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Gerhohus; Becker, Julia [Hrsg.]; Insley, Thomas [Übers.]
Gerhoch von Reichersberg, Opusculum de aedificio Dei: die¬ Apostel als Ideal : Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 1): Einleitung, Verzeichnisse und Edition mit Übersetzung Opusculum de aedificio Dei — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.65331#0053
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2. Opusculum de aedificio Dei

Lebenszeit des Bischofs begrenzt, könne von ihm aber jederzeit zurückgefordert wer-
den, sobald er darin eine Gefahr für sein Seelenheil erkenne.275 Denn eine falsche
Entscheidung, die gegen die Wahrheit des Evangeliums oder die Kanones verstoße,
könne immer zurückgerufen werden, wie es unter anderem Augustinus in seinen
Retractationes vorgeführt habe.276 Gerhoch plädiert in diesem Kontext auf die Be-
achtung eines Privilegs von Papst Leo dem Großen an die Bischöfe Siziliens, in dem
festgelegt wird, dass kein Bischof Güter seiner Kirche veräußern oder verleihen dür-
fe, wenn nicht der gesamte Klerus diesem Vorgehen zugestimmt habe und es der
Kirche nützlich sei.277 Ebenso verhält es sich mit dem Teil der kirchlichen Einkünfte,
der für die Unterstützung der Klöster gedacht sei - Gerhoch spricht hier vom fünf-
zigsten Teil der Abgaben einiger Landgüter und Zehnten.278 Diese Übertragung sei
dann unaufhebbar, falls sie unter Zustimmung des Klerus und gemäß der kanoni-
schen Satzung vorgenommen würde.279 Falls dies nicht der Fall sei, könne diese je-
derzeit durch den Bischof rückgängig gemacht werden, dem die Mönche zum Gehor-
sam verpflichtet seien. Die Entfremdung, Aneignung oder unsachgemäße Verwaltung
der Zehnten solle mit dem Bannspruch bestraft werden.280
Gegen Ende seiner Reformschrift (Kapitel 177-188) erinnert Gerhoch noch ein-
mal daran, dass das Gesetz über die Vierteilung kirchlichen Besitzes nur für die nicht
gemeinschaftlich lebenden Kleriker, die nicht die apostolische Lebensweise einhal-
ten, gelte und verweist auf das Schreiben Papst Gregors des Großen an den Erzbi-
schof Augustinus von Canterbury.281 Die Versorgung der Reisenden und Armen aus
dem Anteil des Bischofs müsse auch bei dessen Abwesenheit gewährleistet sein,
wobei die Klöster den Bischof unterstützen können.282 Schließlich ruft Gerhoch die
per iniustam modernarum consuetudinum iusticiam iniuste presumitur. Gerhoch von Reichers-
berg, De aedificio Dei, cap. 155, S. 492.
275 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 155-156, S. 492-494.
276 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 160-161, S. 500-502.
277 ... qua sine exceptatione decernimus, ut, ne quis episcopus de qcclesip su$ rebus audeat quicquam
uel donare uel commutare uel uendere; nisi forte ita aliquid horum faciat, ut meliora prospiciat
et cum totius cleri tractatu atque consensu id eligat, cpiod non sit dubium qcclesip profuturum.
Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 163, S. 504.
278 Huiusmodi enim subsidium permittunt sancti patres fieri ab episcopo ad subleuandum et conso-
landum aliquod monasterium de rebus facultatum qcclesiasticarum, ut quinquagesima portio de
aliquorum prediorum pensionibus seu uillarum decimationibus monachis deputetur. Gerhoch von
Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 166, S. 508.
279 Cuius quinquagesimq portionis traditio sollempniter et legitime collaudantibus clericis facta ma-
net insolubilis, quia permissa est in patrum constitutis. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio
Dei, cap. 166, S. 508.
280 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 170, S. 516-522. Hier beruft sich Gerhoch
wieder auf die bereits mehrfach zitierte Pseudo-Urban-Dekretale: siehe Autoritäten, Teilband II,
S. 24-26 (fol. 9r).
281 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 177, S. 532. Siehe auch Autoritäten, Teil-
band II, S. 30-32 (fol. llr); Gregor der Große, Briefe XI, ep. 56a, MGH Epp. 2, S. 332.
282 Vgl. Gerhoch von Reichersberg, De aedificio Dei, cap. 179-181, S. 540-548.
 
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