748 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen
527 (KGW IX 4, W I 3, 92, 1-8); NL 1885, KSA 11, 38[5], 599 und NL 1888/89,
KSA 13, 25[8], 641 jeweils im Zusammenhang mit Stendhal als von Condillac
beeinflusster (und von N. bewunderter) Denker vor (das hatte sich N. auch in
Bourgets Nouveaux essais de psychologie contemporaine entsprechend mar-
kiert, vgl. Bourget 1886, 193). Kritik gegen Condillac nahm N. etwa in Eugen
Dührings Kritischer Geschichte der Nationalökonomie zur Kenntnis: „Höchst
sonderbarerweise werden Condillac und Beccaria zu Grössen aufgetrieben,
durch welche Adam Smith verdunkelt werden soll. [...] Der auch in der Philoso-
phie, wo er allein erwähnt zu werden verdient, trocken schulmässige, langwei-
lige und oberflächliche Condillac, der mit seinem bornirten und platten Sen-
sualismus zu dem originalen und geistig regsamen Materialismus eines
Lamettrie im beschämendsten Contrast steht, — dieser scholastische Verwässe-
rer Lockes hat mit seinen Plattitüden über den Handel und seinen Verkehrthei-
ten über den Werth höchstens den Anspruch, als psychologisches Beispiel für
die Verirrungen der gemeinen Reflexion über politisch ökonomische Gegen-
stände zu figuriren." (Dühring 1875, 456; Kursiviertes von N. unterstrichen,
Randstriche).
Eine Stelle, die neben diversen anderen Condillac, Hume und Kant als
Repräsentanten einer sich im Unterschied zur modernen Gehirnphysiologie
(physiologie cerebrale) mit komplexen psychischen Phänomenen sich beschäf-
tigenden Wissenschaftsrichtung nennt, hat sich N. bei Roberty 1887, 69 ange-
strichen. Roberty 1887, 136 lehnt es freilich ab, Condillac als Erfinder des Sen-
sualismus zu akzeptieren. Auch die einschlägige Anmerkung zu Condillac hat
N. während der Entstehungszeit von FW 370 mit dem Bleistift gelesen, wo es
u. a. heißt: „Condillac attribuait une grande valeur ä la langue: ,Une science
bien traitee, disait-il, n'est qu'une langue bien faite.' Il ne veut pas se laisser
tromper par le caractere illusoire des symboles verbaux dans les hautes specu-
lations: ,Parce que nous donnons des noms ä des choses dont nous avons une
idee', dit-il dans sa Logique ou premiers developpements de l'art de penser
(1780), ,on suppose que nous avons une idee de toutes celles auxquelles nous
donnons des noms'. C'est ce qu'ont toujours affirme Locke et Hume; c'est aussi
la these soutenue par Diderot. Les services rendus par Condillac ä la science
psychologique ne sauraient etre mis en doute; il a ete un des premiers ä aperce-
voir clairement que non seulement les idees, mais les fonctions psychiques elles-
memes etaient le resultat d'une evolution organique" (Roberty 1887, 346,
Anm. 19; Randmarkierung; kursivierter Passus am Schluss von N. unterstri-
chen. „Condillac schrieb der Sprache einen großen Wert zu: ,Eine gut behan-
delte Wissenschaft', sagte er, ,ist nichts anderes als eine gut gemachte Spra-
che.' Er will sich nicht täuschen lassen durch den illusorischen Charakter der
sprachlichen Symbole in den hohen Spekulationen: ,Weil wir den Dingen
527 (KGW IX 4, W I 3, 92, 1-8); NL 1885, KSA 11, 38[5], 599 und NL 1888/89,
KSA 13, 25[8], 641 jeweils im Zusammenhang mit Stendhal als von Condillac
beeinflusster (und von N. bewunderter) Denker vor (das hatte sich N. auch in
Bourgets Nouveaux essais de psychologie contemporaine entsprechend mar-
kiert, vgl. Bourget 1886, 193). Kritik gegen Condillac nahm N. etwa in Eugen
Dührings Kritischer Geschichte der Nationalökonomie zur Kenntnis: „Höchst
sonderbarerweise werden Condillac und Beccaria zu Grössen aufgetrieben,
durch welche Adam Smith verdunkelt werden soll. [...] Der auch in der Philoso-
phie, wo er allein erwähnt zu werden verdient, trocken schulmässige, langwei-
lige und oberflächliche Condillac, der mit seinem bornirten und platten Sen-
sualismus zu dem originalen und geistig regsamen Materialismus eines
Lamettrie im beschämendsten Contrast steht, — dieser scholastische Verwässe-
rer Lockes hat mit seinen Plattitüden über den Handel und seinen Verkehrthei-
ten über den Werth höchstens den Anspruch, als psychologisches Beispiel für
die Verirrungen der gemeinen Reflexion über politisch ökonomische Gegen-
stände zu figuriren." (Dühring 1875, 456; Kursiviertes von N. unterstrichen,
Randstriche).
Eine Stelle, die neben diversen anderen Condillac, Hume und Kant als
Repräsentanten einer sich im Unterschied zur modernen Gehirnphysiologie
(physiologie cerebrale) mit komplexen psychischen Phänomenen sich beschäf-
tigenden Wissenschaftsrichtung nennt, hat sich N. bei Roberty 1887, 69 ange-
strichen. Roberty 1887, 136 lehnt es freilich ab, Condillac als Erfinder des Sen-
sualismus zu akzeptieren. Auch die einschlägige Anmerkung zu Condillac hat
N. während der Entstehungszeit von FW 370 mit dem Bleistift gelesen, wo es
u. a. heißt: „Condillac attribuait une grande valeur ä la langue: ,Une science
bien traitee, disait-il, n'est qu'une langue bien faite.' Il ne veut pas se laisser
tromper par le caractere illusoire des symboles verbaux dans les hautes specu-
lations: ,Parce que nous donnons des noms ä des choses dont nous avons une
idee', dit-il dans sa Logique ou premiers developpements de l'art de penser
(1780), ,on suppose que nous avons une idee de toutes celles auxquelles nous
donnons des noms'. C'est ce qu'ont toujours affirme Locke et Hume; c'est aussi
la these soutenue par Diderot. Les services rendus par Condillac ä la science
psychologique ne sauraient etre mis en doute; il a ete un des premiers ä aperce-
voir clairement que non seulement les idees, mais les fonctions psychiques elles-
memes etaient le resultat d'une evolution organique" (Roberty 1887, 346,
Anm. 19; Randmarkierung; kursivierter Passus am Schluss von N. unterstri-
chen. „Condillac schrieb der Sprache einen großen Wert zu: ,Eine gut behan-
delte Wissenschaft', sagte er, ,ist nichts anderes als eine gut gemachte Spra-
che.' Er will sich nicht täuschen lassen durch den illusorischen Charakter der
sprachlichen Symbole in den hohen Spekulationen: ,Weil wir den Dingen