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5. BEDENKEN ZUR REFORMIERUNG GEISTLICHER FÜRSTENTÜMER
Also zwar1 seint vorzeiten auch in Franckreich vnnd bei vnns vffkommen die Jo-
hanser2 vnnd deutschen orden3; alleine, das diese mit der zeit sich auch mit der
vormeinten4 pfafferei behenckt haben vnnd eheloß sein, auch der gemeinen vnnd
obern weinig dienen, wieder5 zu regirung noch in ehrligen kriegen, sunder seint als
herren vor sich selbst, die mit pfeffischer freiheit vnnd pracht das kirchen guth, das
sie ihnen mit entziehen vnnd vorterben6 vieler pfarren zu pracht, vorschwenden, so
die hispanischen Ritterorden ehelig seint vnnd in diensten der oberkheit verharren.
I 339v I
Nit aber alleine durch mittel dieser orden haben andere potentaten als konnig in Hi-
spania7, Franckreich8 vnnd Engellandt9 das kirchen guth zu iren diensten beide10
der regierung vnnd kriegen getzogen, sunder lengst gebrauchen sie hiertzu fast alle
furnheme prelaturen, Bischoffthumben, Epteien, Prioraten vnnd was nur etwas rei-
che gefelle11 hat, dann sie entweders iren dienern vnnd derselbigen zugewandten
soliche prelaturn leihen oder machen ihnen aber soliche prelaten zu dienen, geben
denen auch der prelaturn so viel, das durch diese Bischoffe vnnd prelaten der hoff-
pracht zum großen erhalten wurdt; die Stifft vnnd collegien wissen nichts mher von
der ordentlichen whal, die fursten geben vnnd ordens alles ires gefallens, Alleine, das
sie soliche leute, die sie mit den kirchen fellen begaben vnnd so reich machen, nit zu
ritterlichen diensten, sunder alleine zur regirung, wens zum besten gereth, den me-
ren teil aber alleine zum pracht vnnd allerlei vppigkheit gebrauchen. Vber das, so
diese potentaten zu iren kreigen12, die schon offt nit nothwendig seint, oder auch zu
andern sachen gelts bedorffen, leggen sie allen I J40r I genanten geistlichen auff, itzt
den zehenden, itzt den funfften, vnnd noch hoher gemessigten teil ires iarlichen ein-
kommens zugeben. Andere inuentiren13 der Closter vnnd Stifften einkommen vnnd
leggen ihnen so viel auff, gen hoffe14 zugeben vnnd zu vnderhalten, das deren prela-
ten solichen fursten die gantze administracion eher vbergeben, dann sie die vffge-
lechten beschwerden ertragen.
1. fürwahr, wahrlich.
2. Der Johanniterorden (Orden vom Hospital des hl. Johannes zu Jerusalem) entstand 1099 und
erhielt 1154 die päpstliche Anerkennung als geistlicher Ritterorden.
3. Der Deutsche Orden (Ordo fratrum hospitalis sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimita-
norum) wurde 1198/99 gegründet.
4. vermeinten, vermemtlichen.
5. sc. weder; zur Form vgl. Grimrn 27 (= XIII), Sp.2834.
6. sc. Verderben.
7. Vgl. oben S. 163,4-7.
8. Bereits Karl Martell, geb. um 688/689, gest. 741, griff auf das Kirchengut zur Finanzierung sei-
ner Kriege zurück; vgl. Nonn, Karl Martell, S.955 und Becker, Kirchengut, S.755.
9. Vgl. oben S. 155,13.
10. beide ... vnnd: sowohl... als auch.
11. Vgl. oben S. 163, Anm.4.
12. sc. Kriegen.
13. inventarisieren.
14. Zur Form »gen hofe« vgl. Grimm 5 (= IV,1,2), Sp. 3342.
5. BEDENKEN ZUR REFORMIERUNG GEISTLICHER FÜRSTENTÜMER
Also zwar1 seint vorzeiten auch in Franckreich vnnd bei vnns vffkommen die Jo-
hanser2 vnnd deutschen orden3; alleine, das diese mit der zeit sich auch mit der
vormeinten4 pfafferei behenckt haben vnnd eheloß sein, auch der gemeinen vnnd
obern weinig dienen, wieder5 zu regirung noch in ehrligen kriegen, sunder seint als
herren vor sich selbst, die mit pfeffischer freiheit vnnd pracht das kirchen guth, das
sie ihnen mit entziehen vnnd vorterben6 vieler pfarren zu pracht, vorschwenden, so
die hispanischen Ritterorden ehelig seint vnnd in diensten der oberkheit verharren.
I 339v I
Nit aber alleine durch mittel dieser orden haben andere potentaten als konnig in Hi-
spania7, Franckreich8 vnnd Engellandt9 das kirchen guth zu iren diensten beide10
der regierung vnnd kriegen getzogen, sunder lengst gebrauchen sie hiertzu fast alle
furnheme prelaturen, Bischoffthumben, Epteien, Prioraten vnnd was nur etwas rei-
che gefelle11 hat, dann sie entweders iren dienern vnnd derselbigen zugewandten
soliche prelaturn leihen oder machen ihnen aber soliche prelaten zu dienen, geben
denen auch der prelaturn so viel, das durch diese Bischoffe vnnd prelaten der hoff-
pracht zum großen erhalten wurdt; die Stifft vnnd collegien wissen nichts mher von
der ordentlichen whal, die fursten geben vnnd ordens alles ires gefallens, Alleine, das
sie soliche leute, die sie mit den kirchen fellen begaben vnnd so reich machen, nit zu
ritterlichen diensten, sunder alleine zur regirung, wens zum besten gereth, den me-
ren teil aber alleine zum pracht vnnd allerlei vppigkheit gebrauchen. Vber das, so
diese potentaten zu iren kreigen12, die schon offt nit nothwendig seint, oder auch zu
andern sachen gelts bedorffen, leggen sie allen I J40r I genanten geistlichen auff, itzt
den zehenden, itzt den funfften, vnnd noch hoher gemessigten teil ires iarlichen ein-
kommens zugeben. Andere inuentiren13 der Closter vnnd Stifften einkommen vnnd
leggen ihnen so viel auff, gen hoffe14 zugeben vnnd zu vnderhalten, das deren prela-
ten solichen fursten die gantze administracion eher vbergeben, dann sie die vffge-
lechten beschwerden ertragen.
1. fürwahr, wahrlich.
2. Der Johanniterorden (Orden vom Hospital des hl. Johannes zu Jerusalem) entstand 1099 und
erhielt 1154 die päpstliche Anerkennung als geistlicher Ritterorden.
3. Der Deutsche Orden (Ordo fratrum hospitalis sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimita-
norum) wurde 1198/99 gegründet.
4. vermeinten, vermemtlichen.
5. sc. weder; zur Form vgl. Grimrn 27 (= XIII), Sp.2834.
6. sc. Verderben.
7. Vgl. oben S. 163,4-7.
8. Bereits Karl Martell, geb. um 688/689, gest. 741, griff auf das Kirchengut zur Finanzierung sei-
ner Kriege zurück; vgl. Nonn, Karl Martell, S.955 und Becker, Kirchengut, S.755.
9. Vgl. oben S. 155,13.
10. beide ... vnnd: sowohl... als auch.
11. Vgl. oben S. 163, Anm.4.
12. sc. Kriegen.
13. inventarisieren.
14. Zur Form »gen hofe« vgl. Grimm 5 (= IV,1,2), Sp. 3342.