480
9. VON KIRCHENGUTERN
Chrysostomus
super Mattheum.
Homel. 86.6
Sec[retari]: Lieber, bringt in1 her vnd lesen vns zur letze2 dis gesprachs
das Ethicon in der 86. homeli.
Pr[opst]: Gern.
Edel[mann]: Wie müß der Dialogus schreiber so ein ertzbüb sein vnd seines
vatterlands Judas. Er ist freylich vom gesind der Rysen3, Gaden knechten4
vnnd Schornstein leuten.
Secr[etari]: Jr mochtens errahten haben. Wolan, die Deutsche nation müß
auch jre Satanas vnd Diabolos haben.
Pro[pst]: Da ist das ort5; sol ichs lesen?
Edel[mann]: Ja, lieber Herre.
Pro[pst]: »Deshalben so sollen wir büß würcken, almüsen one befleckung
des geitzes vnd nicht sparlich, sonder vberflüssig7 geben. Bedencken8, das
die Juden gewohnlich acht tauset armer Leuiten ernoret vnd vber das vil wit-
frawen vnd weisen, vnd dennoch steur vnd gewerff9 gegeben, auch kriegsbe-
schwerden getragen haben, Aber jetzund hat die Kirch in besitzüng ligende
güter, heuser, lehenschafften, wegen, pferd, maulthier vnd das vmb ewertwil-
len vnd von ewers onmilten gemüts wegen, Dann jr solten disen schatz der
Kirchen inhaben, vnd die Kirch solte nicht kleine frucht aus vnser andacht
empfahen. Aber jetzunden würt zwifach gefehlet, dann jr, als ob jr nichs
schuldig weren, geben nichs, vnd die Gottes Priester verwalten ding, die mit
dem Priesterthumb nit stimmen. Hette nicht die Kirch zur Apostelzeit baw-
feld vnd heuser besitzen mogen? Warumb aber haben sie soliche verkauffet
vnd das erloset gelt vbergeben? Darumb, das es warlich vil besser gewesen ist.
Diser zeit aber, I kia I die weil jr zeitlicher10 ding sorgen halb der massen wü-
ten, hat vnsere vatter dise forcht bestanden, das die menge der armen witfra-
wen, weysen vnd jungfrawen hungers stürbe vnder des, das jr allein einsamlen
vnd nichs ausseien11 wollen. Das hat sie bewegt vnd getrungen, solichen vor-
raht zü wegen zü bringen. Sie haben sich ongern in solich onformige hendel
eingelassen, Dann sie haben vil mehr soliche frucht von vnser andacht zü er-
langen begeret, vff das sie allein dem gebet fleissig obligen mochten. Jetzund
aber haben jr sie getrungen, das sie sorg vnnd zeitlicher ding verwaltigung12
eben haben, wie andere, so weltliche geschefft treiben. Daher ists, das alle
ding in einander gebrocket vnd verwüstet sind. Die weil wir aber mit gleicher
s
10
20
1. ihn.
2. zum Abschied.
3. Vgl. Gen 6,4.
4. Ladendiener.
5. Textstelle m einer Schrift; Grimm 13 (= VII), Sp. 1359.
6. Johannes Chrysostomus, Homilia 86 m Matthaeum [ad 26,67]; PG 58, Sp. 761—764.
7. überreichlich.
8. Imperativ Plural.
9. Abgabe.
10. irdischer, materieller.
11. aussäen.
12. Verwaltung; zur Form vgl. Grimm 25 (= XII,1), Sp.2104.
9. VON KIRCHENGUTERN
Chrysostomus
super Mattheum.
Homel. 86.6
Sec[retari]: Lieber, bringt in1 her vnd lesen vns zur letze2 dis gesprachs
das Ethicon in der 86. homeli.
Pr[opst]: Gern.
Edel[mann]: Wie müß der Dialogus schreiber so ein ertzbüb sein vnd seines
vatterlands Judas. Er ist freylich vom gesind der Rysen3, Gaden knechten4
vnnd Schornstein leuten.
Secr[etari]: Jr mochtens errahten haben. Wolan, die Deutsche nation müß
auch jre Satanas vnd Diabolos haben.
Pro[pst]: Da ist das ort5; sol ichs lesen?
Edel[mann]: Ja, lieber Herre.
Pro[pst]: »Deshalben so sollen wir büß würcken, almüsen one befleckung
des geitzes vnd nicht sparlich, sonder vberflüssig7 geben. Bedencken8, das
die Juden gewohnlich acht tauset armer Leuiten ernoret vnd vber das vil wit-
frawen vnd weisen, vnd dennoch steur vnd gewerff9 gegeben, auch kriegsbe-
schwerden getragen haben, Aber jetzund hat die Kirch in besitzüng ligende
güter, heuser, lehenschafften, wegen, pferd, maulthier vnd das vmb ewertwil-
len vnd von ewers onmilten gemüts wegen, Dann jr solten disen schatz der
Kirchen inhaben, vnd die Kirch solte nicht kleine frucht aus vnser andacht
empfahen. Aber jetzunden würt zwifach gefehlet, dann jr, als ob jr nichs
schuldig weren, geben nichs, vnd die Gottes Priester verwalten ding, die mit
dem Priesterthumb nit stimmen. Hette nicht die Kirch zur Apostelzeit baw-
feld vnd heuser besitzen mogen? Warumb aber haben sie soliche verkauffet
vnd das erloset gelt vbergeben? Darumb, das es warlich vil besser gewesen ist.
Diser zeit aber, I kia I die weil jr zeitlicher10 ding sorgen halb der massen wü-
ten, hat vnsere vatter dise forcht bestanden, das die menge der armen witfra-
wen, weysen vnd jungfrawen hungers stürbe vnder des, das jr allein einsamlen
vnd nichs ausseien11 wollen. Das hat sie bewegt vnd getrungen, solichen vor-
raht zü wegen zü bringen. Sie haben sich ongern in solich onformige hendel
eingelassen, Dann sie haben vil mehr soliche frucht von vnser andacht zü er-
langen begeret, vff das sie allein dem gebet fleissig obligen mochten. Jetzund
aber haben jr sie getrungen, das sie sorg vnnd zeitlicher ding verwaltigung12
eben haben, wie andere, so weltliche geschefft treiben. Daher ists, das alle
ding in einander gebrocket vnd verwüstet sind. Die weil wir aber mit gleicher
s
10
20
1. ihn.
2. zum Abschied.
3. Vgl. Gen 6,4.
4. Ladendiener.
5. Textstelle m einer Schrift; Grimm 13 (= VII), Sp. 1359.
6. Johannes Chrysostomus, Homilia 86 m Matthaeum [ad 26,67]; PG 58, Sp. 761—764.
7. überreichlich.
8. Imperativ Plural.
9. Abgabe.
10. irdischer, materieller.
11. aussäen.
12. Verwaltung; zur Form vgl. Grimm 25 (= XII,1), Sp.2104.