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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0024
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20

I. GUTACHTEN ZUR REKUSATION DES TRIENTER KONZILS

mender Dringlichkeit ihre Bitte um deren Zusendung.1 Der Straßburger Rat sei-
nerseits versprach zwar wiederholt die baldige Zustellung der gewünschten Schrift-
stücke,2 doch erst am 30. Mai wurden letztlich die Gutachten nach Worms gesandt:
Es handelte sich dabei um die Urteile der Straßburger Juristen Paul Olinger, Ludwig
Bebion, Ludwig Gremp und Heinrich Kopp, eine daraus erstellte Zusammenfas-
sung sowie das hier edierte Bedenken der Straßburger Theologen.3 Letzteres geht
wohl maßgeblich auf Bucer zurück, worauf etwa der Umstand hinweist, daß sich
für viele der darin enthaltenen Außerungen fast wörtliche Parallelen in seinen
Druckschriften aus dieser Zeit finden.4 Aus Hessen waren bereits am 4. bzw. 13. Mai
Gutachten des Juristen Johann Walther einerseits sowie des Landgrafen Philipp
andererseits bei den protestantischen Delegierten in Worms eingegangen.5 Diese
Gutachten waren jedoch Anfang Juni noch die einzigen, die den Gesandten vorla-
gen.6 Die protestantische Stellungnahme gegen das Konzil wurde in der Folgezeit
auch zurückgedrängt durch die Wormser Verhandlungen über ein neuerliches Reli-
gionsgespräch.

2. Inhalt7
Für Bucer liegt der Hauptgrund für eine Rekusation des Trienter Konzils in der fal-
schen Lehre der Altgläubigen (fol. 63^). Da dieses Argument dem Kaiser gegenüber
kaum überzeugend vertreten werden könne, da der Papst und die Seinen diese Lehre
als die wahrhaft christliche darstellen, nennt Bucer vier weitere Gründe für eine
Konzilsrekusation (fol. 63^—68v): 1. Der Lebenswandel und die kirchlichen Prakti-
ken des Papstes und seiner Anhänger widersprechen den Vorgaben der Heiligen
Schrift und der Kirchenväter. Würden die Evangelischen diesen Leuten also die Be-
schlußgewalt bei der Reform der Kirche überlassen, so übten sie Verrat an der göttli-
chen Majestät und der christlichen Gemeinde (fol. 63^—65'). 2. Es widerspräche al-
lem, was recht und billig ist, wenn die Evangelischen die Frage ihres ewigen Heils
oder Verderbens in die Hände ihrer erbittertsten Feinde legten (fol. 66r). 3. Es ist
auch »wider alle Recht«, das Konzil in einer Stadt wie Trient abzuhalten, die nicht
als deutsche Stadt gelten kann und wo die Evangelischen als Minderheit in Lebens-

1. So am 20. März 1545 (PC 3, Nr. 541, S. 570), am 25. März (PC 3, Nr. 542, S. 570), am 10. April
(PC 3, Nr. 548, S. 577k), am 22. April (PC 3, Nr. 556, S. 584), am 29. April (PC 3, Nr. 559, S. 586k),
am 9. Mai (PC 3, Nr. 562, S. 589k) sowie am 25. Mai (PC 3, Nr. 569, S. 597).
2. So in den Briefen vom 27. März (PC 3, Nr. 543, S. 572) sowie vom 10. Mai (PC 3, Nr. 563,
S.590).
3. Vgl. PC 3, Nr. 571, S. 600 mit Anm. 8 f.
4. Besonders nafic steht der Text der »an die Keis. vnd Kon. Maiestaten sampt Churfürsten, Für-
sten vnd Stende des F[. Reichs Teütscher Nation, jetzund zü Wurms versamlet« gerichteten Flug-
schrift Bucers >Ein christliche Erinnerung< (BDS 13, S. 227-336).
5. Vgl. Vogel, Religionsgespräch, S. 135-137 mit Anm. 54 und 59.
6. Vgl. Vogel, Rehgionsgespräch, S. 148.
7. Zum Inhalt der Schnft vgl. auch Vogel, Rehgionsgespräch, S. 138 mit Anm.62—68; Jedin II,
S-175 k
 
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