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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0137
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114 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum

ein Buddha auf einem sehr wenig indischen Boden" (AC 31, KSA 6, 202, 25 f.,
vgl. Müller-Lauter 1971, 88 f.).
N.s Interesse in AC ist nicht die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen
Jesus und Buddha, sondern vielmehr zwischen dem institutionalisierten Chris-
tentum auf der einen, Buddha und Jesus auf der andern Seite. Die antichristli-
che Polemik schließt von der Gründerfigur Gotama Buddha auf die reale Ver-
fassung des Buddhismus als Religionsgemeinschaft — eine Verfahrensweise,
die N. beim Christentum und seinem unfreiwilligen Gründer Jesus vollkommen
abwegig fände. Hellwald 1877a, 2, 185 merkt sogar an, dass der Buddhismus
im Laufe seiner Geschichte noch „mehr Veränderungen durchlebte" als das
Christentum.
187, 20 f. In der Lehre Buddha's wird der Egoismus Pflicht] Vgl. Hellwald 1876,
1, 196 f.: „Wird einerseits die Toleranz des Buddhismus rühmend hervorgeho-
ben, der allerdings niemals das Schwert zur Hand nahm, um sich seine fünft-
halb hundert Millionen Bekenner zu unterwerfen, so wollen wir andererseits
nicht vergessen, dass, da der Zweck des buddhistischen Mönchssystems durch-
aus persönlicher Natur, die Erlangung individueller Glückseligkeit war, es
unfehlbar äußerste Selbstsucht erzeugen musste. Es prägte jedem ein, einerlei
was aus allen Uebrigen werden möchte, sein eigenes Heil zu suchen. [...] In
wirthschaftlicher Hinsicht waren die Folgen nicht minder traurig, denn eine
Religion, welche die Glückseligkeit in der Ruhe, der Unthätigkeit sucht, ist
eine geborene Feindin der /197/ Arbeit, die allein Werthe schafft. Von diesem
Gesichtspuncte aus darf man den Buddhismus eine Religion der Faulheit nen-
nen."
187, 21 „Eins ist Noth"] Lukas 10, 42, vgl. NK 217, 17 u. NK KSA 6, 32, 16.
187, 21 f. das „wie kommst du vom Leiden los" regulirt und begrenzt die ganze
geistige Diät] „Die Lehre des Buddhismus [...] will nicht eine Philosophie sein,
welche den letzten Gründen der Dinge nachforscht, die Weiten und Tiefen des
Weltalls erschliesst. Sie wendet sich an den in Leiden versunkenen Menschen
und indem sie ihn sein Leiden verstehen lehrt, zeigt sie ihm den Weg, dasselbe
mit der Wurzel zu vernichten. Dies ist das einzige Problem, welches das bud-
dhistische Denken beschäftigt." (Oldenberg 1881, 209).
187, 22 geistige Diät] N. konnte diese seinerzeit bereits geläufige Formulie-
rung, die in EH Warum ich so klug bin 2, KSA 6, 283, 22 wiederholt wird, etwa
bei Schöll 1882, 65 finden, der über Goethe schreibt: „Er erwarb sich eine
geistige Diät, eine bedachte Oekonomie seiner Neigungen und Obliegenhei-
ten."
187, 22-26 man darf sich vielleicht an jenen Athener erinnern, der der reinen
„ Wissenschaftlichkeit" gleichfalls den Krieg machte, an Sokrates, der den Perso-
 
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