibliothekskatalog von 1165 der Libellus des De-
usdedit wahrscheinlich unter dem Uber Anshelmi Lucensis zusammengefasst.162 Die
heute verschollene Prüfeninger und die Admonter Handschrift gehörten also demsel-
ben Überlieferungszweig an.
Eine weitere Verbindung zwischen Prüfening und Admont lässt sich über den Liber
de honore ecclesiae des Placidus von Nonantola herstellen, den Gerhoch ebenfalls in
seinem Opusculum zitiert, wenn auch nicht so intensiv wie Deusdedit. Der Mönch
des oberitalienischen Benediktinerklosters Nonantola bei Modena hat den Liber um
das Jahr 1111/1112 verfasst und erörtert darin den verschärften Konflikt zwischen
Kaiser und Papsttum nach dem Konkordat von Sutri 1111 und vor der Lateransynode
von 1112.163 In Form einer Kompilation kanonistischer und patristischer Autoritäten
aus der Nonantolaner Klosterbibliothek verteidigt Placidus die These, dass ein Kir-
chenamt und seine materielle Ausstattung wesenhaft zueinander gehören und re-
agiert damit unmittelbar auf die Auseinandersetzungen zwischen Heinrich V. und
157 Siehe beispielsweise Autoritäten, Teilband II, S. 58-60 (fol. 16r).
158 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 18, S. 204.
159 Vgl. Van den Eynde, L’oeuvre, S. 15-16.
160 Gerhoch zitiert im Opusculum ausschließlich aus dem Libellus des Deusdedit, für die Kano-
nessammlung findet sich kein Nachweis. Vgl. auch Märtl, Regensburg, S. 165, Anm. 60.
161 Vgl. Märtl, Zur Überlieferung, S. 192-196; Sackur, Zu den Streitschriften, S. 349-350; ders.,
MGH Ldl 2, S. 293-299 (Einleitung zur Edition).
162 Ineichen-Eder, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 4, 1,
S. 427 Z. 236; Märtl, Regensburg, S. 164.
163 Vgl. Cantarella, Placidus von Nonantola, Sp. 2194-2195; ders., Placido di Nonantola, S. 117-142
und S. 406-436; Busch, Der Liber de honore ecclesiae, S. 5-10.
 
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