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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0148
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

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Grenze der Technik ist, daß sie nicht aus sich selbst für sich da sein kann, sondern
Mittel bleibt. Dadurch ist sie zweideutig. Weil sie selbst keine Ziele steckt, steht sie jen-
seits oder vor allem Gut | und Böse. Sie kann dem Heil und dem Unheil dienen. Sie ist 154
beidem gegenüber an sich neutral. Eben darum bedarf sie der Führung.
Ob diese Führung aus der Daseinsangemessenheit der natürlichen Umwelt im Gan-
zen erwachsen kann? aus dem Entdecken selber und den erweiterten Bedürfnissen?
Solche Fragen zielen auf das Nichtgewußte und doch vielleicht Sinnvolle im Gang der
Dinge, als ob ein Plan sich verwirkliche, - oder auch als ob ein Teufel sich dessen be-
mächtige. Wenig Vertrauen ist in solchen unbewußten Gang der Dinge zu setzen. Die
Führung der Technik kann nicht aus der Technik selbst gefunden, sondern muß aus be-
wußtem Ethos gesucht werden. Der Mensch selbst muß zur Führung zurückfinden. Seine
Bedürfnisse muß er zur Klarheit bringen, prüfen und ihre Rangordnung bestimmen.
2. Technik ist beschränkt auf den Mechanismus, das Leblose, das Universelle: Technik hat
immer nur das mechanisch Faßliche in ihrer Hand. Sie verwandelt ihren Gegenstand in
Mechanismus, damit in Apparat und Maschine. Angesichts der unerwartet großartigen
Erfolge dieser mechanischen Möglichkeiten kann technisch alles als möglich erschei-
nen. Es entwickelt sich dann eine Grundeinstellung des täuschenden Erwartens, alles
machen zu können. Solche Verabsolutierung des Technischen verkennt aber die Wirk-
lichkeit, die überall mehr als Technik fordert, wenn auch in allem Tun eine Technik als
Voraussetzung steckt, der Mechanismus gleichsam nur das Knochengerüst bringt. Das
Verhalten zur Natur in Pflege und Züchtung, zum Menschen in Erziehen und in Kom-
munikation, das Hervorbringen geistiger Werke, ja das Erfinden selber ist technisch
nach Regeln nicht zu leisten. Fälschlich soll durch Technik gemacht werden, was nur
aus lebendigem Geiste geschaffen werden kann. Sogar Malerei, Dichtung, Wissenschaft
haben zwar Technik als Mittel, werden aber leer als nur technische Produkte.
Grenze der Technik ist ihre Beschränkung auf das Leblose. Der Verstand, der das Ma-
chen der Technik beherrscht, ist nur dem Leblosen, dem Mechanischen im weitesten
Sinne angepaßt. Darum kann Technik dem Leben gegenüber nur verfahren, indem sie
mit ihm wie mit einem unlebendig Gewordenen umgeht, z. B. in der Agrikulturche-
mie, in den modernen Züchtungen und | Behandlungen mit Hormonen, Vitaminen, 155
etwa zu maximaler Milcherzeugung u. dergl. Es ist auch ein merkwürdiger Unterschied
zwischen der technischen Züchtung (etwa der modernen Blumen), die diese sensatio-
nellen, extremen Effekte unter dem Gesichtspunkt des Rekords erzielt, und den ge-
schichtlichen Züchtungen der Jahrtausende in China; es ist der Unterschied wie von
Fabrikat und lebendigem Kunstwerk.
Was durch Technik hervorgebracht wird, hat einen universellen, keinen individuel-
len Charakter. Zwar kann Technik verwendet werden zur Herstellung eines einmaligen
Gebildes in einem geschichtlichen Schaffensprozeß. Aber Technik als solche geht auf
Typen und auf Massenproduktion. Die Grenze der Technik durch ihre Bindung an das
Universelle macht sie in ihrer allgemeinen Übertragbarkeit allen Völkern zugänglich.
 
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