Metadaten

Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0047
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

2. Opusculum de aedificio Dei

in Lucca hervorgehoben.230 In Kapitel 73 verweist Gerhoch darauf, dass die Verbind-
lichkeit der apostolischen und gemeinschaftlichen Lebensweise ohne Eigentum für
die Kleriker in den Mutterkirchen bereits durch die Apostelgeschichte und eine De-
kretale Papst Urbans I. festgesetzt wurde. Einen Ausschnitt aus dieser fälschlicher-
weise Urban I. zugewiesenen Dekretale über das gemeinschaftliche Leben der Kleri-
ker zitiert Gerhoch an dieser Stelle auch am Rand des Haupttextes.231 Außerdem fügt
er zur Untermauerung dieser Forderung auch noch ein Privileg Urbans II. als Rand-
glosse an, in dem ebenfalls das urkirchliche Vorbild der Apostel als Grundlage kleri-
kalen Lebens hervorgehoben und die Verbindlichkeit der abgelegten Profess für
Regularkanoniker betont wird.232
Da hinsichtlich der Heiligmäßigkeit ihrer Lebensweise Kleriker und Mönche
gleichgestellt sind, diskutiert Gerhoch im Kapitel 74 in Anlehnung an Ambrosius und
Johannes Chrysostomus, die er beide auch in den Randglossen als Autoritäten zi-
tiert,233 den Unterschied zwischen den beiden Ständen. Ambrosius beschreibt beide
Stände hinsichtlich ihrer Heiligmäßigkeit als gleichwertig, jedoch hinsichtlich ihres
Kampfes als ungleichartig,234 denn „der Mönch müsse die Welt durch Flucht besie-
gen, der Kleriker hingegen durch Kampf.“235 Gerhoch argumentiert, dass die Kleri-
ker durch Kirchenleitung, Predigt und Seelsorge die Nachfolge und Auferstehung
Christi verkörpern würden, die auch im Klerikergewand (Talartunika) und in der
Tonsur zum Ausdruck komme (Kapitel 75-77).236 237 Eine dezidierte Aussage zur Wer-
tigkeit beziehungsweise eine detaillierte Unterscheidung zwischen ordo canonicus
und ordo monasticus findet sich an dieser Stelle bei Gerhoch noch nicht, eine solche
liefert erst sein Bruder Arno einige Jahre später in seinem Scutum canonicorum.231
230 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 63-65, S. 310-312. Vgl. Classen, Gerhoch,
S. 46-47.
231 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 112-114 (fol. 44v).
232 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 114-116 (fol. 45r); Admont, Stiftsbibliothek, Cod. 257, foll. 67r-v.
Zu diesem Privileg vgl. Fuhrmann, Papst Urban II., S. 26-32, Anhang Nr. 4, S. 42-44.
233 Siehe Autoritäten, Teilband II, S. 118-120 (fol. 45v).
234 Sic enim describit eos in sanctitate pares, ut tarnen notet eos in pugna dissimiles. Gerhoch von
Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 74, S. 336. Vgl. Rieger, Kirchenreform, S. 142.
235 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 74, S. 336. Vgl. auch Fischer, Vita apostoli-
ca, S. 90-91.
236 Angeli quoque in uestibus albis tarn in resurrectione quam in ascensione ipsius leguntur appa-
ruisse, ut omnes persone clericales resurrectionem et ascensionem dominicam ipso etiam habitu
testentur, quando nunquam preter albam et talarem tunicam uidentur. Ipsam quoque dominicam
passionem, quam monachorum niger habitus figurat, in clerico uestis alba insinuat: tum quia
castigatione multa perducitur ad candorem; tum quia in ipsa manicarum forma dominicq crucis
pretendit speciem. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 76, S. 342. Vgl. Melville,
Vita canonica, S. 212-213; Meuthen, Kirche und Heilsgeschichte, S. 35-37.
237 Etenim etsi in inpatienti^ humiliatione et coporali exercitatione ordo monasticus ordinem nostrum
precurrit, non tarnen etiam in dispensatione misteriorum Deiprior est in his, sicut lohannes Petro,
sed ordini clericaliprioratum dependit, cui in Petro dictum est: Pasee oves meas. Qui etiamprimus
cum Petro ecclesi^ sagenam trabens, sociis de alia navi, de ordine videlicet monastico, quos ad hoc
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften