Sprachliche Texte - Genetische Texte
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tiv instrumentalisiert, was in der gesprochenen Sprache nicht
möglich ist63: Die Abfolge der Informationseinheiten auf dem
genetischen Lochstreifen ist zwar linear; der Doppelwendei, in
dessen Form der genetische Lochstreifen gekleidet ist, hat
jedoch genauso räumliche Eigenschaften wie sie die Nukleotide
selbst haben. Er kann sogar, wie wir gesehen haben, die Form
eines Wendeis zweiten und selbst dritten Grades annehmen64.
So gibt es andere als die im sprachlichen Code gewohnten Mög-
lichkeiten, metakommunikative Information zu signalisieren,
etwa Instruktionen für die Transkription (oder Nicht-Transkrip-
tion) von Genen: Es geht um Oberflächen, die genau aufeinan-
der passen, es geht um elektrostatische Kräfte, insbesondere in
Form von Wasserstoffbrücken, die leicht wieder gelöst werden
können65.
Das räumliche Erkennen von bestimmten Sequenzen durch
Signale in Form von Polypeptid-Ketten ist wohl auch mit die
Ursache dafür, daß bestimmte Sequenzen des genetischen Loch-
streifens nur eine Art Füll- oder Spielmaterial darstellen, das die
Distanz überbrückt, die aus rein räumlichen Gründen für das
„Erkennen“ durch metakommunikative Proteine nötig ist.
Solche metakommunikativen Polypeptid-Ketten haben ja selbst
eine bestimmte Mindestausdehnung. Wie etwa das Beispiel der
verschiedenen Zinkfmger (oder das der Homöodomänen-Pro-
teine) zeigt, ist die für das „Andocken“ benötigte Zone der DN S
in der Regel wesentlich breiter als die spezifischen Nukleotid-
Sequenzen, die dabei „erkannt“ werden müssen. So erklärt sich
vielleicht auch das Verhältnis von Sequenzen eines Gens, die
definitiv in mRNS und dann in Polypeptid-Ketten übertragen
werden (sogenannte „Exons“), während andere als irrelevant
wieder aus der mRNS-Kette herausgeschnitten werden (die
„Introns“)66.
63 Vgl. zu den anderen Verhältnissen beim geschriebenen Text und den Folgen,
die sich für uns daraus ergeben haben, Raible 1991.
64 Dies bedeutet, daß auch der jeweilige „Aggregatzustand“ des Doppelwendels
eine Rolle bei der Transkription spielen kann, und damit zumindest indirekt
auch die Histone, um die sich der Doppelwendei windet. Vgl. hierzu etwa Grün-
stem 1992.
65 Vgl. hierzu etwa auch Saenger 1991.
66 Diese Entdeckung wurde erst 1977 gemacht. Die Bezeichnung „Exon“ (vs.
„Intron“ ) wurde von Walter Gilbert geprägt.
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tiv instrumentalisiert, was in der gesprochenen Sprache nicht
möglich ist63: Die Abfolge der Informationseinheiten auf dem
genetischen Lochstreifen ist zwar linear; der Doppelwendei, in
dessen Form der genetische Lochstreifen gekleidet ist, hat
jedoch genauso räumliche Eigenschaften wie sie die Nukleotide
selbst haben. Er kann sogar, wie wir gesehen haben, die Form
eines Wendeis zweiten und selbst dritten Grades annehmen64.
So gibt es andere als die im sprachlichen Code gewohnten Mög-
lichkeiten, metakommunikative Information zu signalisieren,
etwa Instruktionen für die Transkription (oder Nicht-Transkrip-
tion) von Genen: Es geht um Oberflächen, die genau aufeinan-
der passen, es geht um elektrostatische Kräfte, insbesondere in
Form von Wasserstoffbrücken, die leicht wieder gelöst werden
können65.
Das räumliche Erkennen von bestimmten Sequenzen durch
Signale in Form von Polypeptid-Ketten ist wohl auch mit die
Ursache dafür, daß bestimmte Sequenzen des genetischen Loch-
streifens nur eine Art Füll- oder Spielmaterial darstellen, das die
Distanz überbrückt, die aus rein räumlichen Gründen für das
„Erkennen“ durch metakommunikative Proteine nötig ist.
Solche metakommunikativen Polypeptid-Ketten haben ja selbst
eine bestimmte Mindestausdehnung. Wie etwa das Beispiel der
verschiedenen Zinkfmger (oder das der Homöodomänen-Pro-
teine) zeigt, ist die für das „Andocken“ benötigte Zone der DN S
in der Regel wesentlich breiter als die spezifischen Nukleotid-
Sequenzen, die dabei „erkannt“ werden müssen. So erklärt sich
vielleicht auch das Verhältnis von Sequenzen eines Gens, die
definitiv in mRNS und dann in Polypeptid-Ketten übertragen
werden (sogenannte „Exons“), während andere als irrelevant
wieder aus der mRNS-Kette herausgeschnitten werden (die
„Introns“)66.
63 Vgl. zu den anderen Verhältnissen beim geschriebenen Text und den Folgen,
die sich für uns daraus ergeben haben, Raible 1991.
64 Dies bedeutet, daß auch der jeweilige „Aggregatzustand“ des Doppelwendels
eine Rolle bei der Transkription spielen kann, und damit zumindest indirekt
auch die Histone, um die sich der Doppelwendei windet. Vgl. hierzu etwa Grün-
stem 1992.
65 Vgl. hierzu etwa auch Saenger 1991.
66 Diese Entdeckung wurde erst 1977 gemacht. Die Bezeichnung „Exon“ (vs.
„Intron“ ) wurde von Walter Gilbert geprägt.