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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0150
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

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Ende im Wesentlichen da wäre, so bleibt immer noch die gewaltige quantitative Stei-
gerung durch Verwandlung der gesamten Erdoberfläche in ein einziges Nutzungsfeld.
Für eine mögliche Vollendung oder ein Ende der technischen Erfindungen ist kein
Beweis zu erbringen. Aber es gibt Hinweise und Wahrscheinlichkeiten: Der Vergleich
des Umfangs an Neuerfindungen vor 1939 in den U.S.A., in England, Deutschland,
Frankreich, Rußland zeigt so gewaltige Unterschiede, daß man | geradezu von einem 157
Erlahmen in einigen Gebieten, von einer Eruption in anderen reden kann. Die Zu-
stände und Chancen und der gemeinsame »Geist« in einer Bevölkerung spielen eine
so große Rolle, daß mit der leichten Zerstörbarkeit dieses Geistes das gesamte Erfin-
dungswesen auf gefährdeter Grundlage steht. - Die Technik selbst übt vielleicht auf
den Menschen eine ungünstige Rückwirkung: Das durch Technik bezwungene Leben
bringt die Voraussetzung der wissenschaftlich-technischen Entwicklung, die im Ent-
scheidenden an freie Geistigkeit gebunden ist, zum Erlöschen. Es ist jetzt schon sicht-
bar ein gewaltiger Unterschied zwischen den großen Erfindern und Unternehmern im
19. Jahrhundert und dem heutigen organisierten, immer anonymer werdenden Vor-
antreiben. - Die erst eben einsetzende Verwehrung der Öffentlichkeit bei kriegswich-
tigen Forschungen und Erfindungen könnte ein Symptom des Endes sein, zumal bei
dem unabsehbaren Umfang des Kreises der davon betroffenen Forschung.
3. Wahrnehmung der Dämonie der Technik
Das Wort »Dämonie« soll nicht besagen, daß Dämonen wirken. Dämonen gibt es
nicht. Das Wort trifft vielmehr ein von Menschen Hervorgebrachtes und doch Unge-
wolltes; ein Bezwingendes, das Konsequenzen für das Ganze des Daseins hat; das Wi-
derstehende, das undurchschaut bleibt; das gleichsam hintenherum Geschehende;
das Unoffenbare.
Hellsichtige Menschen erfaßte schon früh ein Grauen vor der technischen Welt
ohne eigentliche Einsicht. Goethe’s Kampf gegen Newton61 ist nur aus der Erschütte-
rung zu verstehen, welche die exakte Naturwissenschaft bei ihm bewirkte aus dem un-
bewußten Wissen um die Katastrophe der Menschenwelt, die im Anzuge war. J. Burck-
hardt62 konnte Eisenbahnen und Tunnel nicht leiden und benutzte sie doch. Menschen,
deren Handwerk durch Maschinen brotlos wurde, haben Maschinen zerstört.
Demgegenüber stand der Fortschrittsglaube, der von der neuen Naturerkenntnis
und Technik nur Glück erwartete. Er war blind. Denn er sah nur Mißbrauch innerhalb
der Technik, der durchschaubar und korrigierbar schien, nicht die tieferen in der Tech-
nik | verborgenen Gefahren. Der Fortschrittsglaube verkannte die Beschränkung des 158
Fortschritts auf Wissen und Technik und die Unmöglichkeit, daß von hier aus der Fort-
schritt im Ganzen des Menschseins sich ergeben würde. Heute liegt klar zu Tage, was
man die Dämonie der Technik genannt hat. Fassen wir diese unerwarteten Umkehrun-
gen, die aus der Technik sich gegen den Menschen wenden, in einige Sätze aus unse-
ren bisherigen Erörterungen zusammen:
 
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