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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0280
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276 5- gutachten zum vorschlag eines religionsgesprächs
position,1 in welcher Verhandlungen über die Religion für den Reichstag nicht
vorgesehen waren, wich der Kaiser nicht, sicherte jedoch zu, für den ordnungsge-
mäßen Verlauf des Konzils Sorge zu tragen. Den Einwand der Protestanten, der
Papst werde das Konzil in seine Richtung lenken, verurteilten die kaiserlichen Ver-
treter als voreilig. Die evangelischen Delegierten sahen jedoch keinen Spielraum, das
Konzil und damit die päpstliche Autorität anzuerkennen. Am i3.Juni 1545 schei-
terten somit die Verhandlungen.2
Angesichts dieser schwierigen Lage bat der Schmalkaldische Bundesausschuß be-
reits am 11. Juni den Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz, einen Neffen Karls V.,3
um dessen Vermittlung. Er schien ein geeigneter Vermittler zu sein, denn einerseits
hegte er eine wohlbekannte Neigung zum Protestantismus und andererseits ver-
band ihn Verwandtschaft mit dem Kaiser.4 Obgleich Friedrich sich bereits im Vor-
feld des Reichstags gegen eine solche Vermittlerrolle ausgesprochen hatte, erklärte
er sich am 14. Juni bereit, diese Aufgabe zu übernehmen, und übergab am 24. Juni
dem Kaiser ein Gutachten seiner Räte als Empfehlung für eine friedliche Lösung
des religiösen Konflikts auf dem Reichstag.5 Darin wurde ein parallel zum Konzil
stattfindendes Nationalkonzil, eine Nationalversammlung oder aber ein neuerliches
Kolloquium zwischen protestantischen und kaiserlichen Vertretern vorgeschlagen.
Etwaige Ergebnisse dieser nationalen Verhandlungen sollten dem Konzil vorgelegt
werden, ohne daß jedoch deren Gültigkeit im Reich an die Billigung durch das Kon-
zil gebunden wäre.6 Im kaiserlichen Lager stießen diese Vorschläge zwar auf Wi-
derspruch, doch angesichts der Ablehnung des Konzils durch die konfessionsver-
wandten Stände und wegen zunehmender Schwierigkeiten bei der Realisierung
seines Kriegsvorhabens erklärte sich der Kaiser am 26./27. Juni 1545 immerhin zur
Ausrichtung eines neuerlichen Kolloquiums bereit.7 Den Papst, mit welchem er
bereits Ende Juni/Anfang Juli hinsichtlich eines Bündnisses für einen Protestanten-
krieg überein gekommen war,8 bat er nun um Aufschub für ein kriegerisches Vor-
gehen, bezeichnete das Religionsgespräch als Mittel zum Zeitgewinn und stellte ihm
im Gegenzug den Zeitpunkt für die Eröffnung des Konzils anheim. Lediglich die

1. S. dazu oben S. 18.
2. Zu diesen Aspekten vgl. Luttenberger, Glaubenseinheit, S. 320b; Vogel, Religionsgespräch,
S. 146, 150.
3. Fnedrich II. von der Pfalz (1482—15 56), seit 1544 Kurfürst, neben Granvelle Präsident des er-
sten Regensburger Rehgionsgesprächs 1541. Zwischen 1544 und 1546/47 verfolgte er Maßnahmen,
um die Reformation in der Pfalz einzuführen. Vgl. ADB 7, S. 603-606; NDB 5, S. 528-530; Ort-
mann, Reformation und Einheit der Kirche, S. 236.
4. Vgl. Vogel, Rehgionsgespräch, S. 152; Lnttenberger, Glaubensemheit, S.298 —300, 323.
5. Vgl. Vogel, Religionsgespräch, S. 152h Zu den Verhandlungen zwischen den evangelischen
Delegierten und dem Kaiser unter Vermittlung des pfälzischen Kurfürsten Fnednch II. vgl. Vogel,
ebd., S. 152-176; DRTA.JR 16,2, S. 1299-1341; Luttenberger, Glaubenseinheit, S.323-332; Kan-
nengiesser, Reichstag, S. 53 f., 63 — 87.
6. Vgl. Vogel, Rehgionsgespräch, S. 153.
7. Vgl. Vogel, Rehgionsgespräch, S. 155.
8. Das Bündms wurde am 26. Jum 1546 geschlossen; vgl.Jedin II, S. 178; s. auch unten S. 541.
 
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