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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0048
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2.4 Inhalt des Opusculum

47

In den Kapiteln 78 und 79 unterscheidet Gerhoch drei Gruppen, die nach ihrer
Bekehrung ihren Besitz als gemeinschaftliches Gut den Bedürftigen übertragen hät-
ten. Die erste Gruppe bestritt wie Aquila, Priscilla und der Apostel Paulus nach Ver-
teilung ihres ganzen eigenen Besitzes ihren Lebensunterhalt durch selbständige
Arbeit und fiel niemandem zur Last, die zweite Gruppe unterstellte sich selbst der
Leitung eines anderen, und die dritte Gruppe blieb wie die Witwe Tabitha in ihrem
eigenen Haus, hielt gemäß der Leitung eines anderen das Gesetz der Keuschheit ein
und diente als Arme den Armen.238 Der Klerus solle nach apostolischem Vorbild die
erste Gruppe nachahmen, seinen gesamten Besitz aufgeben und nur dem Wort Gottes
dienen (Kapitel 80).239 Daraufhin (Kapitel 81-87) widmet sich Gerhoch dem Aspekt
der Regelkonformität der Kleriker in den höheren Weihegraden und ruft den Episko-
pat in seine Verantwortung. Da am Tag des Jüngsten Gerichtes keine Kirche der
Akephalen, sondern eine apostolische Kirche aus der Hand der Bischöfe gefordert
werden würde,240 seien sie für die Einhaltung der apostolischen Regel durch die Kle-
riker an ihren Kirchen sowie für die Sanktionierung regeldevianten Verhaltens ver-
antwortlich.241 Die Bischöfe könnten sich zur Absicherung ihrer Handlungen auf die
vier Hauptkonzilien, vor allem auf die Synoden von Nicäa und Chalcedon, aus denen
Gerhoch hier am Rand zitiert, berufen.242
In den Kapiteln 88 bis 91 erörtert Gerhoch die Regelgrundlage für die oben ange-
sprochenen drei Gruppen, die dann Teil des Bauwerkes Gottes seien, wenn sie die
apostolische Regel befolgen würden.243 Für die Kleriker verweist er auf die Ausle-
gung der apostolischen Regel durch den heiligen Augustinus und zitiert den Beginn
des ersten Kapitels.244 Die apostolische Lebensweise der Mönche hingegen garantie-
re die ebenfalls von Augustinus verfasste Schrift De opere monachorum^5 Für die
opus aptos agnoverit, innuendi et advocandi habetpotestatem, ut veniant et adiuvent eum collabo-
rantes sibi in evangelio Christi. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, Handschrift Wien,
ÖNB, Cod. 633, foll. 56r-v (Migne PL 194, Sp. 1523). Zur Unterscheidung zwischen vita canonica
und vita monastica bei Gerhoch und Arno vgl. ausführlich Melville, Vita canonica, S. 212-213.
238 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 78-79, S. 346-350.
239 Hos debet clerus imitari, sendens non mundo, sed altari, uiuens non de proprio, sed de altari.
Sicut enim, testante apostolo, ipse Dominus ordinauit. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio
Dei, cap. 80, S. 350.
240 Si hqc uerba uera sunt, non acephalica, sed apostolica ecclesia de manu episcoporum in die iudicii
requiretur. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 82, S. 354.
241 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 83, S. 356.
242 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 122-124 (fol. 49r).
243 Vgl. Classen, Gerhoch, S. 45.
244 Ut enim tales in ecclesia sua haberet clericos, quales nouit ab apostolis constitutos, qui uidelicet
conformes essent qcclesip doctoribus non proprietati, sed doctrinq curam prebentibus, composuit
libellum breuem regulas sanctorum elucidantem, qui sic incipit: Ante omnia, fratres karissimi, di-
ligaturDeus. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 88, S. 364-366; Regula Augustini:
Ordo monasterii, ed. Verheijen, cap. 1, S. 148. Vgl. auch Fischer, Vita apostolica, S. 96.
245 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 89, S. 366; Augustinus, De opere monacho-
rum, ed. Zycha, CSEL 41, S. 531-596.
 
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