40
2. Opusculum de aedificio Dei
festgeschrieben,184 es fehlte für Gerhoch jedoch noch das Ideal der persönlichen Ar-
mut.185 Als geeignete Basis für den Bau Gottes sei dieses Büchlein (libellus) Ludwigs
des Frommen nicht geeignet, da es „die Kleriker nicht mit Christus hin zu Gott
sammle, sondern in verschiedene Richtungen zerstreue.“186 Die regellosen Kleriker
mit Eigenbesitz sieht Gerhoch als Gefahr für das Fundament von Gottes Bauwerk an
und plädiert für den Rückzug der Diener Gottes (mildes Deo) aus weltlichen Angele-
genheiten.187
In den nächsten beiden Kapiteln (11-12) führt Gerhoch prominente Vorbilder (Ur-
ban I., Gregor der Große, Augustinus) für seine radikale Forderung nach der vita
communis und vita apostolica und damit der Allgemeinverbindlichkeit eines gemein-
samen Lebens aller Kleriker mit der Verpflichtung zu apostolischer Armut an.188 Das
Ideal der urchristlichen vita apostolica, wie sie in der Apostelgeschichte geschildert
wird,189 in der alle gemeinsam leben und allen alles gemeinsam ist, hat zentrale Be-
deutung für Gerhoch und ist für ihn die allein gültige Lebensregel, aus der sich auch
die Armutsforderung ableitet.190 Gerhoch stellt die apostolische Regel auf eine Stufe
mit dem apostolischen Glaubensbekenntnis: „Denn so wie der eine rechte Glauben
im Glaubensbekenntnis der Apostel kurz zusammengefasst worden ist, so ist den
heiligen Leitern und Dienern der Kirche in der Apostelgeschichte eine Regel in knap-
per Form vor Augen gestellt worden.“191 Aus der Einheit der Regel leitet Gerhoch die
Einheit des Glaubens und damit die Einheit der Kirche ab.192
184 Institutio canonicorum Aquisgranensis a. 816, ed. Werminghoff, MGH Conc. 2, 1, S. 308-421,
Nr. 39. Vgl. hierzu Semmler, Zur Überlieferung, S. 309-337; ders., Die Beschlüsse, S. 15-82; An-
denna, Kanoniker sind Gott, S. 3-5.
185 Ludewicus autem rex in quodam suo libello clericos absoluens a domo unius moris, permittit Ulis
domos, proprietates et diuersi moris. Per hunc ergo libellum se temptant munire, qui, cum dicantur
canonici, nolunt tarnenproprietatibus carere. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 9,
S. 160-162.
186 Nam cum nostrum edificium tendat in idipsum, Ule libellus non cum Christo colligit in idipsum, sed
spargit clericos in diuersum. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 9, S. 162.
187 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 10, S. 164-166.
188 Vgl. hierzu Rieger, Kirchenreform und Theologiekritik, S. 141-143.
189 Act 4, 32.
190 Sic licet apostolorum communiter uiuendi regula a beato Augustino latius sit exposita, tarnen non
est regula clericorum preter unam, quq ab ipsis apostolis breuiterper animam unam et cor unum
est notata et luculento sermone a beato Augustino ceterisque sanctis patribus postmodum eluci-
data. Sicut ergo inter omnes catholicos non est nisifides una, sic inter Dei ministros non debet esse
nisi regula una, regula scilicet apostolica. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 12,
S. 172. Vgl. Schreiner, Ein Herz und eine Seele, S. 4-5. Die Augustinusregel gewinnt erst später
größere Bedeutung für die Regularkanonikerbewegung: vgl. Weinfurter, Salzburger Bistumsre-
form, S. 235-237; Fischer, Vita apostolica, S. 95-97.
191 Nam sicut una est fides catholica in symbolo apostolorum succincte collecta, sic una est regula
sanctis qcclesiy rectoribus et ministris in actibus eorundem apostolorum conpendiose proposita.
Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 12, S. 172.
192 Licet ergo hqcfides apostolicapostmodum et in Nicena synodo et a sancto Athanasia latius sit ex-
posita, non tarnen aliquis uel credo in Deum uel credo in unum uel quicunque uult recitans,fidem
2. Opusculum de aedificio Dei
festgeschrieben,184 es fehlte für Gerhoch jedoch noch das Ideal der persönlichen Ar-
mut.185 Als geeignete Basis für den Bau Gottes sei dieses Büchlein (libellus) Ludwigs
des Frommen nicht geeignet, da es „die Kleriker nicht mit Christus hin zu Gott
sammle, sondern in verschiedene Richtungen zerstreue.“186 Die regellosen Kleriker
mit Eigenbesitz sieht Gerhoch als Gefahr für das Fundament von Gottes Bauwerk an
und plädiert für den Rückzug der Diener Gottes (mildes Deo) aus weltlichen Angele-
genheiten.187
In den nächsten beiden Kapiteln (11-12) führt Gerhoch prominente Vorbilder (Ur-
ban I., Gregor der Große, Augustinus) für seine radikale Forderung nach der vita
communis und vita apostolica und damit der Allgemeinverbindlichkeit eines gemein-
samen Lebens aller Kleriker mit der Verpflichtung zu apostolischer Armut an.188 Das
Ideal der urchristlichen vita apostolica, wie sie in der Apostelgeschichte geschildert
wird,189 in der alle gemeinsam leben und allen alles gemeinsam ist, hat zentrale Be-
deutung für Gerhoch und ist für ihn die allein gültige Lebensregel, aus der sich auch
die Armutsforderung ableitet.190 Gerhoch stellt die apostolische Regel auf eine Stufe
mit dem apostolischen Glaubensbekenntnis: „Denn so wie der eine rechte Glauben
im Glaubensbekenntnis der Apostel kurz zusammengefasst worden ist, so ist den
heiligen Leitern und Dienern der Kirche in der Apostelgeschichte eine Regel in knap-
per Form vor Augen gestellt worden.“191 Aus der Einheit der Regel leitet Gerhoch die
Einheit des Glaubens und damit die Einheit der Kirche ab.192
184 Institutio canonicorum Aquisgranensis a. 816, ed. Werminghoff, MGH Conc. 2, 1, S. 308-421,
Nr. 39. Vgl. hierzu Semmler, Zur Überlieferung, S. 309-337; ders., Die Beschlüsse, S. 15-82; An-
denna, Kanoniker sind Gott, S. 3-5.
185 Ludewicus autem rex in quodam suo libello clericos absoluens a domo unius moris, permittit Ulis
domos, proprietates et diuersi moris. Per hunc ergo libellum se temptant munire, qui, cum dicantur
canonici, nolunt tarnenproprietatibus carere. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 9,
S. 160-162.
186 Nam cum nostrum edificium tendat in idipsum, Ule libellus non cum Christo colligit in idipsum, sed
spargit clericos in diuersum. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 9, S. 162.
187 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 10, S. 164-166.
188 Vgl. hierzu Rieger, Kirchenreform und Theologiekritik, S. 141-143.
189 Act 4, 32.
190 Sic licet apostolorum communiter uiuendi regula a beato Augustino latius sit exposita, tarnen non
est regula clericorum preter unam, quq ab ipsis apostolis breuiterper animam unam et cor unum
est notata et luculento sermone a beato Augustino ceterisque sanctis patribus postmodum eluci-
data. Sicut ergo inter omnes catholicos non est nisifides una, sic inter Dei ministros non debet esse
nisi regula una, regula scilicet apostolica. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 12,
S. 172. Vgl. Schreiner, Ein Herz und eine Seele, S. 4-5. Die Augustinusregel gewinnt erst später
größere Bedeutung für die Regularkanonikerbewegung: vgl. Weinfurter, Salzburger Bistumsre-
form, S. 235-237; Fischer, Vita apostolica, S. 95-97.
191 Nam sicut una est fides catholica in symbolo apostolorum succincte collecta, sic una est regula
sanctis qcclesiy rectoribus et ministris in actibus eorundem apostolorum conpendiose proposita.
Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 12, S. 172.
192 Licet ergo hqcfides apostolicapostmodum et in Nicena synodo et a sancto Athanasia latius sit ex-
posita, non tarnen aliquis uel credo in Deum uel credo in unum uel quicunque uult recitans,fidem