Stellenkommentar EH GT, KSA 6, S. 312-313 489
gehens] wird von Heraklit in den verschiedensten Formen gelehrt. Bald indem
er beide Wege als einen bezeichnet, bald indem er von einem Abwechseln des
Verlangens und der Sättigung spricht, oder auch von einem Spiel in welchem
die Welt producirt werde, bald indem er sagt, dass die Nothwendigkeit die
beiden Gegenströmungen regele. [...] Persisch-magische Einflüsse hat man
wohl mit Recht darin gefunden, dass die Dienerinnen dieser Macht, welche er
den Saamen alles Geschehens und das Maas aller Ordnung nennt, Zungen
genannt werden. Dagegen schliesst sich Heraklit der vaterländischen Mytholo-
gie an, wenn er neben den Zeus (d. h. das Urfeuer) als die beiden Seiten seines
Wesens den Apollon und den Dionysos stellt. [...] /44/ [...] Das Uebergehn in
die starre Leiblichkeit wird darum bald als Verlöschen bald als Feuchtwerden
bezeichnet, das Feurigwerden dagegen ist ein Lebendigerwerden. Darum ist,
selbst wenn der bei den Stoikern vorkommende Ausdruck EKnvpwoig Herakli-
tisch wäre, darunter kein Untergang zu verstehn, sondern vielmehr in dem
ewigen Kreislauf aller Dinge, dessen Ablauf das grosse Jahr des Heraklits seyn
mochte, der eine Wendepunkt, welchem als der diametral entgegengesetzte
das Werden zum Erdschlamm gegenüberstünde." (Erdmann 1869, 1, 43 f.) In
der aus dem Nachlass herausgegebenen Metaphysile von Friedrich Harms
(1819-1880) wird bei der Beschreibung verschiedener Formen des Pantheismus
bündig formuliert: „Das System der Kreisbewegung findet sich bei
Heraklit und den Stoikern. Die Welt wird bis zu einem höchsten Punkt
stetig vollkommener. Hat sie diesen erreicht, so kehrt sie wieder in den ersten
anfänglichen unvollkommenen Zustand zurück, um von Neuem diesen Kreis
zu durchlaufen. Das ist die ewige Wiederkehr aller Dinge in Gott." (Harms
1885, 120) Der charakteristische Zusatz „in Gott" fehlt natürlich in N.s Konzept
der Ewigen Wiederkunft; ohnehin lässt sich eine direkte Kenntnisnahme von
Harms' Metaphysile bei N. nicht nachweisen.
4
313, 21f. schonungslose Vernichtung alles Entartenden und Parasitischen] Vgl.
NK KSA 6, 18, 13-18 und NK KSA 6, 195, 20 f. Diese Vernichtung war zumindest
in der Vorlage, wo es um Vögel ging, rabiat physisch gemeint: „Beseitigung
der parasitischen Menschen ist Sinn der Strafe. / Vögel, welche einem
Büffel die Parasiten abwehren, davon leben, — dankbar dadurch, daß sie ihm
die Ankunft eines Feindes anzeigen. — Bedeutung der Polizei. Espinas
p. 159." (NL 1883, KSA 10, 7[244], 318) N. erprobt die Anwendbarkeit einer biolo-
gischen Beobachtung auf die Menschen, was Espinas 1879, 159 unterlässt: „Der
Regenpfeifer macht selbst im Rachen des Krokodiles auf die Parasiten Jagd,
gehens] wird von Heraklit in den verschiedensten Formen gelehrt. Bald indem
er beide Wege als einen bezeichnet, bald indem er von einem Abwechseln des
Verlangens und der Sättigung spricht, oder auch von einem Spiel in welchem
die Welt producirt werde, bald indem er sagt, dass die Nothwendigkeit die
beiden Gegenströmungen regele. [...] Persisch-magische Einflüsse hat man
wohl mit Recht darin gefunden, dass die Dienerinnen dieser Macht, welche er
den Saamen alles Geschehens und das Maas aller Ordnung nennt, Zungen
genannt werden. Dagegen schliesst sich Heraklit der vaterländischen Mytholo-
gie an, wenn er neben den Zeus (d. h. das Urfeuer) als die beiden Seiten seines
Wesens den Apollon und den Dionysos stellt. [...] /44/ [...] Das Uebergehn in
die starre Leiblichkeit wird darum bald als Verlöschen bald als Feuchtwerden
bezeichnet, das Feurigwerden dagegen ist ein Lebendigerwerden. Darum ist,
selbst wenn der bei den Stoikern vorkommende Ausdruck EKnvpwoig Herakli-
tisch wäre, darunter kein Untergang zu verstehn, sondern vielmehr in dem
ewigen Kreislauf aller Dinge, dessen Ablauf das grosse Jahr des Heraklits seyn
mochte, der eine Wendepunkt, welchem als der diametral entgegengesetzte
das Werden zum Erdschlamm gegenüberstünde." (Erdmann 1869, 1, 43 f.) In
der aus dem Nachlass herausgegebenen Metaphysile von Friedrich Harms
(1819-1880) wird bei der Beschreibung verschiedener Formen des Pantheismus
bündig formuliert: „Das System der Kreisbewegung findet sich bei
Heraklit und den Stoikern. Die Welt wird bis zu einem höchsten Punkt
stetig vollkommener. Hat sie diesen erreicht, so kehrt sie wieder in den ersten
anfänglichen unvollkommenen Zustand zurück, um von Neuem diesen Kreis
zu durchlaufen. Das ist die ewige Wiederkehr aller Dinge in Gott." (Harms
1885, 120) Der charakteristische Zusatz „in Gott" fehlt natürlich in N.s Konzept
der Ewigen Wiederkunft; ohnehin lässt sich eine direkte Kenntnisnahme von
Harms' Metaphysile bei N. nicht nachweisen.
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313, 21f. schonungslose Vernichtung alles Entartenden und Parasitischen] Vgl.
NK KSA 6, 18, 13-18 und NK KSA 6, 195, 20 f. Diese Vernichtung war zumindest
in der Vorlage, wo es um Vögel ging, rabiat physisch gemeint: „Beseitigung
der parasitischen Menschen ist Sinn der Strafe. / Vögel, welche einem
Büffel die Parasiten abwehren, davon leben, — dankbar dadurch, daß sie ihm
die Ankunft eines Feindes anzeigen. — Bedeutung der Polizei. Espinas
p. 159." (NL 1883, KSA 10, 7[244], 318) N. erprobt die Anwendbarkeit einer biolo-
gischen Beobachtung auf die Menschen, was Espinas 1879, 159 unterlässt: „Der
Regenpfeifer macht selbst im Rachen des Krokodiles auf die Parasiten Jagd,