Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0149
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
126 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum

Kult nennt Renan Ovid: Ars amatoria I 75. „Eine Menge anderer Götter waren
angenommen worden ohne Widerspruch, sogar mit Wohlwollen. Die himmli-
sche /575/ Juno, die asiatische Bellona, Sabazius, Adonis, die syrische Göttin
mit ihren Anhängern. Die Soldaten waren das Vehikel dieser verschiedenen
Kulte"). Das zeitgenössische Wissen fasst Meyer 1885-1892, 1, 129 zusammen:
„Adonis, im griech. Mythus ein Jüngling von sprichwörtlich gewordener Schön-
heit [...]. Um die Gunst des lieblichen Knaben buhlte Aphrodite. [...] Ein Eber,
von Artemis gesendet, verwundete ihn tödlich. Aphrodite konnte den Geliebten
nicht vom Tod erretten, doch erlangte sie von Zeus, daß er jährlich nur sechs
Monate im Schattenreich bei Persephone, die ihn nicht minder liebte, die andre
Hälfte des Jahrs dagegen bei ihr auf der Oberwelt verweile. Dem A. war ein
feierlicher und zeremonienreicher Kultus gewidmet, dessen Ursprung im Orient
zu suchen ist, und der, wie der Osirisdienst in Ägypten und die Julfeste unsers
germanischen Nordens, den Jubel über die wieder steigende Sonne und wieder
erwachende Schöpfung sowie die Klage über beide, wenn sie gleichsam begra-
ben sind, zum Mittelpunkt hat." Zum sozialen Hintergrund spezifisch weibli-
cher Frömmigkeit siehe auch NK 235, 22-24.
191, 3-7 Die Liebe ist der Zustand, wo der Mensch die Dinge am meisten so
sieht, wie sie nicht sind. Die illusorische Kraft ist da auf ihrer Höhe, ebenso
die versüssende, die verklärende Kraft. Man erträgt in der Liebe mehr als
sonst, man duldet Alles.] Herrmann 1887, 224 betrachtet die „Geschlechtsliebe
in ihrer idealsten Entwicklung als ein Narcoticum" (von N. mit Randstrich mar-
kiert), als ein „physiologische[s] Blendwerk[.] der Natur" (Kursiviertes von N.
unterstrichen). Und weiter: „Der Liebende schaut stets im Superlativ von Licht
und Freude, er vermag in der Kuhmagd eine Göttin zu erblicken." (Herrmann
1887, 223. Von N. mit Randstrich markiert; Kursiviertes von ihm unterstrichen.)
Vgl. auch NK KSA 6, 141, 34-142, 12.
191, 10 die drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung] Vgl. 1. Korinther
13, 13.

24
Der Abschnitt stand im Druckmanuskript unter dem Titel „Die Wurzeln des
Christenthums" (KSA 14, 440). Damit und mit 191, 15 f. ist die Anlehnung an
und zugleich die Abgrenzung von Renans Histoire des origines du Christianisme
deutlich markiert: Was Renan in sieben dicken Bänden ausbreitet, erledigt N.
auf wenigen Seiten.
191, 16-20 das Christenthum ist einzig aus dem Boden zu verstehn, aus dem es
gewachsen ist, — es ist nicht eine Gegenbewegung gegen den jüdischen In-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften