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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1993, 1. Abhandlung): Sprachliche Texte - genetische Texte: Sprachwissenschaft und molekulare Genetik ; vorgetragen am 28. November 1992 — Heidelberg: Winter, 1993

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48167#0068
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60

Wolfgang Raible

Biologie:
Kopieren der DN S
Text der DN S
RNS-Polymerasen & Ribosomen
(äußerst selektive Verarbeitung)
Sprache:
Produzent
Text
Rezipient (lineare Verarbeitung)

Schema 8.3: Parallelisierung zwischen sprachlicher und genetischer
Informationsverarbeitung auf der Ebene einer einzelnen Zelle.

Hier wird in beiden Fällen „gelesen“ - im einen Fall selektiv und
milliardenfach, im anderen Fall total und von - im Prinzip - einem
einzigen Rezipienten78.

8.4 Prinzip der doppelten Artikulation

Stellt man die doppelte Artikulation als ein fundamentales Prin-
zip für den Aufbau von Code-Systemen in den Mittelpunkt, so erge-
ben sich die folgenden Parallelisierungen:

Sprache
Biologie
Eigen/Winkler79
1. Arti-
kulation
Begrenztes Inventar
von Lauten
(Phoneme - sie be-
deuten allein nichts)
Begrenztes Inventar
von (4) Nukleotiden
(ein Nukleotid allein
bezeichnet nichts)
„Alphabet der
legislativen Sprache“
(Nukleinsäuren)
2. Arti-
kulation
Der Kombination von
Lauten zu Wörtern
entspricht eine
Bedeutung
Die Kombination von
drei Nukleotiden zu
einem Codon oder
Wort bezeichnet eine
Aminosäure
„Proteinalphabet“

Schema 8.4: Das Prinzip der doppelten Artikulation in der molekularen Genetik
und in der Sprache.

8.5 Parallelisierungen unter dem Aspekt der Hierarchiebildung
Auf der Ebene der zweiten Artikulation ist mit der Kombinatorik
die Hierarchiebildung verbunden. Entsprechende Vergleiche zwi-
schen den jeweils auszumachenden Hierarchieebenen sind selbst-
verständlich möglich. Bei Rene Thom (1978: 27) findet sich die fol-
gende - als Beispiel gedachte - Parallelisierung von sprachlichen
und biologischen Hierarchieebenen:

78 Vgl. dazu oben 6.3.
79 Vgl. Eigen/Winkler 1987 : 304ff.
 
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