Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0017
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung
Martin Bucers Ruhm bei der Nachwelt beruht in hohem Maße auf seiner entschei-
denden Vermittlerrolle im innerevangelischen Abendmahlsstreit. Die von ihm
durch mühsame und jahrelange Uberzeugungsarbeit vorbereitete, am 28. Mai 1536
unterzeichnete Konkordie zwischen oberdeutschen Reichsstädten und Wittenber-
ger Theologen, im Band 6,1 unserer Edition dokumentiert, gehört zu seinen be-
kanntesten Errungenschaften.
Die Bände 9,1 und 9,2 der Deutschen Schriften erinnern aber daran, daß der Straß-
burger Ref ormator sich ab Ende der 15 3 oer J ahre einem viel komplizierteren Konf likt
als dem Zwist um das Abendmahl widmete: Von 1538 bis 1545 verfolgte er nichts ge-
ringeres als die Wiederherstellung der Einheit der gesamten Kirche in Deutschland
durch eine Einigung mit dem altgläubigen Widerpart - eine Einigung, die er durchaus
in reformatorischem Sinne erreichen zu können meinte. Unter diesem Zeichen stand
seine Teilnahme an Religionsgesprächen etwa zur Jahreswende 1538/39 in Leipzig,
dann imjuniundjuli 154oinHagenau, spätervomNovember 1540 bis Januar 1541 in
Worms und schließlich vom März bis Juli 1541 in Regensburg.
Bereits vor Beginn dieser Religionsgespräche begriff der Straßburger Theologe,
daß weit mehr als nur theologische Meinungsverschiedenheiten einer Einigung zwi-
schen Altgläubigen und Evangelischen im Wege standen. Eine ungleich handfestere,
ausgesprochen diesseitige und politisch hochbrisante Frage, deren Auswirkungen
sowohl auf Reichsebene als auch in der entlegensten Pfarrei zu spüren waren, ver-
hinderte eine dauerhafte Einigung: die Frage der Kirchengüter. Wie hatten die evan-
gelisch gewordenen Territorien und Reichsstädte mit dem sich auf ihrem Gebiet be-
findenden Kirchenvermögen umzugehen? Hatten sie das Recht, auf die enorme
Breite von Eigentums- und Nutzungsrechten sowie auf die unzähligen Abgaben
und Gebühren, aus denen sich das Kirchengut zusammensetzte, zuzugreifen, und
wenn ja, wie sollte sich dieser Zugriff gestalten?
Zwar waren sich die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes im großen und gan-
zen darin einig, daß die von ihnen im Zuge der Einführung der Reformation be-
schlagnahmten Kirchengüter und Einkünfte nur für die Besoldung der Prediger, die
Gründung und Unterhaltung von Schulen und die Sicherstellung der Armenfür-
sorge eingesetzt werden sollten, tatsächlich waren aber die einzelnen evangelischen
Stände bei der Übernahme und Verwendung des Kirchenvermögens in ihrem jewei-
ligen Herrschaftsbereich sehr unterschiedlich vorgegangen. Von kaiserlicher und
altgläubiger Seite war der Vorwurf zu hören, die evangelischen Obrigkeiten wollten
das beschlagnahmte Kirchengut nur zur Tilgung der eigenen Schulden verwenden
oder sich gar daran schamlos bereichern. Und es blieb nicht bei diesen Vorwürfen:
Vor allem nach dem Augsburger Reichsabschied vom 19. November 1530, der das
Wormser Edikt ohne Abstriche bestätigte, sahen sich die evangelischen Stände mit
einer Flut von Prozessen konfrontiert, die das altgläubig besetzte Reichskammerge-
richt gegen sie betrieb. Dieses betrachtete nämlich den Einzug von Kirchen- und
Klostergut in den evangelisch gewordenen Gebieten als Bruch der Reichsfrieden-
ordnung und unternahm entsprechende rechtliche Schritte.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften