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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
sehen; Arbeit zeigt die Leere des weltlichen Treibens, den Schein der Betriebsamkeit,
verführt zur Zerstreuung und verschleiert das Wesentliche. - Protestanten aber sehen
147 in der Arbeit den großen Segen. Milton59 schildert das Heil des | Menschen in der Ver-
treibung aus dem Paradies; Adam und Eva ließen bald ihre Tränen trocknen:
Vor ihnen lag die große weite Welt,
Wo sie den Ruheplatz sich wählen konnten,
Die Vorsehung des Herrn als Führerin ...
Der Engel Michael sagt zu Adam:
Nun füge zu dem Wissen auch die Tat...
Dann läßt du ungern nicht dies Paradies,
Du trägst in dir ja ein viel sel’geres,
Der Calvinismus sah im Erfolg der Arbeit ein Zeichen der Erwähltheit. Der Pflichtbe-
griff des weltlichen Berufes blieb später als Folge religiöser Konzeption auch ohne Re-
ligion erhalten. Arbeitslust und Segen der Arbeit, die Ehre der Arbeit und die Leistung
als Maßstab des Menschenwertes sind auf diesem Boden gewachsen. Auf ihm gilt so-
wohl die Forderung: »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen«, - als auch der innere
Segen: »Arbeiten und nicht verzweifeln.«
In der modernen Welt ist die Bejahung der Arbeit allgemein. Wenn aber die Arbeit
geradezu zur Würde des Menschen, zur Auszeichnung seines Wesens als Mensch
wurde, dann zeigte sich alsbald ein doppelter Aspekt der Arbeit: einerseits im Ideal des
arbeitenden Menschen, und andererseits im Bild des realen durchschnittlichen Arbei-
tens, in dem der Mensch sich entfremdet ist durch die Weise der Arbeit und Arbeits-
ordnung.
Aus dieser Doppeltheit entspringt der Impuls, die Menschenwelt zu verändern, da-
mit der Mensch zur rechten Weise des Arbeitens im Hervorbringen des Ganzen seiner
Welt finde. Die falsche, ihn sich entfremdende, ausbeutende, zwangshafte Weise des Ar-
beitens sei zu überwinden. Maßstab ist, was Hegel sagte: »Dieses ist das unendliche Recht
des Subjekts, daß es sich selbst in einer Tätigkeit und Arbeit befriedigt findet« (11,50).60
Das Problem der Arbeit im Zusammenhang mit der Würde, dem Anspruch und der
Pflicht des Menschseins wird, wenn man nur eine einzige Arbeit überhaupt sieht, falsch
148 vereinfacht. In der Tat ist ja die Arbeit ungemein verschieden in der Mannigfaltigkeit
der Arbeitsarten, durch die Geltung der je besonderen Arbeit, durch das Maß der Teil-
nahme am Genuß der produzierten Güter, durch die Arbeitsorganisationen, die Art ih-
rer Führung, die Weise von Befehl und Gehorsam, durch den Geist der gemeinschaft-
lichen Stimmung und Solidarität der Arbeitenden.
Die Aufgaben der Veränderung zugunsten der Würde des Menschen sind daher nicht
aus einem einzigen Prinzip zu lösen und nicht auf einen einzigen Nenner zu bringen.
Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
sehen; Arbeit zeigt die Leere des weltlichen Treibens, den Schein der Betriebsamkeit,
verführt zur Zerstreuung und verschleiert das Wesentliche. - Protestanten aber sehen
147 in der Arbeit den großen Segen. Milton59 schildert das Heil des | Menschen in der Ver-
treibung aus dem Paradies; Adam und Eva ließen bald ihre Tränen trocknen:
Vor ihnen lag die große weite Welt,
Wo sie den Ruheplatz sich wählen konnten,
Die Vorsehung des Herrn als Führerin ...
Der Engel Michael sagt zu Adam:
Nun füge zu dem Wissen auch die Tat...
Dann läßt du ungern nicht dies Paradies,
Du trägst in dir ja ein viel sel’geres,
Der Calvinismus sah im Erfolg der Arbeit ein Zeichen der Erwähltheit. Der Pflichtbe-
griff des weltlichen Berufes blieb später als Folge religiöser Konzeption auch ohne Re-
ligion erhalten. Arbeitslust und Segen der Arbeit, die Ehre der Arbeit und die Leistung
als Maßstab des Menschenwertes sind auf diesem Boden gewachsen. Auf ihm gilt so-
wohl die Forderung: »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen«, - als auch der innere
Segen: »Arbeiten und nicht verzweifeln.«
In der modernen Welt ist die Bejahung der Arbeit allgemein. Wenn aber die Arbeit
geradezu zur Würde des Menschen, zur Auszeichnung seines Wesens als Mensch
wurde, dann zeigte sich alsbald ein doppelter Aspekt der Arbeit: einerseits im Ideal des
arbeitenden Menschen, und andererseits im Bild des realen durchschnittlichen Arbei-
tens, in dem der Mensch sich entfremdet ist durch die Weise der Arbeit und Arbeits-
ordnung.
Aus dieser Doppeltheit entspringt der Impuls, die Menschenwelt zu verändern, da-
mit der Mensch zur rechten Weise des Arbeitens im Hervorbringen des Ganzen seiner
Welt finde. Die falsche, ihn sich entfremdende, ausbeutende, zwangshafte Weise des Ar-
beitens sei zu überwinden. Maßstab ist, was Hegel sagte: »Dieses ist das unendliche Recht
des Subjekts, daß es sich selbst in einer Tätigkeit und Arbeit befriedigt findet« (11,50).60
Das Problem der Arbeit im Zusammenhang mit der Würde, dem Anspruch und der
Pflicht des Menschseins wird, wenn man nur eine einzige Arbeit überhaupt sieht, falsch
148 vereinfacht. In der Tat ist ja die Arbeit ungemein verschieden in der Mannigfaltigkeit
der Arbeitsarten, durch die Geltung der je besonderen Arbeit, durch das Maß der Teil-
nahme am Genuß der produzierten Güter, durch die Arbeitsorganisationen, die Art ih-
rer Führung, die Weise von Befehl und Gehorsam, durch den Geist der gemeinschaft-
lichen Stimmung und Solidarität der Arbeitenden.
Die Aufgaben der Veränderung zugunsten der Würde des Menschen sind daher nicht
aus einem einzigen Prinzip zu lösen und nicht auf einen einzigen Nenner zu bringen.