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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0145
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

Bösen zu gebrauchen. In ihr selber liegt keine Idee, weder eine Vollendungsidee noch
eine teuflische Zerstörungsidee. Beides komme aus anderen Ursprüngen im Menschen,
von denen her erst der Technik Sinn verliehen werde.
Heute scheint es schon charakteristisch, daß in Europa der prometheische Enthusias-
mus an der Technik fast verschwunden ist, ohne daß der Erfindungsgeist gelähmt wäre.
Die gefährliche Kinderfreude an der Technik ist vorbei oder auf primitivere Menschen
übergegangen, die eben erst mit der Technik, sie sich zu eigen machend, bekannt werden.
Auf dem Wege des technischen Zeitalters aber, dessen Ziel und Ende weder klar
150 noch gewiß sind, geschieht jedenfalls zu|nächst jene Einschmelzung und zweideutige
Neubildung, die wir in einzelnen Momenten erörtern wollen:

1. Entfernung von der Natur und neue Nähe zur Natur
Der Mensch wird aus seiner gegebenen bloß »natürlichen« Umwelt gerissen. Der erste
Schritt der Menschwerdung war die durch ihn selbst vollzogene »Domestikation«.
Diese aber blieb bis vor einhundert Jahren handlich übersehbar, eine wirkliche Um-
welt, ein Ganzes.
Jetzt wird eine neue Umwelt geschaffen, darin muß irgendwie eine »natürliche Um-
welt« - nun als abhängige und relative - sich wiederherstellen, mit einem grundsätz-
lich anderen Bewußtsein.
Im technischen Tun ist das Machen das Wesentliche. Der Zweck und mit ihm die
technische Apparatur steht für das Bewußtsein im Vordergrund, das natürlich Gege-
bene dagegen tritt zurück in das Dunkel. Die Natur aber, die dem technischen Tun vor
Augen ist, ist das Mechanische und ist das durch Forschung gewußte Unsichtbare (wie
die Elektrizität), mit dem ich in dem immer bleibenden Rahmen der mechanischen
Umwelt indirekt operieren kann.
Wer dieses Wissen nicht erwirbt, sondern sich auf die Nutzung beschränkt - im
Stellen der Schalter, im Fahren mit der elektrischen Bahn -, der macht nur primitive
Handgriffe ohne eine Ahnung dessen, was eigentlich vor sich geht. So können Men-
schen ohne jede Beziehung zur Natur die unbegriffene Technik bedienen - wenigstens
auf manchen Gebieten -, während die natürliche Technik der Mechanik früherer Zei-
ten Übung und Können durch leibliche Geschicklichkeit verlangte.
Die der Technik gegebene Natur erfordert aber in vielen Bereichen eine für diese
sachgemäße Nähe. Viele technische Apparate erfordern eine spezifische Geschick-
lichkeit des Leibes, von der Schreibmaschine bis zum Auto und gesteigert beim Flug-
zeug. Aber es ist fast immer eine einseitige, partikulare und extreme Geschicklichkeit
und eine Ertragensfähigkeit des Leibes, keine Durchbildung des Leibeslebens im Gan-
zen (etwa der Unterschied von Radfahrer und Fußgänger). - Zum Umgang mit techni-
151 sehen Apparaten bedarf es weiter eines Wissens. Das praktisch | Wesentliche ist dann
eine Geschicklichkeit im Ausnutzen des technischen Wissens, um jeweils die rechten
Angriffspunkte zu finden, von denen aus der Zweck zu erreichen ist, und um gegen-
 
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